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1. Sam 24,1-20 | Ijob 38, 1.8-11 | 2 Kor 5, 14-17 | Mk 4, 35-41 |
Das Verhalten Davids Saul gegenüber (1. Samuel 24, 1-20) ist beispielhaft für den Gewaltverzicht, der zur positiven Veränderung von Menschen führen kann. Das führt zu einem Frieden, der nachhaltig ist. Das Evangelium von der Sturmstillung (Markus 4, 35-41) zeigt den Weg, wie wir im Vertrauen auf den «Abba» zu Gelassenheit und Autorität finden, die nötig sind, um der Klimakatastrophe furchtlos zu begegnen.
Zur evangelischen Perikope 1. Samuel 24,1-20:
David verschont Saul in der Wüste von En-Gedi
Saul und David standen sich als Feinde gegenüber. Nachdem Saul von Gott verworfen worden war, verlor er mehr und mehr seine Macht, während David, der als neuer König gesalbt worden war, aufstieg. An seinem Verhalten werden die Qualitäten eines gerechten Königs sichtbar.
In der evangelischen Perikopenordnung steht diese Geschichte als Beispiel aus dem Alten Testament für die Lehre Jesu in Lukas 6,36-42 (aus der Feldrede): Seid barmherzig! Richtet nicht! Arbeitet an euch selbst, bevor ihr die anderen verbessern wollt! In 1. Samuel 24,1-20 verzichtet David darauf, Saul, der ihn verfolgt, zu töten. Als Saul dies hört und begreift, muss er weinen. Er bereut seinen Hass auf David und wünscht ihm Gutes. Dies passt sehr gut zur Lehre Jesu.
Allerdings verschont David seinen Gegner, weil dieser trotz allem der Gesalbte Gottes ist. Für die heutige Predigt stellt sich die Frage, ob die Ehrfurcht vor dem Gesalbten Gottes auf die Ehrfurcht vor der Würde jedes Menschen übertragen werden kann. Das kann man biblisch gut begründen mit Genesis 1,27: Der Mensch, als Mann und Frau, ist als Bild Gottes geschaffen. So gesehen ist 1. Samuel 24,1-20 ein eindrückliches Beispiel dafür, wie der freiwillige Gewaltverzicht im anderen etwas freisetzen kann, das seinen Hass überwindet, wie es Mahatma Gandhi gelehrt hat, und zur Versöhnung führen kann.
Diese Geschichte ist zweitens ein Beleg dafür, dass man Gott die Rache überlassen soll, wie es auch Paulus in Römer 12,17-21 mit Bezug auf alttestamentliche Stellen schreibt. Während dem Zweiten Weltkrieg, am 12. Februar 1942, rief die First Lady Eleanor Roosevelt den amerikanischen Soldaten dies in Erinnerung (Siehe: My Day, The Best of Eleanor Roosevelt’s Acclaimed Newspaper Columns 1936-1962, Eleanor Roosevelt, S. 67). Dieser Respekt hat dazu beigetragen, dass nach der Befreiung Deutschlands ein recht gutes Verhältnis zwischen Besatzern und Besetzten aufgebaut werden konnte. Leider werden aber die Religionen immer wieder dazu benützt, die Rache an den Feinden zu legitimieren, was zu einer Brutalisierung der Kriege führt. Dagegen spricht die Geschichte von En-Gedi: Obwohl Gott Saul verworfen hat, bleibt er für David unantastbar.
Der freiwillige Gewaltverzicht, die Ehrfurcht vor der Würde jedes Menschen und dass man Gott die Rache überlässt, sind wichtige Elemente, wie wir einen Frieden schaffen können, der auf Versöhnung aufbaut und daher nachhaltig ist.
Zur katholischen Leseordnung: Sturmstillung
Ijob 38,1.-11; 2. Korintherbrief 5,14-17; Markus 4,35-41
Das Evangelium aus der katholischen Leseordnung zeigt Jesus als den, dem Wind und Wellen gehorchen (Markus 4,41). Gläubige Herzen erkennen in ihm Gottes Sohn, denn Ijob 38,8-11 bezeugt, dass nur Gott dem Meer befehlen kann: «Hier müssen deine stolzen Wogen sich legen!» (Ijob 38,11). Motivgeschichtlich erweist sich Gott bzw. Gottes Sohn als der, der das Chaos überwindet und eine lebensdienliche Ordnung schafft.
Angesichts der extremen Wetterereignisse, die durch die Klimaerwärmung häufiger werden, kann man sich fragen: Kann Gott die Naturgewalten eindämmen? Das kann man in naiver Gläubigkeit hoffen. Ich schlage aber eine andere Auslegung vor.
Was war das Geheimnis Jesu, dass er mitten im Sturm hinten im Schiff schlafen konnte? Es war sein unerschütterliches Vertrauen in den Abba, den himmlischen Vater, den er in jeder Lebenslage anrief. Aus diesem Vertrauen heraus entfaltete er grosse Autorität. Er konnte Ruhe herstellen, sei es in einer aufgebrachten Menschenmenge, sei es in den Herzen der Menschen. Seine Jünger lehrte er: «Wenn ihr Glauben habt wie ein Senfkorn, werdet ihr zu diesem Berg sagen: Bewege dich von hier nach dort, und er wird sich wegbewegen» (Matthäus 17,20). Der Glaube Jesu ist das Vertrauen in den «Abba».
Wenn wir heute die Herausforderungen, vor die uns die Klimakatastrophe in verschiedener Hinsicht stellt, meistern wollen, so brauchen wir nicht nur gute Wissenschaft und eine neue Moral, sondern auch das tiefe Vertrauen in den «Abba». Das gibt uns die Gelassenheit, um das Chaos im Innern zu stillen, und die Autorität, die nötig ist, um aufgewühlte Menschenmengen dazu zu bringen, konstruktiv zusammenzuarbeiten. Wenn wir das Chaos in und unter den Menschen zur Ruhe bringen können, werden auch wir der Klimakatastrophe furchtlos begegnen können.
Arnold Steiner, Wildberg (Zürich)