15.12.24 – 3. Advent

ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
Röm 15, 4-13 Zef 3, 14-17 (14-18a) Phil 4, 4-7 Lk 3, 10-18

Vorbemerkung:

Auch wenn nicht in allen Texten der biblischen Lesungen des 3. Adventssonntages das Wort Friede auftaucht, so ist doch der Friede ein zentrales Thema der Texte. Nachhaltigkeit ist hier vor allem im Kontext sozialer Nachhaltigkeit zu verstehen, als deren Grundlage ökologische Nachhaltigkeit nicht wegzudenken ist. Frieden, soziale Gerechtigkeit und ein gutes Leben für alle, kann es in einer zerstörten Mitwelt nicht geben. Im Gegenteil: Ökologische Nachhaltigkeit und die Bewahrung der Schöpfung sind Voraussetzungen für eine globale Friedensperspektive.

Zum Duktus der biblischen Lesungen:

Im Römerbrief beschreibt Paulus, wie Frieden und Freude im Glauben geschenkt werden, indem sich Juden- und Heidenchristen gegenseitig annehmen. Zefanja als „Befreiungstheologe“ mit der Option für die Armen skizziert Gerechtigkeit als Grundlage für das zu erwartende wiedererrichtete Israel unter der Herrschaft Gottes und stimmt darauf sein Jubellied an. Im Philipperbrief beschreibt Paulus, dass die Freude in der Gegenwart des Herrn und das Gebet in jeder Lage den Frieden Gottes schenken, der alles Verstehen übersteigt. Johannes ruft zur Umkehr auf, die sich in erster Linie als eine Umkehr des Herzens erweist und seine Zuhörer ermuntert, ihre ihnen zukommenden Aufgaben gewissenhaft auszuüben, ohne ihre Macht und Stellung zu missbrauchen. Wichtige Grundlagen für Gerechtigkeit und Frieden. Damit bieten die biblischen Texte viele Anknüpfungspunkte an aktuelle Themen des globalen Friedens, der Gerechtigkeit, des sozialen Zusammenhaltes und eines umfassenden Friedens, wie es das hebräische Wort Shalom zum Ausdruck bringt.

Die Texte im Einzelnen:

Röm 15, 4-13

Einordnung der Textstelle:
Der Text aus der evangelischen Leseordnung steht am Ende des inhaltlichen Teils des Römerbriefes und rückt noch einmal das Miteinander von Juden- und Heidenchristen in den Mittelpunkt. Sie sollen sich annehmen, so wie auch Christus selbst es getan hat. (V7) Vereint im Glauben an den Gott der Hoffnung ist diesem Miteinander in der Gemeinde Freude und Frieden im Glauben verheißen.

Bezug zur Nachhaltigkeit:
Paulus beschreibt Geduld und den Trost der heiligen Schriften als Grundlage der Menschen, eines Sinnes zu sein. Damit beschwört er die Harmonie in der Gemeinde, das gute soziale Miteinander und den sozialen Zusammenhalt. Es sind diese Aspekte, die dazu führen, dass in der Gemeinde Frieden herrscht. Wir dürfen uns erinnert fühlen an das Gleichnis Jesu: „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“ (Mt 25,40), wenn Paulus schreibt: „nehmt einander an, wie auch Christus euch angenommen hat“ (V7). Wie schwer fällt es uns manchmal, Menschen mit anderen Ideen, anderen Lebensentwürfen, anderen Vorstellungen zu akzeptieren? Und doch ist jeder Mensch ein geliebtes Kind Gottes. Wenn wir uns im Anderen diese Zusage Gottes in Erinnerung rufen, mag es uns leichter fallen, auch jene Menschen anzunehmen, die so ganz anders zu sein scheinen als wir selbst. Respekt, Toleranz und die Begegnung auf Augenhöhe, tragen zum Frieden bei.

Zef 3, 14-17 (14-18a)

Einordnung der Textstelle:
Die Theologie des Zefanjabuches zeichnet sich durch eine klare Option für die Armen aus. Sie kritisiert die Missstände der Oberschicht, die Unterdrückung und Ausbeutung der Armen und Schwachen, die unter dem Schutz Gottes stehen und kündigt das Gericht über die herrschenden Klassen an. Der hier gewählte Abschnitt ist der Heilsvision entnommen, die sich am Ende des Zefanjabuches entfaltet und die Wiederherstellung des Gottesvolkes skizziert, in dem die Armen und Demütigen einen besonderen Platz haben und in dem Gottes Gerechtigkeit herrscht.

Bezug zur Nachhaltigkeit:
Gerechtigkeit ist Grundlage für den Frieden, den Zefanja in seinem Jubellied beschreibt. Die Option für die Armen ist eine urchristliche Aufgabe. Sich denen zuzuwenden, die am Rande der Gesellschaft stehen, die ausgegrenzt werden, die nicht für sich selbst sprechen können, ist ein zentraler Bestandteil des Wirkens Jesu und zielt immer auf die Wiederherstellung der Gemeinschaft mit- und untereinander. Auch in unserer Gesellschaft und im globalen Kontext ist Gerechtigkeit einer der wichtigsten Schlüssel zum Frieden.

