24.12.24 – Christvesper / Christnacht bzw. Hl. Abend / Hl. Nacht

ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
Chr.-Vesper: Jes 9, 1-6
Chr.-Nacht: 1 Tim 3, 16
Hl. Abend: Jes 62, 1-5
Hl. Nacht: Jes 9, 1-6
Abend: Apg 13, 16-17.22-25
Nacht: Tit 2, 11-14
Abend: Mt 1, 1-25
Nacht: Lk 2, 1-14

Zum Tag

Heiligabend ist für die meisten Menschen ein besonderer Tag: Die Familie kommt – vielleicht bei einer der seltenen Gelegenheiten – zusammen. Der Gottesdienstbesuch vor oder nach der Bescherung gehört bei vielen zum ritualisierten Ablauf des Tages dazu. In der Kirche gibt es weihnachtliche Musik, Klassiker zum Mitsingen und im Familiengottesdienst meistens ein Krippenspiel. Viele kommen nach langer Zeit, vielleicht sogar nach einem Jahr, mal wieder in die Kirche. So gesehen ist Heiligabend ein guter Tag, um über Themen zu sprechen, die einem am Herzen liegen, wie Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung – behutsam, um die Feiernden in den Gottesdiensten nicht vor den Kopf zu stoßen.


Zu den Bibelstellen

Lk 2,1-14

Die Weihnachtsgeschichte aus dem Lukasevangelium ist ein echter Klassiker und aus den Heiligabendgottesdiensten kaum wegzudenken. Schon am Anfang des Evangeliums zeigt sich die heilsgeschichtliche Ausrichtung bei Lukas. Es bettet die Jesusgeschichte in die allgemeine Weltgeschichte ein: „Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde.“ Die Geschichte des Heils ist also auch die Geschichte der Welt. Das heißt, dass das Reich Gottes nicht eine fremde, himmlische oder transzendente Größe ist, sondern, dass es sich auch auf der Erde, innerhalb der normalen Weltgeschichte realisieren kann. Die Welt, in der wir Menschen leben, trägt deshalb einen wahnsinnigen Wert in sich. Sie ist der Ort, an dem sich das Heil offenbart. Deshalb ist es wichtig, sie zu erhalten, damit das auch weiterhin möglich ist.

Apg 13,16-17.22-25

Der Abschnitt aus der Apostelgeschichte stellt Jesus in die Tradition der Richter und Könige. Auch darin zeigt sich die heilsgeschichtliche Ausrichtung des lukanischen Doppelwerks.

Mt 1,1-25

Die Genealogie am Beginn des Matthäusevangeliums, die bis Abraham zurückreicht, verankert Jesus in der Welt. Er ist Teil einer Geschichte, die weit in die Vergangenheit reicht und auf dieser Welt stattgefunden hat. Er ist Teil einer Familie, die eine lange Geschichte mit der Welt hat. Und er ist als Mensch Teil der Welt, in der auch wir leben. Jesus ist auf dem gleichen Boden gegangen wie wir, hat die gleiche Luft geatmet, die gleiche Sonne auf seiner Haut gespürt. Der hier aufgemachte Stammbaum verwurzelt Jesus auf der Erde, auf der auch wir Menschen leben. Wie sollten wir uns da nicht für ihren Erhalt einsetzen?

Jes 9,1-6

In den Versen aus dem Jesajabuch wir die lebensfördernde Seite Gottes herausgestellt: „Du weckst lauten Jubel, du machst groß die Freude. Vor dir freut man sich, wie man sich freut in der Ernte, wie man fröhlich ist, wenn man Beute austeilt.“ Gott wird hier gleichgesetzt mit Beute und Ernte, die Menschen versorgt und glücklich macht. Alles, was Leben fördert, wird bejubelt und gefördert. Alles, was mit Tod und Zerstörung zu tun hat – alles Lebensfeindliche – wird hingegen verdammt: „Denn jeder Stiefel, der mit Gedröhn dahergeht, und jeder Mantel, durch Blut geschleift, wird verbrannt und vom Feuer verzehrt.

Jes 62,1-5

In diesen Versen wird die Verbindung zwischen dem Land und einem Menschen, der auf dem Land lebt, gefeiert. Land und Mensch gehen eine innige Beziehung ein und bilden eine Einheit: „Man soll dich nicht mehr nennen »Verlassene« und dein Land nicht mehr »Einsame«, sondern du sollst heißen »Meine Lust« und dein Land »Liebe Frau«; denn der HERR hat Lust an dir, und dein Land hat einen lieben Mann.“ Diese Einheit scheint uns heute verloren gegangen zu sein. Wir Menschen zerstören das Land, auf dem wir leben. Wir zerstören unsere Beziehung. Man könnte weiter gedacht fragen: Gehört zu dieser Beziehung nicht auch Gott dazu, als der, der den Menschen und das Land geschaffen hat? Und zerstören wir, wenn wir so handeln, dann nicht auch unsere Gottesbeziehung?

Tit 2,11-14

Die Verse aus dem Titusbrief rufen dazu auf, „besonnen, gerecht und fromm in dieser Welt [zu] leben“. Als Christ:innen tendieren wir dazu, den Blick auf das Zukünftige zu richten. Dabei ist es mindestens genauso wichtig, wie wir in dieser Welt leben – im Hier und Jetzt.

Florian Grieb, Ev. Kirche der Pfalz