o9.o6.25 – Pfingstmontag

ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
Mt 16, 13-19 Apg 19, 1b-6a
oder Joel 3, 1-5
Röm 8, 14-17 Joh 3, 16-21

Evang. Predigttext: Mt 16,13-19

Fels des Glaubens

Dieser Abschnitt geht im Matthäusevangelium der ersten Ankündigung von Leiden und Sterben Jesu voraus. Im Unterschied zur Parallele im Markusevangelium wird hier Simon eine besondere Aufgabe und Rolle zugewiesen, mit der die apostolische Tradition des Papstamtes in der katholischen Kirche u.a. begründet wird. Über all dem geht die eigentliche Erkenntnis bzw. das Bekenntnis von Simon Petrus verloren.

Petrus formuliert hier geradezu ungeheuerliche Behauptungen in einer beeindruckenden Deutlichkeit: Jesus ist der Christus, das heißt der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes. Er stellt klar, aus wem und von wem dieser Jesus kommt, von welchem Geist er erfüllt ist und dass er weit mehr als ein Prophet ist. Nachfolge lässt diese Erkenntnis in ihm wachsen, bis sie schließlich ins Wort findet. Der Gesalbte, der Messias – so bekennt er. Ein solches Bekenntnis ist Grund für die bleibende Nachfolge, Grund, den Weg Jesu mitzugehen und eben auch Grund, mit all den Gerufenen, der Ekklesia, in eine Zukunft zu gehen, Fels des Glaubens zu sein in unsicheren und durchaus gefährlichen Zeiten. Denn dieses Bekenntnis ist nicht harmlos – wie der folgende Evangelienabschnitt und wie das Leben des Petrus selbst zeigen. Es bringt Höhen und Tiefen, Nähe und Distanz, Leben und Tod, Angst und Zuversicht. Fels des Glaubens, so wurde Petrus in der frühen Gemeinde genannt. Das zeugt von Stärke, aber auch von Kanten, von Standfestigkeit und Härte, von Klarheit und Halt. An ihm kann man sich stoßen und festhalten. Er mag manchmal mitten im Weg stehen, unübersehbar, störend und gleichzeitig erinnernd an den, dem wir folgen.

Manchmal frage ich mich, wie wir heute unser Bekenntnis zu Jesus formulieren würden. Was verbinden wir mit Christus, Messias, Sohn Gottes – und welche Worte würden wir stattdessen verwenden? Und noch weiter: welche Erkenntnis liegt in unseren Worten und welche Aufgabe würde uns daraus erwachsen?

 

Kath. 1. Lesung: (Apg 19,1b-6a oder) Joel 3,1-5

Von Gottes Geist erfüllt

Petrus zitiert in seiner Rede auf dem Platz in Jerusalem (Apg 2, 14-36) diesen Abschnitt aus dem Buch Joel: Alle empfangen Gottes Geist. Männer und Frauen, Mägde und Knechte, Jung und Alt – niemand wird bevorzugt oder herausgehoben. Über allen wird Gottes Geist ausgegossen. Das hat eine Wirkung: sie werden Prophetinnen und Propheten sein. Es gilt also, sich selbst als Frauen und Männer zu verstehen, die Geistkraft in sich tragen.

Wir alle sind Geistträgerinnen und Geistträger auf unsere je eigene Weise, in und mit unserem je eigenen Leben, in unseren verschiedenen Ausdrucksformen, in unterschiedlichen Worten und je eigener Sprache. Wir künden als Prophetinnen und Propheten durch unser Leben von Gottes verändernder und bewegender Kraft. Wir sollen von unseren Träumen und Visionen reden, von Gottes wunderbarem Handeln an den Menschen. Gesandt in die Wirklichkeit dieser Welt können wir versöhnend und klärend handeln. Gottes Geist setzt unerwartete Kräfte frei, bricht Eingefahrenes auf und verändert diese Welt zum Guten.

 

Kath. 2. Lesung: Röm 8,14-17

Im Geist der Kindschaft

Von wem stamme ich ab? Welche Tradition, welche Kultur bringe ich mit? Welche Sprache spreche ich? Mit wem bin ich verbunden, verwandt?

