Altjahrsabend / Silvester (31.12.14)

Vorschläge der ev. Perikopenrevision (EKD/VELKD/UEK): Hebr 13,8-9b, 4 Mose 6,22- 27, Mt 13,24-30, Röm 8,31b-39, Pred 3,1-15 und Jes 51,(1-5)6.


 

Altjahrsabend / Silvester

ev. Predigttext kath. Lesung kath. Evangelium
Lk 12, 35-40 1 Joh 2, 18-21
Hl. Silvester I: Ez 34, 11-16
Joh 1, 1-18
Hl. Silvester: Mt 16, 13-19

Vorbemerkung:

Ich stelle bewusst nur Predigthilfen für zwei Texte zur Verfügung, für den evangelischen Predigttext, und für eine der vorgesehenen katholischen Lesungen. Erfahrungsgemäß ist weniger oft mehr…

Evang. Predigttext: Lk 12, 35-40

1. Hinführung:

In Lk 12,35-59 überliefert der Evangelist mehrere Ermahnungen zur Wachsamkeit angesichts der unerwarteten Wiederkunft des Herrn. Die bildhafte Sprache betont die ständige Bereitschaft, z. B. indem man zur Arbeit gegürtet bleibt und auch nachts die Lampen brennen lässt. Die ausgesprochene Seligpreisung stellt eine Belohnung durch den Herrn in Aussicht. (KREMER, Jacob: Lukasevangelium, Würzburg 1988)

2. Theologische Impulse

„Wach sein!“ und „Im Bewusstsein leben, dass der Herr schon im nächsten Moment wiederkommen könnte!“

So lassen sich die Erwartungen formulieren, die die Perikope an uns Christinnen und Christen heute stellt. Wach und aufmerksam sollen wir die Zeichen der Zeit beobachten, beurteilen und in christliches Handeln umsetzen. (Der Dreischritt „Sehen – Urteilen – Handeln“ ist auch in unserem pastoralen Handeln als Seelsorgerin/ Seelsorger aufgrund der ständig wachsenden Größe der Seelsorgeeinheiten und der damit verbundenen „Unübersichtlichkeit“ und „Pluralität“ zunehmend wichtig geworden…)

Wie würden wir dastehen, wenn wir heute vor Gott hinträten, um Rechenschaft für unser Leben abzugeben? Allzuleicht flößt uns diese Frage Angst ein… Aber die bohrende Frage lässt sich auch positiv für das eigene Leben nutzen: In dem Bewusstsein, dass Gott liebend auf unsere Wege und Umwege schaut, darf ich mein Leben als Geschenk annehmen. Gott ist mit mir unterwegs und ich könnte mich durchaus öfter fragen, was sein Wille für mich ist. Diese Frage könnte zur Richtschnur für mein eigenes Leben werden, damit wir das Leben in Fülle (Joh 10,10) haben, dass uns verheißen ist…

3. Nachhaltigkeitsaspekte

Als Christinnen und Christen sind wir gerufen, das Antlitz der Erde zu verändern. Gerade in einer Zeit, in der vieles technisch möglich ist und in der die Wissenschaft in immer neue Dimensionen des Wissens vordringt, sollten wir uns unserer Verantwortung für die Schöpfung neu bewusst sein und deutlich die christliche Sichtweise in die ethische Diskussion eintragen. Dies gilt auch für den Erhalt des Friedens und der Gerechtigkeit – gerade in einer Zeit des Wandels, des Werteverfalls und der Schnelllebigkeit.

