Buß- und Bettag

 

ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
Lk 13, 22-27 (28-30) 2 Makk 7, 1.20-31 Lk 19, 11-28

 

Lukas 13, 22-30

Buß- und Bettag – ein ursprünglich politisch motivierter Feiertag protestantischer Provenienz. Protest erhob sich nur zaghaft als er als Feiertag abgeschafft wurde. Gibt es nichts mehr zu protestieren im politischen Kontext oder haben wir die Hoffnung auf Veränderung gar aufgegeben?
Gibt es nur wenige, die gerettet werden und viele, die draußen stehen, weil sie die Zeichen der Zeit nicht ernst genommen haben?
Endzeitstimmung immer mal wieder. Die Gerechtigkeitsfrage ist keine einfache; es gibt nicht schwarz oder weiß und am eigenen Schopf kann man sich nicht aus dem Sumpf ziehen. Aber verantwortlich und zukunftsbewusst leben ist dennoch eine Folge der Verheißung Gottes.

„Auf die Frage, ob viele, ob alle, ob wenige, die aus eigener Sicherheit oder aus Sorge um andere oder vielleicht sogar nur aus Neugier gestellt wird, antwortet er im Grunde mit einer Gegenfrage: „Ob ihr...!" An die Stelle der Zuschauerfrage tritt dem, der die Mahnung Jesu hört, die existentielle Frage, die Frage also, die mein ganzes Leben in die Entscheidung ruft. (Bengel: quaestio theoretica vertitur ad praxin, „die theoretische Frage wendet er zur Praxis"). Darum gibt Jesus statt der Auskunft den Appell: „Ringet danach, daß ihr eingeht!" Diese Mahnung ist uns jetzt bitter nötig, die erfragte Auskunft aber ist unnötig, spekulative Fragen werden von der Bibel nicht beantwortet. Der Ernst der Mahnung setzt voraus, daß Gefahr im Verzug ist. Auf diese Gefahr weist Jesus in den folgenden Worten hin: Auch alte Freunde können eine verschlossene Tür finden, d.h. es kann einer auf Grund seiner Zugehörigkeit zum Volke Gottes meinen, eine Garantie für den Einlass ins Reich Gottes zu haben und doch nicht herein kommen. (S. 157)...Das „Ringen", zu dem Jesus ruft, ist nicht der Kampf des Verdienstes, der sich einen Anspruch erwirbt, sondern des Verlangens, das den Herrn des Hauses immer aufs neue um die offene Tür bittet, weil er sie verheißen hat. (S.158)" (aus: Helmut Gollwitzer, Die Freude Gottes, 8. Aufl., Berlin o.J.)

Die Gedanken Gollwitzers könnten uns vor moralinsaurem besserwisserischem Predigen am Bußtag bewahren. Wir werden uns noch wundern, wer da alles am Tisch sitzt...und wer nicht...

2. Makkabäer 7, 1-20

Die Geschichte kann mit jedem Horror-Video konkurrieren. Ich kann ihr nichts zum Thema Nachhaltigkeit abgewinnen. Ein Fall für den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag.

Lukas 19, 11-28

Handelt, bis dass ich wiederkomme...und das heißt nicht Gewinnmaximierung um jeden Preis
Wir ermutigen die Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft, Wege zu suchen, die
über die kurzfristige Stabilisierung hinaus eine langfristige Bewältigung der Krisen
in der Welt ermöglichen. Dazu geben wir die folgenden Orientierungspunkte zu
bedenken:

1. Die Rahmenbedingungen der globalen Finanzmärkte sind so zu ändern, dass
weitere spekulative Aufblähungen flüchtiger Finanzblasen so weit wie möglich
verhindert werden. Nötig sind dafür eine klare Regulierung und eine wirksame
Aufsicht für alle Finanzmarktakteure und -produkte auf allen Finanzmärkten,
nicht nur für die Banken. Steueroasen müssen verhindert werden.

2. Konjunkturprogramme sind vorrangig am Leitbild der nachhaltigen Entwicklung
auszurichten. Gefördert werden sollten vor allem Maßnahmen zur Steigerung
der Energie- und Rohstoff-Effizienz und Investitionen in Bildung als Quelle für
zukünftigen gesellschaftlichen Wohlstand.

3. Das Konzept der klassischen Sozialen Marktwirtschaft bedarf der Ergänzung.
Dies haben die evangelische und die katholische Kirche bereits in ihrem Gemeinsamen
Wort zur wirtschaftlichen und sozialen Lage 1997 gefordert:
„Grundlegend muss die Erneuerung der wirtschaftlichen Ordnung auf ihre
Weiterentwicklung zu einer sozial, ökologisch und global verpflichteten Marktwirtschaft
zielen. Wer die natürlichen Grundlagen des Lebens nicht bewahrt,
zieht aller wirtschaftlichen Aktivität den Boden unter den Füßen weg. Solidarität
und Gerechtigkeit können ihrem Wesen nach nicht auf das eigene Gemeinwesen
eingeschränkt, sie müssen weltweit verstanden werden. Darum müssen
zur sozialen die ökologische und globale Verpflichtung hinzutreten" (Für eine
Zukunft in Solidarität und Gerechtigkeit, Gemeinsame Texte 9, S. 10).

4. Nach dem Konzept der Sozialen Marktwirtschaft muss der Staat – in Zeiten der
Globalisierung ist dies die Aufgabe supranationaler Organisationen – Rahmenordnungen
für den Markt schaffen und die Rolle als Schiedsrichter einer fairen
Wettbewerbsordnung übernehmen. Eine wirksame Rahmenordnung braucht
mehr internationale Verständigung, mehr Distanz zwischen Politik und Wirtschaft
und vor allem politische Gestaltungskraft. Globale Institutionen – wie die
Vereinten Nationen sowie IWF und Weltbank – müssen auf eine verbesserte
Legitimationsgrundlage gestellt und in der Effektivität ihrer Arbeit gestärkt
werden.

(aus: Wort des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland zur globalen Finanzmarkt- und
Wirtschaftskrise, EKD Texte 100, Hannover 2009)

 


Dr. E. Will