Laetare / 4. Fastensonntag [III/A]
| ev. Predigttext | kath. 1. Lesung | kath. 2. Lesung | kath. Evangelium |
| Joh 6, 55-65 | 1 Sam 16, 1b.6-7.10-13b | Eph 5, 8-14 | Joh 9, 1-41 |
Predigttexte Laetare 26.3.2017 
1.Sam 16,1-13
Gottes Auge sieht anders als der Mensch
âFĂŒrwahr, da steht vor dem Herrn sein Gesalbterâ (V6) â so dachte Samuel als er Isaisâs Sohn vor sich sah. Aber âGott muss ihm förmlich in den Arm fallen und ihm klar machen, dass fĂŒr seine Wahl andere Kriterien gelten als die gesellschaftliche Normenâ. 1
Ein Sohn nach dem andern tritt vor Samuel, aber: âDer Herr hat keinen von ihnen erwĂ€hlt.â Da war noch der JĂŒngste, den aber keiner in Betracht gezogen hatte. Der hĂŒtete wie das damals kleine Jungen zu tun pflegten die Schafe. Samuel weigerte sich an der vorbereiteten Tafel Platz zu nehmen bis dieser unscheinbare jĂŒngste Sohn herbei geholt worden war. Kaum ist er da, vernimmt Samuel den Auftrag Gottes: âAuf, salbe ihn, denn er istâs.â (V12)
Sein statt Schein
Welch ein Kontrast bietet die Geschichte des jungen David zur heutigen Zeit, in der Design, Marken und Mode eine derartige Rolle spielen, dass sich Kinder fast schon minderwertig vorkommen wenn sie nicht entsprechende Klamotten tragen. Ohne all solche ĂuĂerlichkeiten wurde David direkt von der Weide kommend in der Kleidung eines einfachen Schafhirten gesalbt und damit zum König bestimmt.
âGerade im Widerspiel zu dem gut aussehenden, groĂ gewachsenen und kraftvoll-starken Eliab ist dies keine Huldigung an das gĂ€ngige mĂ€nnlich-muskulöse Schönheitsideal.â 2
Hier ist an die ganze Bandbreite zwischen Sein und Schein zu denken, an Schönheitswettbewerbe und Schönheitsoperationen, die immer mehr Zuspruch finden.
Einfluss, Image, Trend und Macht sind keine Orientierungsmarken fĂŒr Gott
âDer Geist des Herrn geriet ĂŒber David von dem Tag an.â (V13) Eine geistlich sehr erfahrene Frau, die gemeinsam mit ihrem Mann eine groĂe christliche Gemeinschaft leitete, Ă€uĂerte: Gott hat meist die Menschen zu uns geschickt und mit einer Aufgabe betraut, an die wir selber am wenigsten dachten.
Wir tun gut daran wach und hellhörig dafĂŒr zu sein, welche Menschen Gott mit besonderen Aufgaben versehen will. âWorauf es Gott bei der Wahl eines Menschen in eine FĂŒhrungsfunktion ankommt, ist nicht die Ă€uĂere Erscheinung des Betreffenden, sondern die Beschaffenheit seines Herzens (in Zeiten der TelegenitĂ€t ein noch viel mehr zu beherzigender Grundsatz).â 3
Manchmal kann es sogar nötig sein alles anzuhalten, so wie Samuel sich weigerte an der Festtafel Platz zu nehmen â bis die Angelegenheit geklĂ€rt war. Das kann â wie im Fall Davids - durchaus zu erstaunlichen Resultaten fĂŒhren. Denn âder Mensch sieht das Gesicht, der Herr aber sieht das Herz.â (V7) Bei Gott gilt Sein statt Schein.
Epheserbrief 5,1-8
Lebt als Kinder des Lichts!
