Was die Bibel dazu sagt

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©Wikimedia Commons-Joshua Keller  Bibel.jpgDie Bibel selbst Ă€ußert sich auf unterschiedliche Weise zum ErnĂ€hrungsverhalten und gibt uns Hinweise. NatĂŒrlich findet man in der Bibel noch nicht den Begriff "Biosprit": Das Automobil hat erst vor etwa 100 Jahren begonnen, unsere Welt "umzupflĂŒgen".

Insgesamt sind christlich tragfĂ€hige Positionen gefragt, die ĂŒber einen Betrachtungszeitraum von 100 Jahren hinausgehen - erreicht werden oft nicht einmal fĂŒnf Jahre...

Sind wir so intelligent, um aus 2000 Jahre alten Hinweisen Positionen ableiten zu können, die uns - und nicht nur historischen Adressaten - nachhaltig(e) Orientierung geben?!

Es gibt viele Bibelstellen, die sich direkt oder mittelbar mit dem Thema „ErnĂ€hrung“ befassen (s.u.), ganz direkt in der Form von Hinweisen (Fleisch- / Blut- / Fettverzehr etc.) oder mittelbar im Kontext (Verteilungs-)Gerechtigkeit, (Land-)Bewirtschaftung oder Themen wie Völlerei, rechtes Maß und Lebensstil. Die zentrale Botschaft der Bibel in der christlichen Überlieferung im Zusammenhang mit „ErnĂ€hrung“ ist jedoch die christl. Gemeinschaft, ĂŒberliefert in der Geschichte des Abendmahls: Das gemeinsame Mahl, bei dem geteilt und gegeben wird und Christus mitten unter uns ist.

 

Gemeinschaft

ErnĂ€hrung ist etwas Gemeinschaft stiftendes: nicht nur beim Abendmahl, auch die ErnĂ€hrung in der WĂŒste, das Fischen mit dem Netz, das zuerst auf der „falschen“ Seite hinausgeworfen wurde, das nĂ€chtliche Herausklingeln des Nachbarn, weil zu spĂ€ter Stunde Besuch gekommen war und der Gastgeber nichts anzubieten hatte – in der Bibel ĂŒberbrĂŒckt das Thema ErnĂ€hrung regelmĂ€ĂŸig Unterschiede, Trennendes, Gefahr fĂŒr Leib und Leben, Angst. Selbst der Schwamm mit Essig angesichts des unausweichlichen Todes erscheint als Geste der Menschlichkeit, als ÜberbrĂŒckung aller sonstigen politischen und weltanschaulichen Differenzen.

Entscheidend und wegweisend ist vielleicht gar nicht so sehr das direkte „Instrument ErnĂ€hrung zum Praktizieren einer Art Christenpflicht zu Gemeinschaft“, sondern das „Mittel" ErnĂ€hrung, der Umgang mit Nahrung, Speise und Lebensmittel: dass Gemeinschaft als GefĂŒhl erlebbar gemacht wird. Diese Chance - GemeinschaftsgefĂŒhl auf der Grundlage der ErnĂ€hrung - wird gerade auf globaler Ebene oft verpasst.

„Hilfe in der Not“ erzeugt ebenfalls ein GefĂŒhl von Gemeinschaft, lĂ€sst es spĂŒrbar werden. Muss es immer nur Not sein, die uns von Egozentrik auf Gemeinschaft umschalten lĂ€sst? Die „ErnĂ€hrung“ auf dem Planeten Erde, unserer bzw. Gottes Schöpfung, böte auch ohne Not alle Möglichkeiten des Umschaltens!

Können Kulturen, Gruppen und Gesellschaften ĂŒberhaupt „egozentrisch“ gegenĂŒber anderen sein, oder können das nur Individuen!?

 

Weitere Implikationen – Altes Testament:

In den fĂŒnf BĂŒcher des Mose, angefangen mit der Speisenzuordung der Schöpfungsgeschichte (Genesis 1, Vers 29 f.), tritt das Thema insbesondere im Zusammenhang mit der Drohung des Nahrungsentzugs aufgrund von Fehlverhalten (Levitkus 26, Vers. 26 ff.) oder Unzufriedenheit (Numerus 11, Vers. 4 ff.: Auszug aus Ägypten) auf. Bei genauem Hinsehen wird aber auch der Aspekt der Verteilungsgerechtigkeit zwischen Arm und Reich in Bezug auf Nahrungsmittel angesprochen (Levitkus 19, Vers 9 f.).

Fehlverhalten und Drohung des Nahrungsentzugs, Unzufriedenheit und Verteilungsgerechtigkeit

Drohungen werden in der heutigen Zeit weniger ernst genommen als in der Entstehungszeit der Texte des Alten Testaments (jedenfalls ist das zu vermuten). Jedoch wird implizit die Frage aufgeworfen, was „Fehlverhalten“ in Bezug auf die göttlichen Gesetze (in den alttestamentlichen Texten) in der zeitgeschichtlichen Übertragung bedeutet. Ist die kĂŒnstliche Erzeugung von Pflanzen, deren Samen nicht mehr der Lage sind, sich selbst zu vermehren, nicht auch ein solches „Fehlverhalten mit der (Be-)Drohung des Nahrungsentzugs“ - ein Unterlaufen eines Grundprinzips der Schöpfung ohne wirkliche Not?