Phil 4, 4-7

Einordnung der Textstelle:
Am Ende des Philipperbriefes verweist Paulus auf die Freude der Christen, die sich aus der Nähe zu Jesus Christus speist. In dieser Freude und Hoffnung sollen die Christen ihr Gebet an Gott richten. Aus dieser Verbundenheit mit Gott und untereinander schenkt Gott den Frieden, der alles menschliche Verstehen übersteigt. Das „Freut euch“, lateinisch „Gaudete“, mit dem diese Lesung beginnt, gab dem 3. Advent in der katholischen Tradition seinen Namen. In der Mitte des Advents und zur Hälfte der Fastenzeit blicken wir auf Weihnachten: Die Geburt Jesu Christi, „des Friedefürsten“. (Vergleiche dazu Jesaja 9,5)

Bezug zur Nachhaltigkeit:
Das Gebet um Frieden in der Welt erhält in der Kirche in Deutschland immer wieder neue Impulse in Zeiten von aufbrechenden Krisen. Zuletzt war es spürbar mit dem Beginn des Krieges im Gazastreifen und davor mit dem Beginn des Ukrainekrieges. An zahllosen Orten organisierten die Kirchen deshalb Friedensgebete. Zwar ist das Gebet um Frieden in den Kirchen immer präsent, zumal der Friede in der Welt immer zerbrechlich ist und es eigentlich immer irgendwo kriegerische Auseinandersetzungen gibt. Aber je länger diese andauern und je weiter sie von uns weg stattfinden, umso mehr verlieren wir in der Routine des Alltags wieder das Interesse an diesen Auseinandersetzungen. Nimmt die mediale Berichterstattung ab, nimmt auch das Interesse der breiten Öffentlichkeit ab. Und dann gibt es noch jene, die der Meinung sind, das Gebet um den Frieden würde nichts bringen. Dagegen steht das Wort des Paulus „bringt in jeder Lage betend und flehend eure Bitten mit Dank vor Gott!“. Interessant ist dabei der Blick auf Vers 4: „Freut euch im Herrn zu jeder Zeit“. Sich des Herrn zu jeder Zeit zu freuen, setzt voraus, dass man in einer Grundhaltung der permanenten Gegenwart Gottes lebt. In dieser stetigen Verbindung zu Gott zu beten als Bitte und gleichzeitigem Dank, setzt das tiefe Vertrauen voraus, dass mein Gebet auch etwas bewirkt. Vielleicht allerdings nicht immer so, wie man es sich erhofft hätte, denn Gott ist nicht der große, allmächtige Wünscheerfüller, zu dem ihn auch manch überfrommer Christ gerne degradiert.

Lk 3, 10-18

Einordnung der Textstelle:
Johannes der Täufer ruft die Menschen zur Umkehr auf. Auf die Frage der rechten Umkehr hin verweist Johannes darauf, dass die Menschen Ihren Alltag bewältigen an dem Ort und an der Stelle, an der sie in der Gesellschaft stehen, und sie sollen es in einem guten Sinne tun, ihre Macht und Position also nicht missbrauchen. Johannes verurteilt niemanden aufgrund seines Berufes oder Standes. Die Menschen spüren die Vollmacht, mit der Johannes redet, aber den Verdacht, er könne selbst der Messias sein, weist er von sich und verweist auf den, der nach ihm kommt und statt mit Wasser mit dem heiligen Geist tauft.

Bezug zur Nachhaltigkeit:
Johannes ruft zur Umkehr auf. Auf die Frage hin, was das konkret heißt, gibt er eine interessante Antwort. Umkehr in seinem Sinne ist keine radikale Umkehr und Abkehr von allem, was unser Leben und unseren Alltag prägt. Es ist auch keine Revolutionierung der bestehenden Ordnung. Soldaten und Zöllner nennt er als Beispiel und verurteilt sie nicht pauschal, sondern ermahnt sie, ihre Aufgaben mit Sorgfalt zu erfüllen und niemandem Unrecht zu tun. Ihre ihnen verliehene Macht nicht zu missbrauchen. Einmal mehr geht es ihm um die Umkehr des Herzens. Jeder erfülle die Aufgabe, die ihm an dem Ort zugeteilt ist, an dem er in der Gesellschaft steht. Dies freilich mit einem hohen moralischen Anspruch und bemüht um das Wohlergehen des Anderen.

Die aktuelle globale Situation offenbart viele systemische Schwächen und Herausforderungen. Ein grundsätzlicher Wandel der Gesellschaft ist notwendig. Die öko-soziale Transformation ist eine notwendige Voraussetzung für den Wandel hin zu globaler Gerechtigkeit und einem umfassenden globalen Frieden. Dies ist eine gewaltige Aufgabe für einzelne Gesellschaften, die globale Gemeinschaft aber auch jeden Einzelnen. Vielleicht ist ein grundlegender Schritt zur Veränderung genau diese Umkehr des Johannes: Jeder erfülle seine Aufgaben, zu der er in die Welt gestellt ist, ohne seine Macht oder Stellung zu missbrauchen und mit Blick auf das Wohl der Menschen, die ihm begegnen. Ein Blick auf die eigene Rolle und Stellung in der Kirchengemeinde, in der politischen Gemeinde, in der Arbeitswelt, im privaten Leben kann in der Predigt individuelle Anknüpfungspunkte ermöglichen.

Ein wichtiger Schritt hin zum Frieden und zu einem guten Leben für alle.

Steffen Glombitza, Bistum Speyer