FĂŒr die Fasten- und Passionszeit ist das ein passender Text â um in sich zu gehen und innerlich Bilanz zu ziehen. Der Text lebt vom Gegensatz zwischen Licht und Dunkelheit: âFrĂŒher ward ihr Finsternis; jetzt seid ihr Licht im Herrnâ. (V8)
âWer âin Christusâ ... ist, der ist im Licht. Die Aufforderung appelliert an die BemĂŒhung, diesem Zustand entsprechend zu handeln, um in Ăbereinstimmung mit dem eigenen Sein zu leben.â 4 Darum ergeht die Aufforderung: âPrĂŒft, was dem Herrn gefĂ€lltâ. Wie ein Baum FrĂŒchte hervorbringt, so erwĂ€chst aus dem Licht âGĂŒte, Gerechtigkeit und Wahrheitâ.
Gerade die klassischen BuĂzeiten, die Fasten- und Passionszeit wie auch die Adventzeit bieten reichlich Gelegenheit intelligente Alternativen zum sog. Mainstream zu entwickeln.
Aktion Lichtbringer â Licht schenken statt verschwenden
Wir haben als Kirchengemeinde die âAktion Lichtbringer â Licht schenken statt verschwendenâ entwickelt. Es geht um Solarlampen, die als Leihlampen in Haushalten ohne Stromanschluss eingesetzt werden. Damit werden Familien in die Lage versetzt Geld anzusparen - das sonst fĂŒr Petroleum, Batterien und das Aufladen von Handys ausgegeben wird - um selber eine Solarlampe kaufen zu können. DafĂŒr sind schon mehrere hundert Leihlampen im Einsatz. Solarlampen ermöglichen abends noch fĂŒr die Schule lernen und fĂŒr den Lebensunterhalt sorgen zu können.
Zugleich ist das Solarlicht auch ein Zeichen fĂŒr das Licht, das uns allen in Christus leuchtet. Zudem trĂ€gt es auch zur Gerechtigkeit in der Welt bei, die in Vers 9 als eine âFrucht des Lichtsâ bezeichnet wird. Wahrheit ist eine weitere Frucht des Lichts und meint im biblischen Sinne, dass auf etwas Verlass ist. Vor allem die schwachen Glieder Christi sollen sich auf uns verlassen dĂŒrfen, nicht im Dunklen sitzen zu mĂŒssen.
Die Aktion Lichtbringer ist ein Beispiel wie Menschen und Gemeinden ihrer Berufung nachkommen können als Kinder des Lichts zu leben (Eph 5,8) - indem sie verbesserte Möglichkeiten fĂŒr Gesundheit, Bildung und auch der ökonomischen Entwicklung eröffnen und sich als Geber zugleich einĂŒben in eine Verantwortung fĂŒr das Allgemeinwohl in der Welt. Die Verbreitung von Solarlicht ist zugleich ein Beitrag fĂŒr den Umweltschutz. NĂ€here Informationen siehe http://www.geistreich.de/experience_reports/2143?c=1 Und auch http://www.ev-kirche-steeden.de/?p=3767
Johannes 9, 1-41
Vor der Wahrheit die Augen zu verschlieĂen,
das fĂŒhrt zu geistiger Blindheit, ja ins Unheil. Wer die Zeichen der Zeit ignoriert - sei es die Blindenheilung durch Jesus, sei es Artensterben und ErderwĂ€rmung â der ist auf einem gefĂ€hrlichen Weg. Denn damit vollzieht sich âGericht in dieser Welt.â (V39)
Es fĂ€llt auf mit welcher Penetranz die Heilung des Blinden in Frage gestellt wird. âDie Wunderskepsis dieser Szenen ⊠mutet fast schon modern an.â 5 Nachbarn erklĂ€ren es handle sich um eine Verwechslung: der Geheilte sehe dem Blinden nur Ă€hnlich (V9). Die PharisĂ€er bezweifeln die Heilung. Sie befragen seine Eltern. Die aber bestĂ€tigen, dass ihr Sohn blind geboren wurde nun aber sieht (V 20f). Aus Angst vor Sanktionen wollen sie dazu nicht mehr sagen. âDenn die Juden hatten sich schon geeinigt: wenn jemand ihn als den Christus bekenne, der solle aus der Synagoge ausgestoĂen werden.â (V22)
Die PharisĂ€er stellen ein Ultimatum und wollen den Geheilten auf ihre Linie zwingen: âGib Gott die Ehre! Wir wissen, dass dieser Mensch ein SĂŒnder ist.â (V24) Da sich der Geheilte aber ihrer Sicht nicht unterordnet, stoĂen sie ihn aus der Synagoge und damit aus der Lebensgemeinschaft und Gesellschaft aus.
