18. Sonntag nach Trinitatis / 28. Sonntag im Jahreskreis (15.10.17)

18. Sonntag nach Trinitatis / 28. Sonntag im Jahreskreis 2017 [III/A]

ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
Mk 10, 17-27 Jes 25, 6-10a Phil 4, 12-14.19-20 Mt 22, 1-14

Stellung im Kirchenjahr

Die evangelische Ordnung stellt das Gebot der Gottes- und Nächstenliebe in den Mittelpunkt. Ich frage mich: Warum eigentlich hat Martin Luther dieses Gebot in seinem Kleinen Katechismus nicht dem Dekalog beigefügt? Klarer ist da der Heidelberger Katechismus (Frage 4). Es kommt auf den Zusammenhang zwischen beiden Ebenen an: Nächstenliebe ist die Folge von recht verstandener  Liebe zu Gott. Doch die Forderungen des Gesetzes sind hoch und Jesus verschärft sie noch.  Wird der Mensch hier nicht überfordert? Ist Liebe eine Leistung? Als Korrektiv kann der Impuls aus Phil. 4,13 gelten: „Ich vermag alles durch den, der mich mächtig macht.“

Predigtimpulse

Mk. 10,17-27

Die Frage des sympathischen reichen Mannes an Jesus nach der Erlangung des ewigen Lebens, wirkt etwas aus der Zeit gefallen. Sie begegnet heute eher im Gewand der Sinnfrage: Wie kann ich so leben, dass mein Leben über das hinaus, was jetzt ist, Dauer, Tiefe und Sinn gewinnt? Ein Schlüsseltext der Nachhaltigkeit! Man will es gar nicht glauben, dass der reiche Mann die Gebote komplett gehalten hat. Liegt da nicht eine Portion Selbstüberschätzung drin? Die Verschärfung, die in der Forderung Jesu nach dem Verkauf seiner Güter liegt, wäre unbarmherzig, wenn da nicht zuvor die Bemerkung stünde: „Jesus sah ihn an und gewann ihn lieb.“ Wo dies im NT besonders betont wird, geht es um Menschen, die Jesus besonders nahe stehen, seine Jünger. Weil Jesus also diesen Mann für geeignet hält, sein Jünger zu sein, sagt er zu Ihm: „Komm und folge mir nach.“ Es klingt einfach und ist doch unendlich schwer.

Hier wird deutlich, wie Besitz das Reich Gottes hindert. Es geht nicht nur um den Ausstieg dieses Mannes. Besitz bedeutet Verantwortung. Eigentum verpflichtet. Da geht es nicht nur um Immobilien sondern auch um Menschen, Arbeitsplätze, soziale Verantwortung. Besitz, Reichtum, so wird hier deutlich, macht nicht frei, sondern führt in eine Gebundenheit an materielle Werte, letztlich ans Geld. Der reiche Mann ist traurig. Jesus stöhnt geradezu: „Wie schwer haben es die Reichen, ins Reich Gottes zu kommen.“ Die Jünger sind entsetzt. An anderer Stelle demaskiert Jesus Besitz und Geld als Gegengott, als den Mammon. Jesus weiß um die dem Geldsystem innewohnende Dynamik hin zum Egoismus, der die Menschen spaltet in Reiche und Arme. Die Parteinahme Jesu ist überdeutlich: seine Option für die Armen. Er sieht das gute Herz des Reichen und weiß ihn doch gefangen in seinem System. Wir alle sind mehr oder weniger in solcher Lage: Gehindert an der Nachfolge, durch das, was uns wie ein Klotz am Bein hängt. Wir wissen, wie die Möglichkeit, Vermögen zu sammeln, Menschen verändert. Aus sympathischen jungen Leuten werden Finanzdienstleister und Versicherungsvertreter, die nicht nur eine Dienstleistung verkaufen, sondern unmerklich die Ideologie der Selbstverwirklichung transportieren. Gott wird zum Gott des Erfolges. Das auf Gewinn ausgerichtete System ruiniert die Erde. Auch die Kirche ist nicht frei davon. Gefangen im goldenen Käfig von Kirchensteuer und Staatsleistungen erscheinen wir oft eher als Denkmalpflegeförderverein, denn als Jüngerschaft. Am Ende mildert Jesus selbst ein wenig die Unmöglichkeit für die Reichen, ins Reich Gottes zu kommen, durch den Satz: „Bei den Menschen ist´s unmöglich, aber nicht bei Gott.“

Philipper 4,12-14.19-20

Paulus war in Bedrängnis um des Evangeliums willen - in vielerlei Hinsicht, auch materiell. Er hat es gelernt, mit Wenigem auszukommen und so die Erfahrung gemacht, dass das Materielle nicht das Entscheidende ist. So ist bei ihm eine Grundsensibilität für Menschen in Not vorhanden. Er weiß aber ganz genau, dass er sein Überleben und das, was er für das Evangelium wirken kann, nicht seinem Survival-Geschick verdankt, sondern der Gnade Gottes. Auf materielle Sicherheit und Geld kommt es nicht an. Das Entscheidende ist Geschenk! Paulus spricht den in jeder Hinsicht Mut machenden  Satz: „Ich vermag alles, durch den, der mich mächtig macht – Christus.“

Wolfram Hädicke