Christvesper / Christnacht bzw. Hl. Abend / Hl. Nacht (24.12.16)

Christvesper / Christnacht bzw. Hl. Abend / Hl. Nacht [III/A]

ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
Chr.-Vesper: Joh 3, 16-21
Chr.-Nacht: 2 Sam 7, 4-6.11-14a
Hl. Abend: Jes 62, 1-5
Hl. Nacht: Jes 9, 1-6
Abend: Apg 13, 16-17.22-25
Nacht: Tit 2, 11-14
Abend: Mt 1, 1-25
Nacht: Lk 2, 1-14

Vorbemerkung:

Nicht alle acht Texte dieses Vorweihnachtstages lassen sich gleich gut unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit besprechen. Ich wähle darum jene Texte aus, in denen sich aus meiner Sicht am ehesten Anregungen zur Nachhaltigkeit unter durchaus verschiedenen Gesichtspunkten finden lassen.

Joh 3, 16-21

Was muss das für ein Gott sein, der diese Welt so sehr liebt, dass er bereit ist, seinen Sohn dafür hinzugeben? Um nichts weniger als die Rettung der Welt geht es Gott, nicht um Abstrafung. Das ist der Schlüsselsatz. Gott möchte sehnlichst, so die Botschaft, das Gute für diese Welt. Dass ihm nicht alle Menschen dabei folgen wollen, ist die deprimierende Erkenntnis des Evangelisten. Der Glaube an den Christus Jesus, das Rettungsangebot Gottes, wird so zum Prüfstein für die Menschen. An ihm scheiden sich laut unserem Evangelisten Gut und Böse, Licht und Finsternis.

Das Beste für die Welt, ihre Rettung, das sind auch Ziele eines nachhaltigen Umgangs mit dieser Welt. So ließe sich beleuchten, ob nicht ein solch schonender Umgang zutiefst im Sinne Gottes sein müsste. Und zwar auch dann, wenn man bedenkt, dass theologisch von Johannes hier wohl zuerst an die geistig-geistliche Dimension des Menschen gedacht ist und weniger an eine soziale oder ökologische. Zu bedenken ist, ob für einen Glaubenden nicht alle Dimensionen zusammengehören, der Weg zu Gott also auch über den Einsatz für soziale und ökologische Nachhaltigkeit führt.

2 Sam 7, 4-6.12-14a

Gott selber ist es, der hier für Nachhaltigkeit sorgt. Er ist es, der seit der Exoduserfahrung die Geschicke des Volkes Israel begleitet. Er ist es auch, der die Zukunft des Volkes durch die Nachfolge Davids sichert. Gott, so lässt sich der kurze Text auch lesen, garantiert Kontinuität und nachhaltige Entwicklung durch seine fortdauernde Zuwendung zu Israel. Sie gilt, trotz der friedlosen Gegenwart des Staates Israel, bis heute. Was eine solch bleibende und nie aufgekündigte Zuwendung Gottes bedeuten kann, als Verheißung aber auch als ständiger Auftrag, könnte u.a. Gegenstand einer Predigt sein.

Jes 9, 1-6

Die messianische Weissagung des Jesaja, gerichtet an „das Volk, das im Dunkel lebt“. Unklar bleibt, wer dieses Volk ist, doch die Bildsprache rührt unmittelbar an. Angesicht einer friedlosen, noch immer von Kriegen erschütterten Welt ein Text, der aufmuntert, Hoffnung zuspricht in Momenten der Düsternis und Hoffnungslosigkeit. Der Gott, den Jesaja hier verkündet, ist ein geschichtsmächtiger Gott. Ein Gott, der sich nicht abfinden kann und wird mit der brutalen Realität, der vielmehr die Welt zum Guten führen will. Geschehen soll das durch ein Kind. Was könnte nachhaltiger, die Zukunft bejahender sein als die Geburt eines Kindes? Wie letztlich in jedem Kind der Lauf der Geschichte einen neuen Anfang nimmt, so in besonderer Weise in diesem, von Gott verheißenen Kind. Die hoheitlichen Titel sind ihm bereits mit auf den Weg gegeben. Gott möchte den Lauf der Geschichte also nachhaltig zum Guten wenden.