Die ErzÀhlung ist ein Paradebeispiel wie Menschen in ihrer Sicht der Welt gefangen bleiben.
1. Indem sie Jesus, der AnstoĂ zur VerĂ€nderung bringt, diskreditieren: âDieser Mensch ist nicht von Gott, weil er den Sabbat nicht hĂ€lt.â (V16)
2. Die Tatsachen werden infrage gestellt: der Mann war gar nicht blind, V 18.
3. Vor Abschluss der Untersuchungen steht schon ein Geheimplan mit dem Ziel fest ihn aus der Synagoge auszustoĂen.
4. Mit Spott und Beschimpfungen (âDu ⊠ganz in SĂŒnden geboren âŠ. lehrst uns?â) wird sein Ausschluss vollzogen (V 34).
Das erinnert an Situationen, in denen Menschen heute Repressalien ausgesetzt sind, weil sie sich z.B. fĂŒr den Erhalt der natĂŒrlichen Lebensgrundlagen einsetzen.
Dazu ein aktuelles Beispiel, das fĂŒr vieles heute stehen kann:
Autoindustrie: taktieren, tricksen, tÀuschen
Die Deutsche Umwelthilfe deckte auf, dass viele Diesel-Pkw weit ĂŒberhöhte Grenzwerte ausstoĂen. In einem Schreiben der Deutschen Umwelthilfe vom 10.5.2016 heiĂt es: âVier Monate leugnete die Autoindustrie das Vorhandensein von Abschalteinrichtungen in ihren Fahrzeugen. Erst als die DUH erdrĂŒckende Belege ⊠vorlegte, gaben Mercedes und ⊠viele weitere Hersteller zu, die NOx-Abgasreinigung âŠ. zum Teil komplett einzustellen.â âDabei wurde die DUH von drei deutschen Herstellern massiv bedroht.â
Man fĂŒhlt sich an das Verhalten der PharisĂ€er erinnert: âDie Automobilindustrie und die Politik tun alles in ihrer Macht stehende, um unsere AufklĂ€rungs-AktivitĂ€ten zu verhindern: Wir werden bei den Messungen behindertâŠ. PrĂŒfstandsdaten fĂŒr in Deutschland zugelassene Fahrzeuge wurden uns verweigert. âŠ. Besonders absurd: Minister Dobrindt hat angeordnet, dass seine Beamten keinen Kontakt zur DUH halten dĂŒrfen. ⊠Gleichzeitig treffen sich ⊠die Beamten ⊠fast tĂ€glich mit den Autobauern.â Damals stieĂ man den Geheilten aus der Gesellschaft aus, heute verweigert man Einsicht in die Aktenlage und sucht zudem der Ăffentlichkeit Sand in die Augen zu streuen.
Die PharisĂ€er weigerten sich das ĂŒberkommene Gesetz des Moses neu zu bewerten, hielten am Althergebrachten eisern fest. Als Parallele sehe ich dazu die Weigerung angesichts der Grenzen unseres Planeten Wirtschaft neu zu denken. Vor allem Profitgier macht dafĂŒr blind.
Wer aber die Zeichen der Zeit ignoriert und systematisch ausblendet, dem droht ein vergleichbares Schicksal wie den PharisÀern: mit Blindheit geschlagen und daran zugrunde zu gehen.
