8.12.24 – 2. Advent

ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
Jes 35, 3-10 Bar 5, 1-9 Phil 1, 4-6.8-11 Lk 3, 1-6

EKD – Text Jesaja 35,1-10

Kurze Texteinordnung:

Der Name des Propheten Jesaja ist Programm: Jeschajahu = „Gott hat Rettung/Heil gebracht“, was sich in dem Buch Jesaja wie in einem Drama über 7 Akte zieht. Seit Jahren sieht man in der Bibelwissenschaft die frühere Dreiteilung des Buches, die jedes Teil einem anderen Autor (Protojesaja, Deuterojesaja, Tritojesaja) zuordnet, als fragwürdig an. Vielmehr wird von einem Verfasserkollektiv ausgegangen, in welchem Schriftkundige die einzelnen Kapitel sorgfältig komponiert haben.

Der für diesen Adventssonntag ausgewählte Textausschnitt gehört zum 3.Akt, der die Kapitel 28 – 35 umfasst, und den Fokus auf den göttlichen König und die Zionsgemeinde legt.

Hier beschreibt Jesaja eine Vision von einer Wüste, die sich in eine blühende Landschaft verwandelt, durchtränkt von frischem Wasser, lebensspendend für Mensch und Tier, frei von jeglicher Bedrohung und Gefahr.

Impuls: The Green Belt Movement

Diese Initiative zeigt, wie mächtig Visionen sein können, und dabei wortwörtlich Wüsten in blühende, grüne Landschaften verwandeln.

„Wenn wir Bäume pflanzen, setzen wir Samen des Friedens und der Hoffnung.“ Diese Worte stammen von Professor Dr. Wangari Maathai, der 1977 die Initiative „The Green Belt Movement (GBM)“ in Kenya ins Leben gerufen hat. Der National Council of Women of Kenya (NCWK) hatte zuvor immer wieder auf die sich verschlechternden Lebensbedingungen auf dem Land aufmerksam gemacht. Die Böden trockneten aus, Flüsse versiegten, die Wege, um Feuerholz zum Kochen zu finden, wurden immer länger und die Not wuchs. Die GBM ermutigte die Frauen, Setzlinge zu ziehen, die den Boden binden, Regenwasser zurückhalten und wieder Nahrung und Feuerholz liefern, so dass sie auf diese Weise sogar eine eigene Einnahmequelle generieren können. Die Initiative wuchs und gleichzeitig ermutigte sie Menschen, sich aktiv für den Schutz ihrer Umwelt einzusetzen, für eine dauerhafte Nachhaltigkeit einzutreten.

Aus diesen kleinen Samen erwuchs die große Idee einer Great Green Wall (GGW), einer großen grünen Mauer, die den afrikanischen Kontinent über eine Länge von 8000 km und einer Breite von 15 km entlang der Sahara- und Sahelzone wie einen grünen Korridor durchzieht. Bis 2030 hoffen alle beteiligten Staaten eine Fläche von 100 Mio. Hektar Wald aufgeforstet zu haben, wodurch nicht nur die Wüstenbildung bekämpft wird, sondern auch die Auswirkungen des Klimawandels abgemildert werden können. Dazu braucht es viel diplomatisches Geschick und Tausende von Menschen, die über die Ländergrenzen hinweg an dieser gemeinsamen Vision arbeiten und mit ihrer Hoffnung andere motivieren, sei es tatkräftig oder finanziell zu unterstützen.

Siehe auch: Afrikas Grüne Mauer im Sahel – Wikipedia

Folgende Bilder stammen aus Afrika/2022 – Bildrechte Karin Müller-Bauer:

Katholische Leseordnung Lesejahr C

1. Lesung: Baruch 5,1-9

Kurze Texteinordnung:

Das Buch Baruch (hebr.: gesegnet) ist nur auf Griechisch überliefert und gehört zu den von Martin Luther bezeichneten Apokryphen, im katholischen Bibelkanon wird es als deuterokanonisch bezeichnet.