Kind Gottes zu sein fühlt sich so leicht, so fröhlich, so unbeschwert an. Getragen, gehalten, geborgen – ohne Angst und Furcht unterwegs ins Leben. Und ja, es gibt solche Momente, Glaubens-Momente, Glaubens-Bewegungen und Glaubens-Erfahrungen, die diese Leichtigkeit in sich tragen. Von ihnen zehre ich oft über lange Wegstrecken. Sie eröffnen einen Blick in die Zukunft, machen Hoffnung, stärken und ermutigen.

Doch das ist nicht alles. Kind Gottes zu sein bedeutet auch, in den Fußstapfen einer Tradition unterwegs zu sein mit all dem Ballast und der Beschwernis einer jahrtausendalten Geschichte. Das ist nicht immer vergnüglich, nicht immer einfach zu erklären und manchmal kaum auszuhalten. Zumindest wenn man ein bisschen mehr weiß oder Ahnung hat als ein Kind. Und bei aller Freude an Veränderung und Kontextualisierung: dieser Tradition entstammen die wesentlichen Inhalte dessen, an wen und was ich glaube. Auch wenn diese Worte immer wieder neu gedeutet und ausgelegt werden, so sind sie der Rahmen, der Boden und der Maßstab meines Glaubens. In letzter Konsequenz bedeutet das, den Schmerz und das Leiden auszuhalten, wenn ich aus diesem Geist heraus lebe und handle.

Ein Kind wächst hinein, obwohl und weil es von Anfang an in dieser Tradition steht, Erbe oder Erbin ist. Die Freude und Sicherheit darüber überwiegen hoffentlich das Leiden und den Schmerz, der mir ebenso auf dem Glaubensweg begegnet. Bleibend in beidem ist die Beziehung zu Gott, unserem Vater.

 

Kath. Evangelium: Joh 3,16-21

Zwischen Hingabe und Sendung

Gottes Liebe zur Welt zeigt sich darin, dass er seinen einzigen Sohn hingibt, ihn der Welt einverleibt, um den Glauben in den Menschen zu entfachen und zu stärken. Gott selbst ist es, der in seiner Liebe zu uns diesen Glauben ermöglicht. Hingabe heißt auch: etwas oder jemanden loszulassen, aus der Hand zu geben, nicht mehr festzuhalten, sondern für den eigenen Weg freigeben. Jesus zeigt uns in seiner Botschaft und in seinem Handeln diese Hingabe. Er widmet sich ganz den Menschen, die ihm begegnen. Er findet das richtige Wort und die heilende Berührung. Er weiß, dass Gott selbst durch ihn seine Wirkkraft entfaltet. Er gibt sich Gott und den Menschen mit Leib und Seele hin. Gottes Hingabe zu den Menschen und der Welt wird durch ihn erfahrbar. Er ist gesandt in diese Welt, um sie zu retten.
Menschwerdung, Kreuz und Auferstehung sind Gottes Tat. So ist Jesu Tod Zeichen seiner Hingabe an Gott und Zeichen von Gottes Hingabe an uns Menschen bis zum Äußersten.

Hingabe und Sendung gestalten den Weg Jesu Christi, der sich im Tod ganz und gar Gott überlässt und glaubt, dass diese Beziehung mit dem Tod nicht endet.

 

Zwischen Licht und Finsternis

Wir haben die Freiheit, sich für oder gegen diesen Glauben zu entscheiden. Im Licht des Glaubens, so der Evangelist, zeigt sich, wie eine Tat zu beurteilen ist: ob sie zum Guten, ins Leben führt und dadurch der Rettung dient oder ob sie dem Bösen, der Finsternis zugeordnet werden muss. Diese Entscheidungsmöglichkeit ist mit jedem neuen Tun gegeben; sie bleibt bestehen. Das heißt: wenn wir uns gegen den Glauben entscheiden, geraten wir in die Schattenseite der göttlichen Liebe und damit weg vom Leben selbst.

Es geht also darum, dem Licht zu trauen, auch wenn es offenlegt, ob wir gut oder böse handeln. Wir können mit dem Licht des Glaubens die Finsternis und das Dunkle vertreiben und die Welt heller machen. Die Frage lautet: Welches Handeln zeugt von Gottes Liebe und ihrer Hingabe an die Menschen?

Barbara Janz-Spaeth, Diözese Rottenburg-Stuttgart