Der Geheilte glaubt an den Menschensohn, der in Jesus vor ihm steht, er wird zu einem âSohn des Lichtsâ (12,36). Nachdem er Ă€uĂerlich sehend geworden war, wird er nun zu einem Sehenden im Glauben.
âGlaube ist eine Art Sehschule,
um ⊠die Kunst der genauen Wahrnehmung zu lernen.â 6 Als Christ heute dem âLicht der Weltâ (V5) nachzufolgen, beinhaltet auch sehen zu lernen, was wir durch unsere Lebensweise anderen an Schaden zufĂŒgen. Das ist sicherlich nicht immer ein angenehmer Prozess, vor allem nicht fĂŒr jene, die auf der soge. Sonnenseite des Lebens leben. Aber Menschen, die sich an Jesus als dem âLicht der Weltâ (V5) orientieren, sind herausgefordert als Kinder des Lichts zu leben, d.h. eine Lebensweise zu entwickeln, die fĂŒr die Menschheit als Ganzes zukunftsfĂ€hig ist.
Pioniere des Wandels
Auf dem 6. Klimaempfang des hessischen Umweltministeriums sprach Frau Dr. Paulin, GeneralsekretĂ€rin des âWissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale UmweltverĂ€nderungenâ. Sie sagte, es komme darauf an Pioniere des Wandels zu sein â umzusteuern bevor die Klimakatastrophe dramatische AusmaĂe annimmt. Möge uns der Glaube die dazu nötige Weitsicht und Kraft geben indem wir uns auf Jesus als Licht der Welt ausrichten und unsere Augen aufgetan werden â damit die Welt nicht durch wirtschaftliche Interessen zugrunde gerichtet wird. Das könnte in der Predigt anhand von aktuellen Beispielen durchbuchstabiert werden.
Johannes 6,55-65
Sich verzehren - ohne burnout Syndrom
âWer mein Fleisch und Blut verzehrt, der verbĂŒndet sich mit mir in meinen TodâŠ. Das hat KonsequenzenâŠ. Wer mich verzehrt, wird sich mit mir verzehrenâ. So deutet K.B. Bieretz Vers 56. 7 Das lĂ€sst sich auf den Einsatz fĂŒr Frieden und Gerechtigkeit im Sinne es vom Ăkumenischen Rates der Kirchen aufgerufenen Pilgerweg beziehen. Es kann von Menschen gesprochen werden, die in ihrem Einsatz fĂŒr Frieden und Gerechtigkeit vom Brot des Lebens zehren â statt ErfĂŒllung und Leben in ausuferndem Konsum zu suchen.
Gerade die Fasten- und Passionszeit bietet Gelegenheit zu fragen wovon wir eigentlich leben. Aus Jesu Kraft zehren um sich im Einsatz fĂŒr den Erhalt der Schöpfung zu verzehren: das kann in kleinen Schritten beginnen, sei es in der Fastenzeit die ErnĂ€hrung umzustellen, eine andere Art der MobilitĂ€t zu praktizieren etc...
Sich fĂŒr eine gute Sache zu verzehren â ohne mit einem burnout Syndrom zu enden â das gelingt wenn wir von Jesu Kraft zehren: Denn âwer diese Brot isst, der wird leben in Ewigkeit.â (V 58) Von dieser Kraftzufuhr ist zu reden.
Andreas Krone, Runkel-Steeden
Anmerkungen
1. Walter Dietrich, in: Biblischer Kommentar Altes Testament, Samuel VIII/2,3, NeunkirchenVluyn 2012, 224
2. W. Dietrich 233
3. W. Dietrich 225
4. G. Sellin, Der Brief an die Epheser, Kritisch-exegetischer Kommentar ĂŒber das Neue Testament, Göttingen 2008, 401f
5. Christian Böttrich, GPM 2013, Nr. 67, S 346
6. Christian Böttrich, S 349f
7. K. Bieretz, GPM 2011, Nr. 65, 181