Baruch stellt eine Art Brückenbau zwischen Ost, der babylonischen Diaspora, und West, dem Mutterland, der Jerusalemer Gemeinde, dar. Dabei kommt der Weisheit Gottes die Rolle der Wegweiserin zu, die in der Tora zu den Menschen in Ost und West spricht. Die Zuversicht auf Rückkehr nach der Zerstörung und die Verheißung auf neues Leben findet in den duftenden Bäumen (Vers 8) seinen Ausdruck. Zeit ist vergangen, denn aus den Bäumen wurden Wälder und sie sind so groß, dass sie Schatten spenden können und wohlriechenden Duft verströmen.

Im Kapitel 4 wird Jerusalem mit einer trauernden Witwe verglichen, die um den Verlust Ihrer Kinder im Exil trauert. Gleichzeitig taucht auch der Titel Mutter Jerusalem auf, deren Mutterrolle selbst die in Babylonien lebenden Judäer*innen umfasst. Vgl. 4,16, worin steht, dass die Kinder der Frau Jerusalem „Söhne und Töchter“ sind.

Kapitel 5, die hier ausgewählte Textstelle, kündet vom nahen Ende der Trauer und Witwenschaft, da Gottes Zusage sich erfüllt, alle heimzuführen.

Impuls:

Mit der Verbindung beider Kapitel, die ich hier empfehle, möchte ich eine aktuelle Parallele zu der Situation in Israel und Gaza ziehen, die seit dem 07.10.2023 durch den brutalen Angriff der Hamas die Welt der Israel*innen und Palästinenser*innen aus den Angeln gehoben hat. Zu dem Bild der trauernden Mutter Jerusalem stelle ich Tausende Bilder der trauernden Mütter (Väter, Kinder, Großeltern, Freund*innen, u.v.m) in Israel und Gaza hinzu.

Seit vielen Jahren gibt es sowohl in Israel als auch in Palästina Frauen und Mütter, die sich mit großen Protestmärschen und kreativen Projekten für eine Verständigung zwischen Israel und Palästina einsetzen. Die israelische Bewegung heißt Woman wage peace (WWP) Women Wage Peace - Women Wage Peace und die palästinensische Fraueninitiative nennt sich Woman oft the sun (WOS) Women of the Sun (movement) - Wikipedia.

Noch am 04.10.2023 haben beide Gruppierungen mit Hunderten von Frauen an der Grenze zu Gaza für Frieden und Verständigung demonstriert. Bei dem Überfall wurde eine der Gründerinnen der israelischen Frauengruppe von der Hamas ermordet. Dennoch haben sich beide Fraueninitiativen noch enger zusammengeschlossen und treten wie mit einer Stimme für die Freilassung der Geiseln und das Ende der Gewalt in Gaza ein sowie für einen Frieden zwischen Israel und Palästina, an dem generell viel mehr Frauen aktiv beteiligt werden wollen.

In diesen Initiativen, die den Weg ebnen zu einem friedlichen Zusammenleben bzw. Koexistieren, wird die Weisheit Gottes spürbar. Dies wird auch auf der internationalen Ebene erkannt:

Im März 2024 wurden Dr.Yael Admi, die Vertreterin der israelischen Initiative Women wage peace, und Reem Hajajra, die Vertreterin der palästinensischem Initiative Woman of the sun in Los Angelos zu den 12 einflussreichsten Frauen der Welt ernannt. Eine Nominierung für den Internationalen Friedenspreis steht an.