Um auf "Unzufriedenheit" bei der Nahrungsauswahl zu stoßen, muss man besonders in reichen LĂ€ndern nicht lange suchen. Interessanter: Die Unzufriedenheit scheint mit den Möglichkeiten zur Wahl anzusteigen. Das wundert uns eigenartigerweise nicht ...!

Der eher sanfte Hinweis zur "Verteilungsgerechtigkeit" in Lev 19, 9-10, nĂ€mlich die Nachlese und die abgefallenen Beeren dem Armen und dem Fremden zu ĂŒberlassen, erinnert an die unglaublichen Mengen von Brot, Obst und GemĂŒse, die weggeworfen werden, um Marktpreise zu halten. Die Regeln des Marktes sind zu kompliziert, um sie hier detailliert zu diskutieren, aber es darf nachgedacht werden. (Nachdenken ĂŒber ErnĂ€hrung ist schon ein Schritt zur Nachhaltigkeit.)

Ein abschließender Gedanke zu Dtn 20 („Wenn du eine Stadt lĂ€ngere Zeit hindurch belagerst, ... sollst du ihrem Baumbestand keinen Schaden zufĂŒgen.“):

  • "Belagern" Kulturen und Gesellschaften mit ihrer unersĂ€ttlichen Nachfrage an Papier und (Brenn-)Holz den brasilianischen Urwald?!
  • "Belagern" Weltwirtschaft und Konzerne die StĂ€dte und Dörfer, die ihr eigenes Saatgut verwenden und zufrieden sind?

Es wird erkennbar, dass die Bibel zum Thema ErnÀhrung mehr zu sagen hat als nur die Regelung des Fleisch- oder Fettverzehrs.


Weitere Assoziationen und zeitgeschichtliche Übertragungen zu den vielen weiteren, unten genannten Bibelstellen seien der Leserin und dem Leser ĂŒberlassen. Viele DenkanstĂ¶ĂŸe geben die Predigtanregungen von „nachhaltig predigen“. Eine umfassende Betrachtung des biblischen Kontextes von ErnĂ€hrung enthĂ€lt der Beitrag von Wilhelm Wegner:

 

Besser ein Gericht Kraut mit Liebe als ein gemĂ€steter Ochse mit Hass. –

Diesen Spruch (Spr 15, 17) stellt Wilhelm Wegner, ehemaliger Umweltbeauftragter der der Ev. Kirche in Hessen und Nassau, seinem kurzen Essay „Was sagt die Bibel zur ErnĂ€hrung?“ voran. Der Text ist freundlicherweise als direkter Beitrag zu unserem Schwerpunktthema „ErnĂ€hrung“ verfasst worden.

zum Essay „Was sagt die Bibel zur ErnĂ€hrung?“ von W. Wegner (PDF-Datei 23 kB)

 

Bibelstellen

Wolfgang Baur vom Kath. Bibelwerk e. V. stellte uns die folgende Sammlung von Bibelstellen zusammen, die sich mit „Nahrung“ befassen. (Anm. der Red.: Herr Baur bittet, an dieser Stelle auch auf die Hilfen und Materialien zu Bibelarbeit und Gottesdienst auf www.bibelwerk.de aufmerksam zu machen.)

zur Zusammenstellung von W. Baur – 180 Verse der Bibel zum Thema „Nahrung“ (PDF-Datei 27 kB)

(Bitte ĂŒberlegen Sie im Sinne dieser Themenseite, ob diese 18 Seiten ausgedruckt werden mĂŒssen.)

In KĂŒrze folgt außerdem eine kommentierte Auswahl von Bibelstellen, die speziell den sozialen Gesichtspunkt der ErnĂ€hrung – Verteilung, Gerechtigkeit, Lebenskunst – in den Blick nehmen.

 

ErgÀnzende Literaturtipps zur historischen Einordnung:

BĂŒhlmann, Walter: Wie Jesus lebte – PalĂ€stina vor 2000 Jahren; Wohnen, Essen, Arbeiten, Reisen, Rex-Verlag

Feinberg Vamosh, Miriam, Frisch, Hermann-Josef: Food of the time of the Bible / Essen und Trinken in biblischer Zeit, Patmos-Verlag

Geiger, Michaela; Christl M. Maier, Uta Schmidt (Hg.): Essen und Trinken in der Bibel. Ein literarisches Festmahl ..., GĂŒtersloher Verlagshaus

Hieke, Thomas: Brot labt das Herz der Leute – Das Lebens-Mittel Brot im Alten Orient und in der Bibel (PDF-Datei 150 kB zum Herunterladen)

HĂŒttermann, Aloys P. und Aloys H.: Am Anfang war die Ökologie. NaturverstĂ€ndnis im Alten Testament, Kunstmann-Verlag

Paczensky, Gert von, und Anna DĂŒnnebier: Kulturgeschichte des Essens und Trinkens, Orbis Verlag (in Lizenz d. Knaus-Verlags)