Epiphanias / Erscheinung des Herrn (06.01.21)

Epiphanias / Erscheinung des Herrn

ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
Jes 60,1-6 Jes 60, 1-6 Eph 3, 2-3a.5-6 Mt 2, 1-12

 

Jesaja 60, 1 – 6

Licht kommt – Drum werde Licht!

«Mache dich auf, werde Licht. Denn dein Licht kommt!» Das ist DIE christliche Ethik in Nuce. Indikativ: Dein Licht kommt, so oder so, was du auch tust! Deshalb: Tu nun auch du was! Weil das Licht von alleine, automatisch, von der nachhaltigen Zukunft herkommt, deshalb können auch wir uns aufmachen, und mit anderen Menschen zusammen Wege in die Zukunft ausdenken. Nicht, weil wir müssen, sondern weil wir dürfen. Und ja: Das war schon die Einsicht Trito-Jesajas. Die Reformator*innen haben es einfach wieder neu herausgeschält. Wir müssen nicht die (Nachhaltigkeits-)Last der Welt tragen. Aber wir können uns vom Licht der Vernunft, des Fortschrittes, des Humanismus zusammen inspirieren lassen, um neue Wege miteinander zu denken, auszuprobieren, und ja, auch zu verkünden.

Aufklärung jetzt!

«Aufklärung jetzt!» So heisst mein Lieblingsbuch. Es liegt auch auf Bill Gates’ Nachttisch. Barak Obama hält es für eines der wichtigsten Bücher überhaupt. Geschrieben hat es der Psychologieprofessor Steven Pinker. Der Untertitel des Buches ist für mich eine andere Übersetzung von: «Fürchte dich nicht! Mache dich auf, werde Licht!»: «Für Vernunft, Wissenschaft, Humanismus und Fortschritt.» Ein sehr inspirierendes Gespräch mit diesem grossen Denker mit dem Titel «Fürchte dich nicht! Vertrau den Statistiken!» finden Sie hier. https://www.youtube.com/watch?v=fgc7H-tsDd8.

In diesen verrückten Corona-Zeiten, in diesen Zeiten von Fake-News und Verschwörungstheorien ist das Licht der Vernunft, des Humanismus und des Fortschrittes DIE Botschaft, die wir als allererste weiter verkündigen sollen. Aufklärung ist das Gebot der Stunde. Wir können gut reden. Denn wir stehen auf dem Boden des Indikativs: «Das Licht Gottes, der Zukunft, kommt». Vernunft, Aufklärung, Wissenschaft und Fortschritt brauchen wir ganz dringend, auch und gerade in den Kirchen. Es kann nicht genug davon geben. Ohne Aufklärung bedeckt Finsternis weiterhin hin die Social-Media-Debatten. Mit Aufklärung, Leichtigkeit und Humor aber wird «über dir […] der HERR aufstrahlen, und seine Herrlichkeit wird erscheinen über dir.» Versprochen. Ehrenwort.

Eph 3, 2-3a.5-6

Zusammenarbeit mit «Heiden»: Zum Beispiel der Klima-Jugend

Die Bewegung der Nachhaltigkeit, der Bewahrung der Schöpfung, der Klima-Jugend, ist auch eine Bewegung auch der Heiden, der Anderen, der Fremden. Sie sind Miterben und mitgemeint in Gottes Heilsplan. Auch über ihnen kann und wird das Licht Gottes scheinen. Wenn die Verheissung in Christus Jesus lautet , dass Gerechtigkeit herrschen wird, einst, auf einer neuen Erde, in einem neuen Himmel, wenn der Tod, Ausbeutung und Tränen getötet sein werden, dann ist das eine wahrhafte universale, ja fast aufklärerische Verheissung.

Neue Medien

Früheren Generationen wurde die gute Botschaft auf andere Weise kundgetan. Jede Generation hat ihre eigenen Weisen der Kundgabe, der (Social-)Medien. Heute haben wir vor allem zu hören auf die Klima-Streik-Bewegung. Mit einer kleinen Warnung. Dass ohne unser Zutun die Apokalypse droht, ist eine Überhöhung der Macht der Menschen und eine Gefahr der Bewegung. (Siehe den sehr guten Blog des Schweizer Theologen Urs Meier: https://www.journal21.ch/vor-der-ausloeschung). Die Welt wird nicht ausgelöscht. Auf sie und ihre Menschen kommt das Licht Gottes. Und bis das soweit ist, können wir fröhlich und mutig, mit allen Menschen, an denen Gott Wohlgefallen hat guten Willens sind, zusammenarbeiten, für eine gerechte, nachhaltige und sinnvolle Welt.

Mt 2, 1-12

Grosse Freude an den Sternen

«Als sie den Stern sahen, überkam sie grosse Freude». Es war jedoch nicht der Stern selbst, an dem die Sterndeuter so Freude hatten, sondern es war die Freude über den, über dem der Stern stehen bliebe: Die Freude an Gott, der dort so klein Mensch wurde.

13, 8 Milliarden Jahre ist der Kosmos alt. Der Kosmos ist flach – höchstwahrscheinlich. Die Sonne wird in 8.5 Millionen Jahren ein Roter Riese sein. Also, was soll das Getue um Nachhaltigkeit im Angesicht nicht gerade der Ewigkeit, aber doch im Angesicht der Wissenschaft und der Astronomie, von denen unsere Sternkundigen in der Bibel noch keinen blassen Schimmer hatten?

Staunen

Für mich ist die hobbymässige Beschäftigung mit Astronomie eine Übung in Staunen, und Demut. Ganz nach Immanuel Kant, den bekanntlich das «Gesetz in mir und die Sterne über mir» zum Staunen brachten. Gerne empfehle ich Ihnen hier mein Lieblingsvideo, das ich jährlich einmal meinen Konfirmand*innen zeige. Er stammt vom Astronomieprofessor Harald Lesch von München und heisst: «Universum und Quanten: Eine Reise zum Größten und zum Kleinsten.» https://www.youtube.com/watch?v=wEYupKcU1wU Das Video geht in einer theoretischen Reise zum Grössten und zum Allerkleinsten. Und wer liegt ganz genau in der Mitte? Der Mensch! Weihnachten!

One World. One Love.

Wen man so staunt, dann kommt einem ganz von allein in den Sinn, dass man doch diesem einem Leben, dieser einen Erde – aus Liebe Sorge tragen soll. Mit einem sich selbst gegebenen Gesetz, dass durchaus durch Staaten und der Weltgemeinschaft zusammen erdacht und geteilt und umgesetzt werden kann. Und jeder einzelne kann sein Scherflein dazu beitragen. So gut es geht. Der Rest, den Mut, die Motivation und die Kraft dazu schenkt uns Gott, mit seinem Licht, seiner Kraft, und seinen menschlich-allzu menschlichen Geschichten in der Bibel, die uns Mut, Freude – und auch Weisheit und Geschick schenken. Man muss ja nicht immer dem Herodes gehorchen und darf ruhig, angeregt durch Träume, auf anderen, neuen Wegen gehen und zurückkehren, und dann neu beginnen, ganz neu. Denn so berühren sich Himmel und Erde.

Res Peter, Baden