Fest der Heiligen Familie [III/A]
ev. Predigttext | kath. 1. Lesung | kath. 2. Lesung | kath. Evangelium |
Sir 3, 2-6.12-14 (3-7.14-17a) | Kol 3, 12-21 | Mt 2, 13-15.19-23 |
Fest der Heiligen Familie
Soweit die Lesungen des Tages nicht direkt das Schicksal der Familie Jesu in den Blick nehmen (Evangelium), behandeln sie alle das Zusammenleben in der Familie, speziell zwischen den Generationen. Es geht um Generationengerechtigkeit in biblischer Zeit.
Wenn wir heute von Nachhaltigkeit sprechen, so stellt auch dabei ein gerechter Ausgleich zwischen den Generationen einen wichtigen Aspekt von Nachhaltigkeit dar: “enkeltauglich“ sollen der Lebensstil und die Wirtschaftsweise der Zukunft sein!
Die Zielrichtung solchen generationengerechten Handelns ist allerdings gegenüber den biblischen Zeiten genau umgekehrt: Insbesondere in Sirach 3 geht es darum, dass die Eltern von ihren Kindern gerecht behandelt werden sollen, wenn sie aufgrund ihres Alters nicht mehr selber für sich sorgen können. Interessant ist, dass dabei in Vers 13 offenbar eine Situation angesprochen ist, die wir heute als „beginnende Demenz“ bezeichnen würden. Angemessener Umgang mit der Elterngeneration ist also gewissermaßen das Thema von Sir. 3.
Der Nachhaltigkeitsdiskurs heute freilich zeigt, dass wir als Elterngenerationen einen Lebensstil entwickelt haben, der unserem Planeten mehr abverlangt, als er an Ressourcen hergeben kann. Das heißt: wir leben auf Kosten zukünftiger Generationen! Die Auslegung - insbesondere von Sir. 3, aber auch von Kol. 3 - kann die Frage nach dem angemessenen Miteinander der Generationen, die in beiden Texten angesprochen wird, aufgreifen. Sie kann dann deutlich machen, dass Generationengerechtigkeit heute anders als zu biblischen Zeiten uns vor allem vor die Herausforderung stellt, den nachfolgenden Generationen genügend Ressourcen und Lebenschancen zu lassen.
Letzterer Aspekt kommt übrigens auch in Kol. 3,21 zum Ausdruck, wenn hier die Väter aufgefordert werden, ihre Kinder nicht so einzuschüchtern, dass sie mutlos werden - ein Lichtblick in dieser sonst fürchterlich patriarchalen Lesung!
Das Evangelium von der Flucht der Heiligen Familie nach Ägypten lässt sich in die angesprochene Perspektive der Nachhaltigkeit einordnen, wenn hier herausgestellt wird, welche Herausforderungen Eltern auf sich nehmen, um Lebens- und Zukunftschancen für ihr Kind offen zu halten.
Dr. Wolfgang Schürger, München