Altjahrsabend / Silvester [III/A]
ev. Predigttext | kath. 1. Lesung | kath. 2. Lesung | kath. Evangelium |
Jes 30, (8-14) 15-17 | 1 Joh 2, 18-21 Hl. Silvester I: Ez 34, 11-16 |
Joh 1, 1-18 Hl. Silv.: Mt 16, 13-19 |
Da die drei thematisch relevanten Texte nicht in derselben Predigt verwendet werden, verzichte ich auf eine Predigtskizze und konzentriere mich auf die Bezüge zur Nachhaltigkeit sowie entsprechende Kontexte.
Stellung im Kirchenjahr:
Das Jahresende ist geprägt von der Reflexion auf das Vergangene und die mehr oder weniger erwartungsvolle Vorausschau auf das nächste Jahr. 2017, 500 Jahre nach der Reformation in Deutschland, jähren sich auch der Kriegseintritt der USA in den Ersten Weltkrieg und die Oktoberrevolution. Vor 70 Jahren, am Silvesterabend 1946 hielt Kardinal Frings im Kölner Dom seine legendäre Predigt vom „Fringsen“, am Neujahrstag 1977 gründet sich die Prag die „Charta 77“.
Exegetische Anmerkungen und Bezüge zur Nachhaltigkeit
Jes 30, (8-14) 15-17: Hintergrund des sog. Assur-Zyklus Jes 28-31 ist die Belagerung Jerusalems durch das assyrische Heer im Jahr 701 und die Warnung des Propheten, die Hilfe Ägyptens in Anspruch zu nehmen. Dabei setzt unser Text eine Situation voraus, in der der Verfasser den Konflikt mit seinen Gegnern als derart verfestigt erlebt, dass er sich über die gegenwärtige Generation hinweg schon an eine zukünftige wendet.
Denn er erfährt, wie hartnäckig die Kritisierten sich weigern, die Realität so zu akzeptieren, wie sie tatsächlich ist, und sie sich stattdessen in eine vermeintliche Wohlfühlzone flüchten (V. 10). Mahnend verweist der Prophet darauf, dass Heilwerdung eine aufmerksame Reflexion des vorliegenden Unheils und eine darauf aufbauende Besinnung und Umkehr voraussetzt (V. 15).
Ez 34,11-16: Auch wenn Gott in Ez 34 auf die Hirten abzielt, handelt es sich bei der Rede des Propheten doch durchgehend um eine Kritik post factum, die Katastrophe hat sich bereits ereignet. Deshalb richtet sich Gottes Fürsorge nun auf die, die in der Krise (V. 12: „dunkler, düsterer Tag“) den guten Weg verlassen, die nötige Orientierung verloren haben. Er geht ihnen nach, damit wieder Gemeinschaft entsteht mit ihm und untereinander, sie Schutz und gedeihliche Lebensbedingungen finden (V. 13f.), gerade nach der Erfahrung von Vertreibung, Krankheit und Armut (V. 16a). Es geht Gott zwar zuvorderst um die Leidenden und Marginalisierten, aber auch um die Reichen und Potenten, und damit die Einbindung aller in der Gesellschaft.
Joh 1,1-18: Der Johannes-Prolog dient der Legitimierung der theologischen Positionen des Joh-Evangeliums, seine Christologie wird verwurzelt in der Sendung des göttlichen Wortes von Ewigkeit her. So kann sie auch in der Auseinandersetzung mit Gruppen dienen, die innerhalb der religiösen Umwelt des Evangelisten ein abweichendes Bekenntnis vertreten.
In der Inkarnation des Logos zeigt sich der Schöpfer als Erhalter und Erneuerer der Menschen sowie der Schöpfung insgesamt (V. 4), was Johannes der Täufer als Wegbereiter und Hin-Führer bezeugt (V. 7). Wo Gott Mensch wird, auf unsere Augenhöhe kommt und unser Nachbar wird, wird erlebbar, welche Schönheit er seiner Welt zugedacht hat und verleihen will (V. 14).
