Erntedankfest / 16. Sonntag nach Trinitatis / 26. Sonntag im Jahreskreis (01.10.17)

Erntedankfest / 16. Sonntag nach Trinitatis / 26. Sonntag im Jahreskreis 2017 [III/A]

ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
Klgl 3, 22-26.31-32
Erntedank: Jes 58, 7-12
Ez 18, 25-28 Phil 2, 1-11 Mt 21, 28-32

Jes 58, 7-12

1) Exegetische Überlegungen

Die Entstehungszeit des vorliegenden Text wird allgemein auf die Zeit um 530 v. Christus festgelegt und Tritojesaja zugeschrieben. Er ist somit jünger als die ersten beiden Teile des Jesajabuches. Die letzten Kapitel setzen das Ende des Exils und die Rückkehr der Verbannten nach Israel voraus. Im vorliegenden Abschnitt geht es Jesaja um das Verhalten derjenigen in der Gemeinde die sich, am Beispiel des Fastens, an Äußerlichkeiten festhalten und die soziale Dimension des Fastens ignorieren. Seine Kritik am Fasten geht dem angegebenen Text voraus. Das richtig verstandene Fasten ist für Jesaja wichtiger Bestandteil  des neu aufzubauenden Reiches.

2) Predigtimpulse

Für Jesaja bedeutet Fasten viel mehr als nur den Verzicht auf etwas und die Befolgung der Fastenriten. Jesaja verschränkt das Fasten mit der sozialen Frage. Welchen Stellenwert hat Fasten in unserer Gesellschaft heute? Drohen wir nicht derselben Gefahr zu unterliegen? Fasten ist zu einer Modeerscheinung geworden, eine Modeerscheinung, die ein jeder mit sich selbst ausmacht. Fasten ist individualisiert und weitestgehend losgelöst vom sozialen Kontext. Immerhin, manch einer mag die Fastenzeit nutzen, um sich für soziale Projekte zu engagieren, doch erfordert das Fasten vielmehr eine Umkehr des Herzens und ruft jeden Einzelnen zur tätigen Nächstenliebe auf. Weg von der Ich-Bezogenheit, hin zur Zuwendung zum Nächsten. Gerade angesichts der Situation von Flucht und Vertreibung in der Welt wirken die Wort Jesajas auch nach 1500 Jahren noch so aktuell wie damals.

3) Bezüge zur Nachhaltigkeit

Wo es keinen Frieden gibt, wo Krieg und Hunger das Land regieren. Wo Unterdrückung Menschen zur Flucht treibt, wo der Mensch sich am Mitmenschen versündigt, wird auch ein Leben im Einklang mit der Natur nicht möglich sein. Nachhaltigkeit setzt Frieden voraus. Die soziale und die Umweltfrage gehören untrennbar zusammen. Papst Franziskus hat in seiner Enzyklika „Laudato si“ in aller Deutlichkeit auf diese Zusammenhänge hingewiesen. Neben der sozialen Dimension des Fastens gehört die Frage nach dem verantwortungsvollen Umgang mit der Schöpfung unweigerlich zum Fasten dazu. Beim Fasten geht es um eine Gottesbeziehung, die die Verantwortung für den Nächsten und die Schöpfung mitbedenkt.

Ez 18, 25-28

1) Exegetische Überlegungen

Ezechiel befindet sich mit vielen anderen aus seinem Volk im babylonischen Exil. Diese Erfahrungen stehen im Hintergrund der kurzen Textstelle, in der es um den Vorwurf geht, JHWH würde sein Volk nicht gerecht behandeln. Zentral geht es um die Umkehr des Menschen. Es liegt in seiner Kraft, sich von innen her sittlich zu erneuern. JHWH wirbt um die Umkehr, weil dies seinem Plan entspricht, der nicht den Tod der Seinen will, denn er ist Gott des Lebens.

2) Predigtimpulse

Der klassische Tun-Ergehen-Zusammenhang, der uns im Alten Testament an vielen Stellen begegnet, taucht auch hier wieder auf. Israel handelt falsch und erleidet seine Strafe für dieses Handeln. Von daher ergeht der Aufruf zur Umkehr mit umso größerer Dringlichkeit. JHWH erweist sich jedoch als Gott des Lebens. Es geht darum, sein Leben an JHWH auszurichten. Der Weg des Menschen, der sich nicht am Bund und den Weisungen JHWH‘s orientiert, sondern meint, sein Leben ohne ihn führen zu können, führt in die Dunkelheit des Todes. Wohin der Weg der Menschen, die sich selbst ins Zentrum ihres Handelns stellen, führen kann, können wir tagtäglich mit einem Blick in die Medien erfahren. „Kehrt um, schafft euch ein neues Herz und einen neuen Geist!“, ist deshalb der Weg in das unvergängliche Leben in der Gemeinschaft Gottes und ruft uns zum Handeln.

