1. Sonntag nach Epiphanias / Taufe des Herrn (08.01.17)

1. Sonntag nach Epiphanias / Taufe des Herrn [III/A]

ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
Mt 4, 12-17 Jes 42, 5a.1-4.6-7 Apg 10, 34-38 Mt 3, 13-17

Der Erste Sonntag nach Epiphanias hat im Zentrum die Taufe Jesu. Weitere Themen sind Buße und Umkehr, also genau die Inhalte, die Johannes der TĂ€ufer mit seinen Taufen im Jordan verband und wozu er in seinen Predigten aufrief. Buße und Umkehr sind unpopulĂ€r gewordene Themen. Buße wird heute oft gleichgesetzt mit Strafe. BĂŒĂŸen muss, wer ertappt wurde, z.B. beim zu schnellen Autofahren. Dabei ist die Einsicht in eigenes Fehlverhalten und dessen Korrektur der einzige Weg hin zu einer nachhaltigen VerhaltensĂ€nderung.

NĂ€her eingegangen werden soll im Folgenden auf den vorgeschlagenen Predigttext der EKD aus Mt 4, und die beiden katholischen Lesungen aus Jes. 42 und Apg 10. Nicht nĂ€her eingegangen wird auf den Evangelientext der katholischen Leseordnung aus Mt 3 – die Taufe Jesu – da dieser Text nur wenige Nachhaltigskeitsaspekte aufweist.

Mt 4 / 12 – 17    Zwischen PrĂ€destination und Eigenverantwortung

Die Gefangennahme des Johannes wird bei MatthĂ€us gleichsam zum Startschuss des öffentlichen Wirkens Jesu. Er ĂŒbernimmt sozusagen das Staffelholz von Johannes und setzt dessen Werk und Predigt fort.

Der Evangelist ordnet das ganze Geschehen in einen grĂ¶ĂŸeren Zusammenhang, den schon die Propheten ankĂŒndigten. Nichts geschieht zufĂ€llig. Hinter allem steht die ordnende und lenkende Hand Gottes.

Dies fĂŒhrt aber offenbar gerade nicht zu einer Haltung des laissez faire, die alles als gleichgĂŒltig abtut, weil ja sowieso alles von Gott prĂ€destiniert ist. Auch wenn MatthĂ€us immer wieder betont, dass alles so kam, weil es so kommen musste, ist der Mensch doch zu Buße und Umkehr aufgerufen. Der Mensch handelt eben nicht automatisch immer im Sinne Gottes, nur weil alles so kommt, wie von Gott vorher geplant.

Der Text eignet sich, das SpannungsverhĂ€ltnis zwischen PrĂ€destination und Eigenverantwortung nĂ€her zu beleuchten. Das Eine kann hier nicht zu Gunsten des Anderen aufgelöst werden. Beides ist nicht gegeneinander ausspielbar. Jeder Mensch ist und bleibt fĂŒr sein Handeln und dessen Folgen selbst verantwortlich, selbst dann, wenn man im Glauben rĂŒckblickend zu dem Schluss gelangen mag, dass alles genau so kam, wie es kommen musste.

Jes 42 / 5a.1-4.6-7    SchĂŒtzen statt schaden

„Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen.“

Ein glimmender Docht entzĂŒndet sich meist nicht mehr von alleine – neues Wachs ist nötig und frischer Sauerstoff. Ein geknicktes Schilfrohr wird nie mehr die Festigkeit zurĂŒck erhalten, die es hatte, bevor es geknickt wurde. Es braucht eine StĂŒtze an die es sich anlehnen kann, um wieder Halt zu finden.

Es gibt SchicksalsschlĂ€ge, die sind nicht so einfach zu „reparieren“. Verletzungen hinterlassen Narben, Verluste hinterlassen LĂŒcken. Menschen können durch das, was sie erleben so gebrochen werden, dass das Licht ihres Lebens nur noch einem glimmenden Docht gleicht.
Das Gottesknechtlied stellt uns die Frage, wie gehen wir mit dem Gebrochenen und dem nur noch Glimmenden um? Halten wir das unperfekte, beschĂ€digte, kranke oder behinderte Leben dennoch fĂŒr wertvoll und schĂŒtzenswert oder lohnt es sich in unseren Augen nicht mehr, in derart vom Leben gezeichnete Menschen zu investieren?

Aber auch ökologisch ist so manches „Rohr“ geknickt, so manches Ökosystem hĂ€ngt nur noch am seidenen Faden, Tierarten scheinen nicht mehr zu retten zu sein, LebensrĂ€ume werden dem Konsum und der Jagd nach neuen Rohstoffresourcen geopfert. Aber auch ökonomisch gleichen viele Regionen der Welt „glimmenden Dochten“. Da fehlt es Menschen an Nahrung, Bildung und an Lebensgrundlagen, um hell aufzuleuchten und unter dem Konkurrenzdruck der WeltmĂ€rkte wird billigend in Kauf genommen, dass mancherorts in den Betrieben die Lichter ausgehen und mit ihnen die Zukunftsperspektiven der dort lebenden Menschen.

Wie gehen wir damit um? Der Text aus Jesaja verweist auf das Recht, dass der Gottesknecht aufrichten wird. Recht als Weg zur Gerechtigkeit. Aber ist das Recht bei uns wirklich noch auf der Seite der Schwachen oder haben wir nicht lĂ€ngst das Recht zu einer Spielball der Juristen gemacht, der mit der Herstellung von Gerechtigkeit nur noch wenig zu tun hat, sondern eher darauf abzielt, geknickte Rohre endgĂŒltig zu zerbrechen und die glimmenden Dochte auszublasen?

Apg 10 / 34 – 38    Keine Privilegien im Angesicht Gottes

Der Gerechtigkeitsaspekt dieses Textes springt einem so offensichtlich ins Auge, dass er kaum zu ĂŒbersehen ist: Gott urteilt ohne Ansehen der Person.

Die Gleichheit aller Menschen ist bei uns als Grundrecht im Grundgesetz verankert. Die Menschenrechte sollten diese Gleichheit weltweit schĂŒtzen. Die RealitĂ€t sieht anders aus. Noch immer spielen Hautfarbe, NationalitĂ€t, Geschlecht, Herkunft, sozialer Stand, Bildung und Vermögen eine viel zu große Rolle bei der Beurteilung von Menschen. Nicht zuletzt die PISA Studie attestiert uns in Deutschland immer wieder, wie stark die Aufstiegschancen von der Herkunftsfamilie abhĂ€ngen.

Und innerhalb der Kirche? Der Predigttext lĂ€dt dazu ein, die eigenen MaßstĂ€be zu reflektieren, nach denen wir uns selbst und unsere Mitmenschen beurteilen. Worauf schauen wir, wenn wir Menschen ansehen und werden wir ihnen damit tatsĂ€chlich gerecht?

Dirk Reschke, Ev. Kirche der Pfalz