Fronleichnam (20.06.19)

Fronleichnam


ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
Gen 14, 18-20 1 Kor 11, 23-26 Lk 9, 11b-17

Es ist genug für alle da!

Die eucharistische Gegenwart und Abentung Christi stehen im Mittelpunkt des Fronleichnam-Gottesdienstes. Fragen der Nachhaltigkeit stehen also nicht unbedingt im Zentrum dieses Tages. Die Geschichte vom Speisungswunder Jesu (Lk 9) und der Kontext der paulinischen Worte zur Mahlfeier (1. Kor 11) lassen allerdings eine Dimension sozialer Nachhaltigkeit erkennen.

Eine große Menschenmenge ist Jesus nach Betsaida hinterher gefolgt und hört ihm dort lange und ausdauernd zu. Als der Tag sich neigt, sorgen sich die Jünger darum, wo die Menschen etwas zum Abendessen finden können: „Lass das Volk gehen, dass sie hingehen in die Dörfer und Höfe ringsum und Herberge und Essen finden; denn wir sind hier an einer einsamen Stätte.“ (v. 12b) „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein...“ - aber offenbar soll er nach der Überzeugung der Jünger auch nicht ohne Brot bleiben, wenn er so ausdauernd das Wort Gottes hört.

Jesus weist den Vorschlag der Jünger ab - aber er geht auf dieses physische Bedürfnis auf seine Weise ein: Die Menschen sollen sich in Gruppen zu Fünzig, also in halbwegs überschaubaren Gruppen, lagern, und Jesus segnet und teil das vorhandene Brot und die vorhandenen Fische. Alle werden satt und die Jünger sammeln sogar noch übrig gebliebenes Brot ein.

Darüber, was damals genau geschehen ist, wird immer wieder gerne spekuliert - eine verbreitete Deutung ist, dass das Teilen Jesu die Anwesenden dazu animiert hat, das vermeintlich Wenige, das sie doch selber dabei hatten, ebenfalls zu teilen. Sozial nachhaltig wäre solches Teilen allemal, denn die ganze Gruppe wird satt.

Unabhängig von der Interpretation des historischen Ereignisses legen sich auf jeden Fall zwei Gedanken zur sozialen Nachhaltigkeit nahe:

1) Wer am Tisch des Herrn die Fülle des Lebens empfängt, die oder der ist fähig, das Seine mit anderen zu teilen. Wer vom Brot des Lebens isst und vom Kelch des Heiles trinkt, dem oder der kann der Hunger in der Welt nicht egal sein.

2) (Denn:) Geistliche Speise und leibliche Speise haben in dieser Erzählung beide ihren Wert. Lk 9 ist sicherlich keine Aufforderung zur Askese, wohl aber dazu, auf das leibliche Wohlergehen aller in der Gemeinde zu achten.

Und hier kommt nun auch der Kontext der Worte 1 Kor 11,23-26 in den Blick: Die junge Christenheit hat das eucharistische Mahl mit einem Sättigungsmahl verbunden, ähnlich, wie wir dies heute zum Teil noch aus Agapé-Feiern kennen.

In Korinth hat dies mit der Zeit aber offenbar dazu geführt, dass die reicheren Teile der Gemeinde sich bereits früh am Abend getroffen und üppig geschlemmt haben, während die ärmeren Gemeindeglieder erst nach verrichtetem Tagwerk dazu kommen und dann nur an der liturgischen Mahlfeier teilhaben konnten. Der Apostel sieht dadurch das geschwisterliche Miteinander in der Gemeinde zutiefst gefährdet, da die Reichen die Armen „beschämen“ (v. 22). Wer sich so verhält, der oder die feiert die Eucharistie nicht zum Heil, sondern zum Gericht (v. 33).

Die Lösung, die Paulus vorschlägt, mit der liturgischen Mahlfeier zu warten, bis alle anwesend sind, und das Sättigungsmahl gegebenenfalls vorher zu Hause einzunehmen, ist sicher hinterfragbar, da ja auch bei dieser Lösung ein Teil der Gemeinschaft verloren geht. Deutlich ist aber: soziale Ungleichheiten sollen im Miteinander der christlichen Gemeinde keinen Raum haben!

Wolfgang Schürger, München