3) Bezüge zur Nachhaltigkeit

Unsere Zeit ist geprägt von großer Umweltzerstörung, Ausbeutung und sozialer Ungerechtigkeit. Zugleich gibt es in unserer Zeit, wie in keiner Zeit zuvor, ein hohes Maß an Sensibilität zum Einsatz für den Erhalt der Schöpfung. Umkehr zum Leben hat gerade hier eine tiefe Bedeutung. Nur wenn es uns gelingt, die fortschreitenden Probleme hin zu einer Weltgemeinschaft, die im Einklang mit der Natur und ihren Ressourcen lebt, deren Grenzen anerkennt und achtet, wird diese Welt auch für die kommenden Generationen ein lebenswerter Wohnraum bleiben. Doch bis es soweit ist, ist auch hier Umkehr gefordert. Beispielhaft für die vielen Organisationen, die sich darum bemühen, sei hier der ökumenische Prozess „Umkehr zum Leben – den Wandel gestalten“ genannt. (Vgl.: http://www.umkehr-zum-leben.de/de/startseite/)

Phil 2, 1-11

1) Exegetische Überlegungen

Die Gemeinde in Philippi lag Paulus besonders am Herzen. Paulus schreibt den Brief an die Gemeinde aus dem Gefängnis heraus wohl um das Jahr 50. Ein Anliegen seines Briefes ist die Ermahnung der Gemeinde zur Einheit. In diesem Kontext befindet sich unsere Bibelstelle. Sie enthält den bekannten Philipperhymnus, welcher der Gemeinde von Philippi am Beispiel der Erlösungstat Christi vor Augen führt, wodurch das Verhältnis der Christen untereinander geprägt sein soll: Demut und Dienst am Nächsten.

2) Predigtimpulse

Der Text ist heute noch so aktuell wie damals. Er könnte auch an jede andere christliche Gemeinde unserer Zeit geschrieben sein. In der Predigt könnte man die Frage aufgreifen, welche Atmosphäre oder welcher Geist in der eigenen Kirchengemeinde weht oder wehen sollte. Freilich ohne gezielt einzelne Personen anzugreifen. Spannend ist hier immer die Frage, wie wirkt unsere Gemeinde nach außen. Einladend und motivierend oder abweisend?

3) Bezüge zur Nachhaltigkeit

In abgewandelter Form finden wir in dieser Bibelstelle auch die goldene Regel wieder: Vers 4: „Jeder achte nicht nur auf das eigene Wohl, sondern auch auf das der anderen.“ Die Gemeinschaft der Christen ist dazu aufgerufen, für ein „Gutes Leben. Für alle!“ einzutreten (siehe www.gutesleben-fueralle.de). Dabei spielen nicht nur die sozialen Umgangsformen eine Rolle, bei der ein jeder seinem Nächsten in dienender Demut begegnen sollte. Auch die gerechte Verteilung der Güter und der Umgang mit den Ressourcen gehören dazu. Dies beschränkt sich nicht allein auf die Christen untereinander, sondern weitet sich automatisch auf alle Menschen aus.

Mt 21, 28-32

1) Exegetische Überlegungen

Der Abschnitt ist wieder ein Paradebeispiel für Jesu Provokation der führenden Kreise und ist eingebettet in die Auseinandersetzung mit seinen Gegnern. Allein die Furcht hält die Hohenpriester und die Ältesten des Volkes davon ab, Jesus verhaften zu lassen, wie wir aus Mt 21, 46 erfahren. Mit dem vorliegenden Text ruft er seinen Gegnern ins Bewusstsein, welches Schicksal ihnen droht, da sie dem Zeugnis des Johannes nicht geglaubt haben. Wer nicht umkehrt verliert das Reich Gottes.

2) Predigtimpulse

Jesus hält uns den Spiegel vor Augen und fragt mit den Hohepriestern zugleich auch uns: Wie steht es mit unserem Glauben? Was sind die Wurzeln unseres Glaubens? Woher nehmen wir das Vertrauen in Gott? Das Vertrauen in Jesus? Welches sind die Zeichen, denen wir vertrauen, und wo ist Umkehr bei uns nötig?

3) Bezüge zur Nachhaltigkeit

In Analogie zu diesen Fragen könnte man genauso feststellen: Es gibt die vielen sozioökologischen Probleme überall auf der Welt (Kriege, Hungersnöte, Umweltverschmutzung, Raubbau an der Natur, Klimawandel etc.). Wir sehen das, aber unser Handeln ist meist nicht ausreichend konsequent, um uns diesen Problemen zu stellen und sie dauerhaft, also nachhaltig zu lösen. So schreitet die anhaltende Umweltzerstörung voran, werden Kriege zu Dauerkonflikten, verlieren Menschen ihr Leben, ihre Heimat. Wir sehen, aber handeln nicht ausreichend. Was bewegt uns zu einem Handeln in Nachhaltigkeit? Was muss noch geschehen, bis wir endlich das Ruder rumreißen? Welche Zeichen und Wunder warten wir noch ab? Warten die Bürger auf die Politik? Wartet die Politik auf die Bürger? Das Offensichtliche vor Augen wollen wir es scheinbar nicht wahrhaben. Umkehr ist nötig. Umkehr in allen Fragen des Energieverbrauchs, der Ressourcenschonung, des Umweltschutzes, der Friedensarbeit, der sozialen Gerechtigkeit zwischen globalem Süden und globalem Norden.
Welches Schicksal droht uns, wenn wir keine Antworten auf diese Fragen finden?

S. Glombitza

 

Quellen:
- Neue Jerusalemer Bibel

- Stuttgarter Neues Testament

- Stuttgarter Altes Testament
- Novum Testamentum Graece, Ed. XXVII