Epiphanias / Erscheinung des Herrn
ev. Predigttext | kath. 1. Lesung | kath. 2. Lesung | kath. Evangelium |
Kol 1, 4-27 | Jes 60, 1-6 | Eph 3, 2-3a.5-6 | Mt 2, 1-12 |
Kol 1, 4-27
'Frucht bringen' und 'wachsen'. Dieses Bild wird im Kolosserbrief gleich zweimal verwendet: Zuerst (V.6) ist es das Evangelium, das Frucht bringt, und dann, kraft des Evangeliums und des Gebets soll die Gemeinde Frucht bringen und 'wachsen in der Erkenntnis Gottes' (V.10). Die Metapher der Frucht ist aus dem Leben gegriffen, sie kommt im NT dutzende Male vor. Ist dies nur ein Zeichen dafür, dass wir uns nicht nur die Schöpfung untertan gemacht haben, sondern auch die Sprache über sie?
In der Tat wollen wir Früchte und Wachstum beherrschen und dies mit gutem Grund: Es geht nicht allein um Profit und Saatgutmonopole, sondern es sollte doch für alle reichen. Dafür sind wir bereit, die Vielfalt der Arten rigoros zusammenzustauchen, sind wir bereit zu gentechnischen Manipulationen. 'Aus gutem Grund' bedrohen wir die Freiheit unserer Flora und Fauna radikal: Nur was uns nützt, darf überleben. Längst ist dies auch in der Tierhaltung das 'Evangelium'. Und beim Menschen? Und bei der frohen Botschaft? Schneiden wir auch sie auf das unmittelbar Nutzbare zurück?
Was, wenn sich die Frucht verweigern würde, wie im frostigen Frühjahr 2017?
Jes 60,1-6, Eph 3,2-3a.5-6, Mt 2,1-12
Von Kamelen und Dromedaren ist da die Rede (Jes 60,6) und von den Schätzen der Völker und der Meere, von Weihrauch und Gold. Von den Töchtern und Söhnen (V.4) – und von Sternen am Himmel (Mt 2,2.9-10). Und von Menschen, die sich mit grossem Respekt in die Pracht und die Zeichen der Schöpfung vertiefen und sie zu verstehen suchen. Auch ohne blühende Bäume und wogende Ährenfelder können wir Gottes Schöpfung in den Texten zum Fest Erscheinung des Herrn erkennen: Ein grossartiges, ein überwältigendes Universum umfängt den Menschen, der darob ganz klein wird und Platz findet in einem Stall bei Bethlehem, in einer Krippe gar.
Und Paulus oder seinen Schülern fällt es wie Schuppen von den Augen: Diese Wunderpracht Gottes ist nicht bloss als kleines Gärtchen für ein paar Auserwählte da. Nein, auserwählt und eingeladen unter das Zelt des Gütigen sind alle, und sie sind nicht nur zugelassene Gäste, nein Miterben (Eph 3,6) sind das.
Miterben? Heisst Erbschaft aber nicht auch, dass alles, was da jubelnd und huldigend zusammenströmt, sich nicht bloss laben kann, sondern auch mitträgt, mitsorgt, mitpflegt? Ach, ein wenig zurücklehnen und geniessen, das wäre doch so schön gewesen. Diese Erbschaft nimmt einem ja die Lust und die Freiheit! Nicht doch: Herodes in seinem Palast ist es, welcher der Freiheit auflauert. Er hält sich für den einzigen würdigen Erben. Alles andere, was da so ins Kraut schiesst, ist für ihn eine Bedrohung. Er will herrschen und beherrschen. Herodes ist die menschgewordene Monokultur. Wir wissen es besser: Die Natur braucht die Vielfalt, so wie auch die Gesellschaft die Vielfalt braucht.
Zeno Cavigelli, Zürich