Kath. Lesung: Joh 1, 1-18

1. Hinführung:

Als Verfasser des Evangeliums und der drei Johannesbriefe wird heute eine johanneische Schule angenommen. (Vgl. SCHNELLE, Udo: Einleitung in das Neue Testament, Göttingen (4. Aufl.) 2002.) Der Johannes-Prolog ist dem ersten Hauptteil des Johannesevangeliums vorangeschaltet, der das Wirken Jesu beschreibt, und führt in nur 18 Versen komprimiert in die Theologie des Evangeliums ein. (Der zweite Hauptteil beginnt mit dem Bericht über die Fußwaschung in Kap. 13 und hat die Passion Christi zum Inhalt und seine Abschiedsreden.) Betont wird, dass das Wort zu Anfang war, dass es bei Gott war und sogar selbst Gott war. Damit ist es kein Geschöpf Gottes, wie die Weisheit Gottes (Bsp. Spr 8,22-31; Sir 1,4.9). Im heidenchristlichen, hellenistischen Umfeld war die Vorstellung von der Weisheit Gottes als Mittlerin bei der Schöpfung verbreitet.
Die Empfänger des Johannesevangeliums dürften genau in diesem Umfeld zu suchen sein. Zudem musste sich die Adressatengemeinde in Auseinandersetzung zu den Anhängern Johannes des Täufers befunden haben. Deutlich wird dieser im Prolog als bloßer Zeuge für Christus degradiert.

2. Theologische Impulse

Viele Theologinnen und Theologen scheuen bis heute eine Predigt über den Johannes-Prolog – so habe ich es öfters erlebt. Liest man den Johannes-Prolog vor der Hintergrundfolie von Jes 55,8-12 erschließt er sich einfacher: „Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken /und eure Wege sind nicht meine Wege – /Spruch des Herrn. So hoch der Himmel über der Erde ist, / so hoch erhaben sind meine Wege über eure Wege /und meine Gedanken über eure Gedanken. Denn wie der Regen und der Schnee vom Himmel fällt / und nicht dorthin zurückkehrt, sondern die Erde tränkt und sie zum Keimen und Sprossen bringt, / wie er dem Sämann Samen gibt und Brot zum Essen, so ist es auch mit dem Wort, /das meinen Mund verlässt: Es kehrt nicht leer zu mir zurück, /sondern bewirkt, was ich will, /und erreicht all das, wozu ich es ausgesandt habe.“ Auch wenn sich ein direkter Bezug des Jesajatextes mit dem Johannes-Prolog exegetisch verbietet, da sie aus völlig unterschiedlichen Epochen stammen, so lohnt es sich doch, den Beginn des Johannesevangeliums im Bewusstsein zu lesen, dass Gottes Wort der Anfang war, ja den Beginn setzte. Gottes Wille ist zugleich Tat; sein Wort bewirkt, wozu es ausgesandt ist; durch es geschieht sein Wille. Jesus ist im Johannesprolog das Wort, das Gott in die Welt hineinspricht. In Jesus nimmt Gottes Wort menschliche Gestalt an. In Jesus bricht sich das Reich Gottes Bahn – anfanghaft noch und doch unaufhaltsam.

3. Nachhaltigkeitsaspekte

Im Johannes-Prolog scheint Gottes Ja zu seiner Schöpfung auf. In seinem in die Welt gesprochenen Wort entfaltet sich sein Wille: Ja mehr noch – sein Wort bewirkt, wozu es ausgesandt ist. Die Schöpfung strebt unaufhaltsam der Vollendung entgegen. Kritisch darf man natürlich fragen, ob wir heute lebenden Menschen unsere Umwelt nicht ausbeuten und damit Gottes Heilsplan entgegenwirken… Trotzdem ist es sicher richtig, sich bewusst zu machen, dass Gott sein unbedingtes Ja zu seiner Schöpfung nicht zurückgenommen hat. Wir sind als Christinnen und Christen aufgerufen, Gottes Schöpfung ihrer Vollendung ein Stück näher zu bringen und mutig an seinem Reich des Friedens und der Gerechtigkeit mitzubauen, indem wir seinen Willen verkünden und tun. Wir dürfen zugleich aber auch darauf vertrauen, das nach wie vor Gottes Wort all das erreicht, wozu es ausgesandt wurde.

Axel Berger, Trier