Israelische Friedensaktivistin Angela Scharf: "Es gibt keine andere Lösung. Für unsere Kinder müssen wir weitermachen" | Zündfunk | Bayern 2 | Radio | BR.de

2. Lesung: Phil 1, 4-6.8-11

Kurze Texteinordnung:

In diesem Textausschnitt fehlen entscheidende Verse, wie die Anfangsverse 1 -3, die den Absender und Adressaten des Briefes benennen verbunden mit einer Segensgrußformel:

1 Paulus und Timotheus, Knechte Christi Jesu, an alle Heiligen in Christus Jesus, die in Philippi sind, mit ihren Vorstehern und Helfern.[1] 2 Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus! 3 Ich danke meinem Gott jedes Mal, sooft ich eurer gedenke

Die zweite Stelle, die ausgelassen wird, enthält den Vers 7, der einen wichtigen Hinweis gibt auf den Ort, wo sich Paulus befindet – im Gefängnis.

7 Es ist nur recht, dass ich so über euch alle denke, weil ich euch ins Herz geschlossen habe. Denn ihr alle habt Anteil an der Gnade, die mir durch meine Gefangenschaft und die Verteidigung und Bekräftigung des Evangeliums gewährt ist. 

Impuls:

Hier bietet sich eine Parallele zu einem berühmten Häftling an, der für eine große Gruppe von Menschen in Russland und vielleicht sogar in der ganzen Welt zu einem Symbol des Widerstands und des Eintretens für Gerechtigkeit und Menschlichkeit geworden ist.–

Aus dem Gefängnis heraus sendet er Worte der Ermutigung, ruft zum Widerstand auf, lässt sich nicht brechen und muss dafür mit seinem Leben bezahlen: Alexei Anatolyevich Navalny. Vielleicht wird seine Botschaft irgendwann eine ähnliche Sprengkraft entwickeln wie die christliche Botschaft der Auferstehung.

 

Evangelium: Lk 3,1-6/ evtl. ergänzt um 7 - 10

Kurze Texteinordnung:

In diesem Lukaskapitel wird das erste Auftreten von Johannes beschrieben, dem Rufer in der Wüste.

Ähnlich wie beim 1.Lesungstext würde ich die Ergänzung der Textstelle um die Verse 7 -10 empfehlen, die wichtige und wortgewaltige Sätze enthalten, die zu einer radikalen Umkehr aufrufen und mit der Frage enden: Was sollen wir also tun? Eine Frage, die gerade in der adventlichen Fastenzeit auf dem Weg zur Menschwerdung zur Begleitmusik im Alltag werden könnte.

7 Da sagte er zu den Volksscharen, die hinauszogen, um sich von ihm taufen zu lassen: Ihr Schlangenbrut, wer hat euch denn gelehrt, dass ihr dem kommenden Zorngericht entrinnen könnt? 8 Bringt Früchte hervor, die eure Umkehr zeigen, und fangt nicht an, bei euch zu sagen: Wir haben Abraham zum Vater! Denn ich sage euch: Gott kann aus diesen Steinen dem Abraham Kinder erwecken. 9 Schon ist die Axt an die Wurzel der Bäume gelegt; jeder Baum, der keine gute Frucht hervorbringt, wird umgehauen und ins Feuer geworfen. 10 Da fragten ihn die Scharen: Was sollen wir also tun?

Impuls:

Ein inspirierendes Beispiel für eine mögliche Antwort auf die Frage im Evangelium „Was sollen wir tun?“ findet sich unter folgendem Link:

SAVE THE WORLD – SAVE THE WORLD – FROM EMPATHY TO ACTION

2014 initiierten Nicola Bramkamp, Kuratorin, Dramaturgin, Schauspieldirektorin und Andrea Tietz, Kuratorin, Produzentin und Dozentin an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg das Format SAVE THE WORLD in Bonn. In enger Zusammenarbeit mit Expert*innen von Wissenschaftseinrichtungen, Forschungszentren, Nichtregierungsorganisationen und den Vereinten Nationen sowie Künstler*innen aller Genres entstehen innovative Formate zur Wissensvermittlung globaler Zukunftsthemen sowohl für ein Fachpublikum als auch für eine breite Öffentlichkeit.

Karin Müller-Bauer, Bistum Trier