19.o1.25 – 2. Sonntag nach Epiphanias / 2. Sonntag im Jahreskreis

ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
Röm 12, 9-16 Jes 62, 1-5 1 Kor 12, 4-11 Joh 2, 1-11

Röm 12,9-16

Am 19. Januar ist es fast noch Zeit für gute Vorhaben für´s neue Jahr – oder auch der Versuch, sie nicht zu schnell aufzugeben. Dafür passt dieser Predigttext wunderbar.

Die paränetische Sammlung oder dieser ethische Katalog geht eigentlich bis Vers 21 und endet mit dem bekannten Satz „Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.“ Dieser Satz bindet die Verse gut zusammen, bevor es mit Kap 13 die Frage nach der Obrigkeit gestellt wird. Von daher ist zu überlegen, ob man den Predigttext nicht bis hierhin verlängert.

Kleine Zwischenbemerkung zur Liebe in V. 10: Luther und Einheit übersetzen „brüderliche Liebe“. Im Griechischen steht dort Philadelphia, was sich gut mit geschwisterlicher Liebe übersetzen lässt.

Die einzelnen Anweisungen stehen einzeln für sich, eher wie ein Brainstorming zum Thema: Was ist wichtig im Umgang untereinander in der Gemeinde und mit anderen Menschen?  Und die Überschrift zu all dem ist in V. 9a die Liebe.

Klar ist, dass Paulus die Gemeinden anstiften möchte, sich besonders gut und vorbildlich zu verhalten.

So wäre eine Möglichkeit in der Predigt diesem Gedanken zu folgen:  Wie ist es mit dem Einsatz von uns Gemeinden für die Schöpfung, für Frieden und Gerechtigkeit, dafür das das Leben auf der Erde weiterhin möglich ist? Mir scheint, dass viele Kirchen lange Zeit zeigen wollten, dass zu ihnen Menschen gehören, die nicht besser oder mehr wert sind, als andere auch. Und oft wird von uns herangetragen, dass wir als Christen und Christinnen besser sein sollen als durchschnittlich. Was wäre, wenn wir in unseren Gemeinden zeigen, dass wir mehr können? Was wäre, wenn wir als Gemeinden zeigen, dass Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung machbar sind? „Seid nicht träge, in dem was ihr tun soll.“

Eine andere Möglichkeit wäre, sich für die Predigt einzelne Verse herauszunehmen und zu erzählen, wo dies gelingt. Hier ein paar Anregungen dafür:

V10: Die geschwisterliche Liebe: In der freundlichen Atmosphäre im Gottesdienst, durch die Art, wie ich am Eingang der Kirche begrüßt werden

V13: Übt Gastfreundschaft: mit der Aufnahme von ukrainischen Geflüchteten, im Kirchenasyl

V15: Weint mit den Weinenden: Weint mit den Müttern im Süd Sudan, mit den jungen Frauen in Afghanistan und dem Iran. Weint mit den Jugendlichen, die in Sao Paulo Müll sammeln. Weint mit den Rentnern in Kuba – und erzählt ihre Geschichten

V17 und 18: Vergeltet nicht Böses mit Bösem: Ein Beispiel: Was könnte diesen grausamen Krieg, mit dem Putins Russland die Ukraine überzieht, stoppen? Eine Predigt ist nicht der Ort für Handlungsanweisungen, aber für friedensethische Fragen und die Hoffnungen auf Frieden, die wir haben.

 

Jes 62, 1-5

Ich schreibe diese Zeilen, während die Sorgen vor einer Eskalation im Nahen Osten groß sind und täglichen wachsen. Raketen, Angriffe, Gegenangriffe, Tote, Verletzte, Sorgen um die israelischen Gefangenen lassen wenig Raum für Hoffnung. Mitten drin Jerusalem, diese wunderschöne Stadt, Herzstück der drei abrahamitischen Religionen.

Der biblische Text setzt ein mit der Zusage Gottes, nicht zu schweigen, bis die Gerechtigkeit und die Rettung seiner Stadt hell aufleuchten. Was für ein Gegensatz! Was für eine Verheißung!

Jesaja 62 gehört zum sog. Trito-Jesaja-Buch, also dem 3. Teil des großen Propheten, dem Trost und Hoffnungsbuch nach der Zerstörung des Tempels in Jerusalem. Beide Situationen: die damals, wobei man nicht mehr rekonstruieren kann, wann genau diese Verse geschrieben bzw. Teil des Jesaja-Buches wurden, und die heute sind natürlich nicht gleich zu setzen.

„Ich werde nicht schweigen.“ Wer spricht hier, der Prophet oder Gott selbst? Dafür, dass die anhaltende Not von Stadt und Volk nicht aus dem Blick geraten, steht Gott persönlich ein. Er ist es, der hier seine Stimme erhebt (U. Berges, Jesaja 55-60, HThK AT, S. 427). Mit ihm ist die Hoffnung auf Gerechtigkeit und Rettung verbunden.

Heil und Gerechtigkeit gehören zusammen, wenn sie nicht nur für einen Moment sein sollen. Wenn wir eine nachhaltige Entwicklung wollen, dann wird das nicht ohne Gerechtigkeit gehen. Heil oder Rettung (das hebräische Wort kann mit beiden Begriffen übersetzt werden) ohne Gerechtigkeit gehen nicht. Dazu gehört die gerechte Verteilung der Ressourcen auf der Erde.

Ein Beispiel dafür: Am 1. August 2024 war der sogenannte Erdüberlastungstag. Deutschland hatte allerdings bereits am 2. Mai alle erneuerbaren Ressourcen, die rechnerisch in der Zeit nachwachsen können, aufgebraucht. (Quelle: Earth Overshoot Day - Welthungerhilfe, abgerufen am 02.08.2024)

Ein zweites Beispiel: Der Rohstoffabbau ist global nicht gerecht und fördert damit nicht nur Rohstoffe, die bei uns genutzt werden, sondern auch soziale Spannungen bis hin zu Kriegen. Mehr dazu lässt sich u.a. hier finden: AK Rohstoffe (abgerufen am 02.08.2024)

Eine andere Spur in diesem Jesaja-Text sind die Namen, die Jerusalem bekommt. Diese Namen stehen für den Neuanfang. Die Verheißung wird Wirklichkeit. „Meine Lust“ und „Liebe Frau“ klingen fremd als Namen für Stadt und Land. Welche Namen würden wir uns für die Stadt, den Ort, an dem wir wohnen, wünschen? Für was sollten unsere Orte bekannt sein?

Barbara Neubert, Ev. Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz