12.o5.24 – Exaudi / 7. Sonntag der Osterzeit

ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
Joh 16,5-15 Apg 1, 15-17.20a.c-26 1 Joh 4, 11-16 Joh 17, 6a.11b-19

Einige kurze exegetische Anmerkungen:

  • Joh 16, 5-15:
    In Vers 7b wird der „Beistand“ genannt, der kommen soll. Im Griechischen steht hier das Wort παράκλητος (Parakletos), es ist in etwa übersetzbar mit den Worten Beistand/Anwalt, Helfer. Luther übersetzt hier mit dem Wort „Tröster“, was sich vielleicht in Bezug auf die vorhergehenden Verse (16, 2) erklären lässt. Der Spruch ist einer der fünf sogenannten Parakletsprüche.
  • Apg 1, 15-17.20a.c-26:
    Es wird die Nachfolge des Judas geregelt. Dabei werden Kriterien festgelegt, wer in die Nachfolge rücken darf. Kriterien werden in Vers 21-22 genannt: Einer, der Jesus persönlich kannte, von der Taufe bis zur Auferstehung dabei war und als Zeuge dient. Die Zahl 12 der Jüngerschaft Jesu hat eine tiefe symbolische Bedeutung. Die „12 Stämme Israels“ unterstreicht die Sendung Jesu an ganz Israel. Noch vor dem Kommen des Beistandes soll deshalb ein Nachfolger gewählt werden. Über das Losverfahren, das im Alten Testament üblich war, wird die Entscheidung Gottes eingeholt.
  • 1 Joh 4, 11-16:
    Gottes- und Nächstenliebe werden hier eng miteinander verflochten. Die Liebe zu Gott erweist sich in der Liebe zum Nächsten.
  • Joh 17, 6a.11b-19:
    Den Jüngern Jesu hat sich mit der Offenbarung des Namens Jesu der Zugang zu Gottes Wesen erschlossen, der Zugang zu Gott selbst. Es geht nicht um einen konkreten Gottesnamen. Durch diese Erkenntnis sind sie in einen heiligen Lebensraum enthoben und stehen der gottfeindlichen Welt gegenüber. Wahrheit meint die durch Jesus erschlossene Wirklichkeit Gottes. Von dieser Wirklichkeit sollen die Jünger durchdrungen sein. So sind sie gerüstet und gesendet für ihre Aufgaben in der Welt.

Anknüpfungspunkte für »nachhaltig predigen«:

Joh 16, 5-15: Ein großer Trost gerade in Zeiten der vielfältigen ökologischen und sozialen Krisen unserer Zeit und darüber hinaus, ist die Zusage Gottes, uns nicht allein zu lassen. Er stellt uns gerade in Zeiten der Bedrohung einen Beistand an die Seite, einen Helfer, einen Tröster, einen Anwalt. Den Geist der Wahrheit. Er befähigt uns zur Erkenntnis und damit letztlich zum richtigen Handeln. Er bildet die Gewissensinstanz, die ein wichtiges Korrektiv ist im Umgang mit unseren Mitmenschen, der Mitwelt und der ganzen Schöpfung. Ihn zu suchen und sich auf ihn auszurichten, gerade auch in den Finsternissen unseres Daseins, kann neue Perspektiven eröffnen.

1 Joh 4,11-16: Die Liebe verbindet uns untereinander und mit Gott. Der Verweis darauf, dass „Gott niemand je geschaut hat“ (V 12) dient als Begründung für die Gegenwart Gottes in der Liebe untereinander. Das ist der Weg zur vollendeten Gemeinschaft. Wie ist diese Liebe qualifiziert? Was zeichnet sie aus? Hier könnte ein Verweis auf 1 Kor 13 hilfreich sein.

Die Liebe ist die Grundlage für das Gute Miteinander von Menschen untereinander und ihre Beziehung zur Mitwelt.  Ohne Liebe wird es keinen Frieden geben, kein ökologisches Gleichgewicht, keine soziale Gerechtigkeit.  Damit ist auch klar, was Gott will: Er will nicht Tod und Zerstörung, er will das Gute Leben für alle.

Joh 17, 6a.11b-19: Die Jünger, die zur Erkenntnis über das Wesen Gottes gelangt sind, befinden sich in einem neuen, heiligen Lebensraum, der sich von der Welt unterscheidet. Die Welt steht dafür als Kontrast zu diesem heiligen Lebensraum. Und dennoch ist es nicht das Ziel, sich in diesen Lebensraum zurückzuziehen, sondern diesen in der gottfeindlichen Welt präsent zu halten und wachsen zu lassen. Spirituelle Erkenntnis bzw. Gotteserkenntnis darf nicht dazu führen, sich von der Welt abzukapseln, sondern sie verpflichtet im Gegenteil dazu, in der Welt zu wirken. Aus Ihr erwächst Sendung und Auftrag. Jeglicher Rückzug in heilige Sphären, verbietet sich daher, und das Engagement und der Einsatz für die Wahrheit (die in Jesus zugänglich gewordene Wirklichkeit Gottes) gehören unweigerlich dazu. Gerade in den Debatten um die Frage wie politisch darf Kirche sein, ist das ein wichtiger Anknüpfungspunkt: Kirche darf sich nicht in einen heiligen Raum zurückziehen und es beim Gegenüber zur Welt belassen, sondern sie ist von ihrem innersten Wesen her immer auch politisch im Einsatz für das die Wirklichkeit Gottes, wie Jesus sie uns erschlossen hat. Dazu gehört der Einsatz für ein Leben in Fülle für alle: Mensch, Mitwelt, letztlich die ganze Schöpfung.

Steffen Glombitza, Bistum Speyer

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