Doch bleibt diese Nachhaltigkeit des Guten nicht ein frommer Wunsch? Ist Gott bzw. sind wir Menschen angesichts der Realität damit womöglich gescheitert? Hier könnte etwa der Ausgangspunkt für eine Predigt liegen. Doch selbst wenn angesichts der unfriedlichen Zeitläufte ernsthafte Zweifel entstehen sollten - Gottes Verheißung gilt! Welche Hoffnung können wir daraus schöpfen? Zu welchem Handeln ermutigt sie uns heute?

Tit 2, 11-14

Es scheint Gottes ausdrücklicher Wunsch und Wille, dass wir Christgläubigen „voll Eifer danach streben, das Gute zu tun.“ Schließlich wurden wir im Heilsgeschehen durch Jesus Christus gerettet und dazu ermächtigt. So beschreibt es sinngemäß der Vf. des Titusbriefs. Die Welt wähnt er in einem Zwischenzustand zwischen Himmelfahrt und endgültiger Wiederkehr des Auferstandenen. Diesen Zeitraum, dessen Ende freilich nicht klar erkennbar ist, gilt es nun mit einem Leben zu füllen, das der in Christus erschienen Gnade Gottes gerecht wird.

Wenn Gott seine (Heils-)Geschichte mit uns Menschen jedoch „vom Ende her denkt“, dann muss sein Wirken in dieser Geschichte auch nachhaltig sein. Denn es gibt ja dieses Ziel, auf das hin Gott die (Heils-)Geschichte ausgerichtet hat und zu dem er sie führen will. Ob die Menschen ihm dabei folgen werden, dass freilich bleibt offen.
Nachhaltig im Sinne Gottes leben und arbeiten hieße demnach, sich auf die Spuren Jesu zu begeben. „Das Gute“ in dieser Welt zu suchen und es zu tun. Was dazu alles gehört und was wir als Christen und Christinnen in unseren Gemeinden und Wohnorten dafür tun können, dass könnte ein weiterer Aspekt einer Predigt zu dem o.g. Text sein.

Lk 2, 1-14

Hirten mit ihrer Schaf- oder Ziegenherde auf einem nächtlichen, freien Feld. Ein schwach beleuchteter Stall, eine Futterkrippe. Das Bild eines ländlichen Naturidylls kommt einem in dieser Geschichte fast unweigerlich in den Sinn, bestimmt die Szenerie. Ausgerechnet diese ländliche Szenerie aber sucht Gott sich nach Lukas aus, um seinem Heilswerk eine neue Wendung zu geben. Warum eigentlich? Und was bedeutet es, dass sich Heilsgeschichte ausgerechnet in dieser ländlichen Idylle ereignet? Nicht im Tempel. Nicht in den geschäftigen Straßen Jerusalems. Gott bricht ein, mitten hinein in das Alltagsleben dieser Menschen auf dem Land. Gedeutet wird das Ereignis in unserem Text gar als Erfüllung der alten Prophezeiung des Jesaja (Jes 9, s.o): „Heute ist euch der Retter geboren; er ist der Messias, der Herr.“

Nachhaltig im Sinne des von Gott gewollten und initiierten Heilsgeschehens erscheinen demnach nicht vorrangig die herausgehobenen und öffentlichkeitswirksamen Events. Gott kommt nicht unbedingt im Lärmen und Toben (vgl. 1 Kön 19,11-13). Vielmehr im normalen Leben, dem stillen Alltag, der die Menschen Tag für Tag umgibt. In ihm ereignet sich das Heil. In diesen Alltag bricht Gott auch in jener Nacht ein, will wirksam sein. Nachhaltig wirksam! Doch lässt sich diese Nachhaltigkeit des Heilsgeschehens auch in unserem konkreten Alltag finden? Wie kann sie aussehen? Welche Rolle spielen wir selber darin und wie können wir in unserem Alltag als Glaubende nachhaltig im Sinne Gottes wirken? Hier könnten mögliche Ansatzpunkte für eine Predigt liegen.

Martin Wolf, Bistum Speyer