Epiphanias / Erscheinung des Herrn [V/A]
ev. Predigttext | kath. 1. Lesung | kath. 2. Lesung | kath. Evangelium |
2 Kor 4,3-6 | Jes 60, 1-6 | Eph 3, 2-3a.5-6 | Mt 2, 1-12 |
Vorbemerkung
Es ist warm im Sommer 2022, an dem ich an einem Schreibtisch sitze und diesen Text schreibe. Die Heizungen sind aus, es ist lange hell, so dass elektrische Beleuchtung eher selten bemüht werden muss. In Brandenburg wüten die aus den Vorjahren bereits bekannten Waldbrände wegen anhaltender Trockenheit, das Wasser in Italien wird rationiert, in den Alpen brechen wegen ungewöhnlich hoher Temperaturen Gletscherteile ab und begraben einige Menschen unter sich. Menschen aus dem Ahrtal gehen auf die Straße, weil die Regulierung ihrer immensen Verluste aus dem Jahr 2021 nicht vorankommt. Man möchte seine Schäden ausgeglichen haben, bevor die nächsten eintreten.
Im Radio jedoch werden für den kommenden Herbst/Winter beherrschende Entwicklungen besprochen: eine erneute Verschärfung der pandemischen Situation, und dass man sich wieder nicht sicher sei, welche Maßnahmen man am besten ergreifen sollte.
Zur Angst vor einer Ansteckung und den immer mehr zu erlebenden Folgen des Klimawandels kommt der Krieg in der Ukraine. Damit verbunden schaut die Republik auf die Füllstände der unterirdischen Gaskavernen, die nichts Gutes verheißen. Ein bis zwei Monate könne man damit in einem durchschnittlichen Winter kommen, dann sei Schluss. Was das bedeutet, möchte man nicht wissen, aber es sieht so aus, als würden wir es alle sehr bald erfahren.
Ich erinnere mich, wie ich vor 20 Jahren Vorträge hielt, in denen es um die Bedeutung von erneuerbaren Energien für den Klimaschutz und die Beendigung geopolitischer Abhängigkeiten von problematischen Regimen ging. Ich war damit nicht der einzige und schon gar nicht der erste. Aber es hilft ja nichts: vergebene Chancen kann man einmal erwähnen, dann aber muss man sie zu den Akten legen und die noch möglichen hervorholen.
Seit Jahren schreibe ich für „nachhaltig predigen" und bin es gewohnt, über viele Monate im Voraus zu schreiben – aber nie schien es mir so schwer zu erahnen, auf welche(n) Prediger:in und welche Gemeinde ich mit meinen Predigt-Gedanken im Januar 2023 treffen werde.
Ev. Predigttext: 2. Kor 4,3-6
In den letzten Jahren haben wir uns daran gewöhnt, dass sich staatliche Stellen und auch wir selbst zu besonderen Maßnahmen gezwungen sahen: Verbote und Gebote in einem Ausmaß, die die Welt sehr lange nicht gesehen hat. Enorme Geldmengen, die der Staat für dieses und jenes ausgab und es weiterhin tut. Lange erprobte und auch durchaus bewährte Haltungen und Maßstäbe wurden fast über Nacht über den Haufen geworfen. Neue Probleme scheinen ganz neue Antworten zu provozieren, die man in einigen Fällen als ethische Zumutung empfinden kann. Diese Generation hat vieles zum ersten Mal erlebt.
Dieser Text weist dagegen auf ein diese Welt stabilisierendes Systemprinzip hin: den Zusammenhang aller Dinge in der Welt Gottes, von den ersten Anfängen bis in diesen Moment hinein. Die Schöpfung beginnt mit einem „fiat lux" (auch wenn Gott bekanntlich Hebräisch spricht ...), und so geht es bis heute weiter: es werde ein heller Schein in unseren Herzen!
In einer Situation, in der es darum geht, zwischen den vielen ersten Malen und den außergewöhnlichen Maßnahmen eine rote Linie und eine Orientierung zu finden, kann sich zeigen, was wir daran haben, wenn wir uns gerade in der Krise an solche Orientierungspunkte erinnern: der von Anfang an das Licht brachte, der bringt es auch gerade jetzt, just in diesem Gottesdienst und in jedem Alltag in unsere Herzen.
Hier geht es nicht um Illuminationsgefasel, Erleuchtungsesoterik und andere komplett luftige und willkürliche Gedanken Verblendeter: die „Herrlichkeit Gottes", die man isoliert betrachtet für etwas zu ominös halten könnte angesichts einer Welt, die täglich nach harten Entscheidungen fordert, wird sichtbar in dem Angesicht des Menschen Jesus Christus. In ihm findet Gott sein Ebenbild. Wir sind verwiesen auf die Geschichten der Evangelien, das Leben des Menschen, in dem Gott die Welt berührte. Wir sind verwiesen auf die Geschichten von Heilung, gestilltem Hunger und Durst, Wahrheit schaffenden Worten, Liebe bis in den Tod. Von dieser Liebe wird nicht in morbiden Tönen erzählt, sondern es kann nur um das Leben gehen. Denn der Tod ist unsere Sache nicht, er ist uns ja genommen. Dagegen hat die Herrlichkeit Gottes ihr demütiges coming-out in uns – uns zum Wohl und den Anderen zu Hilfe und Freude.
1. Lesung röm.-kath.: Jes 60,1-6
Immerhin ein Problem wird man bei diesem Text nicht haben: was es bedeutet, dass Finsternis das Erdreich bedeckt und Dunkel die Völker, erklärt sich heute von selbst. Das Dunkel zu Beginn des ersten Schöpfungstags, das auf der Tiefe lag (Gen 1,2), bringt sich hier als Grundtönung in Erinnerung. Eher schon kann man darüber stolpern, dass das „aber über dir" ein partikulares Ereignis beschreiben könnte – mögen die anderen doch im Dunkel bleiben!