Beispiele zur Umsetzung und weitere Kontexte
1. Aufmerksame Reflexion und ehrliches Eingeständnis von Unheilsituationen (Jes)
Die Globalisierung hat uns einander näher gebracht in dem Sinn, dass wir alle von den Handlungen anderer betroffen sind. (…) Ob man nun den Bereich des Friedens und der Sicherheit, den Handel und die Märkte oder auch die sozialen und kulturellen Einstellungen betrachtet, es steht zu befürchten, dass wir uns in einer Zeit gegenseitigen Misstrauens, der Furch und des Protektionismus befinden – in einer Zeit, in der sich die Menschen sich selbst zuwenden, anstatt sich zu öffnen, sich mit anderen auszutauschen und voneinander zu lernen.
Kofi Annan, in: Baumann, Urs/Hilberath Bernd Jochen (Hg.): Ökumene und Weltethos. Tübinger Ökumenische Reden, Tübingen 2004, 57.
2. Engagement gegen Leid und für Partizipation aller (Ez)
Bei der konzeptionellen Erarbeitung des schuleigenen Curriculums beachten die Schule für Blinde und die Schule für Sehbehinderte die Verbindlichkeiten auf Seiten der Schule. Die in den Bezugsplänen genannten Kompetenzen der Fächer und Fächerverbünde werden den individuellen Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler angepasst. Die Fragestellungen können die Schulen darin unterstützen, den Rahmen für einen Kompetenzerwerb im Sinne des erweiterten Bildungsanspruchs zu prüfen und gegebenenfalls auch zu verändern. So werden schulische Standards gesichert und eine kontinuierliche Qualitätsentwicklung gewährleistet.
Zielführend für die Auswahl der pädagogischen Angebote ist die Ausrichtung auf die gegenwärtige und zukünftige Aktivität und Teilhabe der Schülerinnen und Schüler am gesellschaftlichen Leben.
Ministerium für Kultus, Jugend und Sport: Bildungsplan Schule für Blinde und Schule für Sehbehinderte, Villingen-Schwenningen 2011, 10.
Wenn die Kirche unermüdlich zuhört, heilt und die Versöhnung lebt, wird sie zu dem, was sie ist. Dort, wo es in ihr am hellsten leuchtet, wird sie zu einer Gemeinschaft der Liebe, des Erbarmens und des Trostes, zu einem lauteren Widerschein des auferstandenen Christus. Nie auf Distanz gehend, nie in Abwehr befangen und von Sorge befreit, kann sie bis in unserer Herzen das schlichte Vertrauen des Glaubens ausstrahlen.
Frère Roger, in: Albus, Michael: Taizé auf neuen Wegen, Gütersloh 2014, 33.
3. Inkarnation heißt Leben, nicht Schweigen (Joh)
Er, der sich schon immer in Beziehung vorgestellt hatte und dessen Ewigkeit nichts starr Statisches ist, er wurde, kam, ging ganz in Beziehung auf. Wie könnte die Inkarnation dieses Gottes besser zum Ausdruck gebracht werden als durch Gesang und Tanz? Wenn Singen erhöhtes Sprechen und Tanz verdichtete Bewegung ist, dann dürfen Religionsunterricht und Gemeindepädagogik die Weihnachtsbotschaft nicht ohne das Medium des Liedtanzes verbreiten – sonst verlieren sie einen Großteil von „Bewegtheit“ im doppelten Wortsinn.
Siegfried Macht: Und das Wort ward Tanz, in: Ästhetisches Lernen am Beispiel Weihnachten = Notizblock 52, Rottenburg 2012, 25.
Sei nicht stumm,
wo du reden kannst.
Schweige nicht,
wo Worte nötig sind.
Schweiger gibt es schon genug.
Am Anfang war auch das Wort
und nicht das Schweigen.
Annegret Kronenberg: Eigentlich sollte Sommer sein…, Norderstedt 2001, 23.
Dr. Joachim Feldes, Dannstadt-Schauernheim
Literatur:
Beutler, Johannes: Neue Studien zu den johanneischen Schriften = Bonner Biblische Beiträge 167, Bonn 2012.
Kreuch, Jan: Unheil und Heil bei Jesaja. Studien zur Entstehung des Assur-Zyklus Jesaja 28-31 = Wissenschaftliche Monographien zum Alten und Neuen Testament 130, Neukirchen-Vluyn 2011.
Obinwa, Ignatius: “I Shall Feed Them with Good Pastures“ (Ezek 34:14). The Sheperd Motif in Ezekiel 34: Its Theological Import and Socio-political Implications = Forschung zur Bibel 125, Würzburg 2012.