Fronleichnam
ev. Predigttext | kath. 1. Lesung | kath. 2. Lesung | kath. Evangelium |
Ex 24, 3-8 | Hebr 9, 11-15 | Mk 14, 12-16.22-26 |
Alter und Neuer Bund
Die Lesungen des heutigen Sonntags haben ein gemeinsames Grundthema: Gott schließt einen Bund mit den Menschen. Zuerst durch Mose, der die Gesetze Gottes auf dem Berg erhält und diese dem Volk Israel überbringt. Das Volk Israel, als auserwähltes Volk, lebt noch heute aus diesem Bewusstsein des Bundes mit Gott.
Christus selbst stiftete einen neuen Bund – in seinem Fleisch und Blut. Im Hebräerbrief wird uns dies theologisch erklärt: Durch seinen freiwillig erlittenen Tod wird Christus Mittler des neuen Bundes, der eine andere Qualität aufweist als der alte. Erlösung erlangt der Mensch nicht durch das Opfern von Böcken und Stieren, die stellvertretend für ihn sterben, sondern durch die Liebestat Jesu für uns. Nicht die Frage nach reinen oder unreinen Opfertieren bestimmt den Bund, d.h. die Beziehung zu Gott, sondern der Wille nach einem reinen Gewissen.
Durch Mose offenbarte Gott seinem Volk Gesetze, die ihm helfen, frei von Schuld den Bund mit ihm zu leben. In Jesus Christus offenbarte Gott sich selbst – sein Wesen der Liebe, wodurch der Mensch frei wird, die Beziehung zu ihm zu leben. Wer Gott in dieser Liebe als lebendigen Gott seines Lebens erkennt, kann auch frei werden von dem, was ihn zu toten Werken führt.
Tote Werke und lebendiger Geist
Tote Werke – was ist das? Taten, die mir selbst oder meinem Umfeld Schaden zufügen; die buchstäblich töten oder das Leben verhindern. In einer globalisierten Welt ist dies nicht im Letzten zu überblicken. Der Mensch ist in Christus befreit zu einer reinen Gottesbeziehung, aber in Fragen des Konsums und des Umgangs mit der Schöpfung erleben wir uns oft wie gefangen von den Strukturen der Handelsbeziehungen globalisierter Konzerne. Der Wille zu einem verantwortungsvollen Umgang mit der Schöpfung, ihren Ressourcen und der Arbeitskraft ihrer Geschöpfe ist ein Schritt, um tote Werke zu vermeiden.
Der erste, universale Bund mit der Schöpfung
Ein anderer Bund darf dabei nicht übersehen werden. Noch bevor Gott einen Bund mit dem Volk Israel schloss, schenkte er allen Menschen einen Bund mit ihm und seiner Schöpfung: Nach der Sintflut zeigte er Noah im Zeichen des Regenbogens am Himmel, dass er selbst seine Schöpfung nicht noch einmal zerstören will (Gen 9, 1-17). Er vertraut die Welt seinen Geschöpfen an und stiftet einen originären Bund mit allen, die zu seiner Schöpfung gehören.
Dieser „kosmische“ Bund mit der ganzen Menschheit[1] , den die Priesterschrift beschreibt, bezieht sich nicht auf eine ausgewählte religiöse Tradition, sondern geht allen religiösen Entwicklungsformen voraus. Es ist ein Bund, von Gott gestiftet, der durch die Natur vermittelt wird. In der Schöpfung selbst wird dem Mensch, als Teil derselben, die Verbindung mit Gott deutlich. In der Achtung und der Verantwortung für die Natur, die uns in diesem ersten, universalen Bund übergeben wurde, nehmen wir teil an der göttlichen Zusage, die Schöpfung nicht zerstören zu wollen. Dieser erste Bund wird nicht durch Rechtsvorschriften, auch nicht durch Glaube oder Liebe beschrieben, sondern ist vor aller Bedingung bestimmt durch die Beziehung zwischen dem Schöpfer, seinen Geschöpfen und der ihnen in Verantwortung übertragenen Schöpfung.
Dr. Stefanie Völkl, Mainz
[1] Vgl. Jacques Dupuis: Unterwegs zu einer christlichen Theologie des religiösen Pluralismus, Innsbruck 2010, 64ff.