Aber auch das Heil Gottes funktioniert ganz im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung: es ist ein soziales Ereignis, alle Welt kommt in Bewegung und konzentriert sich auf einen Punkt! Man muss das nicht für die reichlich narzisstische Phantasie ewig Zukurzgekommener halten, sondern für die immer wieder von jeder Generation vorgetragene Utopie der Versöhnung der Menschen: alle Menschen werden Brüder (und Schwestern)! Das Erste, das eintritt, ist dieses Gefühl des Verschmelzens, der innigen Freude, wenn Menschen es schaffen, sich gemeinsam auf einen Punkt zu konzentrieren: sehen – vor Freude strahlen – das Herz erbebt – das Herz wird weit!
In dieser globalen Entwicklung werden auch die andere Geschöpfe und geschaffenen Dinge mit einbezogen: Tiere, Metalle, Baumharze ... Es gibt keine Zukunft der Welt, ohne auch dies zu bedenken und einzubeziehen. Die Zukunft der Welt Gottes ist nicht partikular, sondern universell; sie ist nicht chauvinistische Beweihräucherung einiger weniger, sondern eine Friedensgemeinschaft der Weitherzigen. Sie ist nicht anthropozentrisch, sondern zieht Geschöpfe und Dinge mit ein.
Und wer nun denkt, das alles falle einem so zu, der lese genau den ersten Vers: das Licht kommt, es ist eine Gnade. Aber gerade daher machen wir uns auf und werden licht!
2. Lesung röm.-kath.: Eph 3,2-3a.5-6
Unter dem Blickpunkt einer nachhaltigen Entwicklung ist sicher dieses Element interessant, das die Kirche fast von den frühesten Anfängen begleitet und geprägt hat: sie ist prinzipiell universalistisch, „ökumenisch" und für jeden Menschen offen.
Unter den heutigen Bedingungen fällt dabei auf: die Heiden sind auch im Zustand des Heide-Seins Miterben und Mitgenossen – sie sind es nicht erst mit der Bekehrung. Es gibt – was ja eigentlich selbstverständlich sein sollte – keinen Grund, die Nase hoch zu tragen, keinen Grund, Kontakte zu meiden.
Das bedeutet unter den heutigen Bedingungen: als Christinnen und Christen können wir niemals Teil einer closed-shop-Institution sein wollen! Vielmehr sind der Kontakt und die Zusammenarbeit mit „allen Menschen guten Willens" heute wichtiger denn je, wenn die globalen Probleme dieser Welt bearbeitet werden sollen. Dabei darf man übrigens nicht vergessen, was ebenfalls eine Erfahrung der Kirche seit ihren Anfängen ist: in solcher Begegnung verändert man sich. Das aber ist kein unerwünschtes Nebenprodukt dieser Art des Kirche-Seins, sondern ein Funktionsprinzip.
Evangelium röm.-kath.: Mt 2,1-12
Die Geschichte von den drei Weisen Männern aus dem Morgenland, die vermittels ihres antiken Kometen-Navis an das Ziel ihrer Träume kommen gehört zu den recht bunten, für die Verhältnisse der Evangelien eher wortreich gestalteten Episoden aus dem Leben Jesu. Bis heute gibt die Geschichte Anlass zu allerlei folkloristischem Treiben, an dem die Menschen ihre Freude haben.
Freude ist hier überhaupt eine gute Themenbestimmung: Auch hier begegnen wieder Motive, die fromme Kirchenmenschen etwas enttäuschend finden können, wenn nämlich irgendwelche herbeigelaufenen Mesopotamier vermittels Sternenguckerei zu den ersten Zeugen des Heils Christi werden, dann kann man schon mal schlucken. Aber wie schön ist doch die Unbefangen¬heit dieser Geschichte, die das alles gar nicht zu scheren scheint.
An der kargen Krippe der mittellosen Eltern stoßen sie mit ihren Geschenken ein Motiv an, dass für die Kostverächter unter den religiös Motivierten schon immer ein wenig Verdruss erzeugt hat: Luxus im Glauben mit Gold und teuren Ölen und Harzen! Die Salbung in Bethanien weiß auch davon zu erzählen, dass man damit innerhalb der eigenen Community sehr dumm auffallen kann.
In dem Leben des jungen Kindes wird es so nicht bleiben: von materieller Wohlfahrt wird keine Spur sein – dafür von kommunikativer umso mehr. Es bleibt eher das Motiv, dass bestürzenden Ereignissen immer noch jemand eine Würde geben kann, in dem er gegen alle Fakten das Beschämende mit Luxus garniert. Wie Gold und Myrrhe zur Geburt, so steuerte Josef von Arimathia ein eigenes Grab für den Gerichteten bei.
Das Leid, der Mangel, der Schmerz, sie alle stellen sich von allein ein, meist muss man darauf nicht lange warten. Umso wichtiger sind die kleinen Momente, in denen ein Zeichen gesetzt werden kann, das Kärgliche und Traurige durchscheinend zu machen für das Licht Gottes, dass auch über den Geschundenen leuchtet. Solche Momente proklamieren das Leben über dem Elend. Daher sind solche Zeichen keine Prasserei oder übertriebener Luxus (wozu sie selbstverständlich ausarten können), sondern sie sind im Grunde eine Demutsgeste vor dem Leben selbst und dem, der durch seine Liebe allem Lebendigen eine Würde gibt.
Dr. Thomas Schaack, Nordkirche