Fronleichnam
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Gen 14, 18-20 | 1 Kor 11, 23-26 | Lk 9, 11b-17 |
Das Fronleichnamsfest ist ein typisch „katholisches“ Fest, das im evangelisch-protestantischen Bereich nicht begangen wird. Das „Hochfest des Leibes und Blutes Christi“ wird seit dem 13. Jahrhundert in der katholischen Kirche am zweiten Donnerstag nach Pfingsten gefeiert. Der Name leitet sich vom Mittelhochdeutschen „vronlichnam“ (Leib des Herrn) ab.
Fronleichnam ist eine Art zweiter Gründonnerstag, an dem der Einsetzung der Eucharistie durch Jesus Christus gedacht wird und zugleich seiner bleibenden Gegenwart in den Gaben von Brot und Wein bei der Feier des Abendmahles. Eine Nachhaltigkeit ist somit bereits im Sinne einer zeitlichen Perspektive gegeben (vgl. die zweite Lesung: „Denn sooft ihr von diesem Brot esst und aus dem Kelch trinkt, verkündet ihr den Tod des Herrn, bis er kommt“ (1 Kor 11,26)). Der Glaube pflanzt sich von Generation zu Generation fort, wobei in Deutschland seit langem die Gottesdienstbesuchendenzahlen kontinuierlich sinken. Dies betrifft auch die Teilnahme am Fronleichnamsfest, so dass in der Ausgestaltung nach neuen Formen zu suchen ist.
Im Folgenden wird weniger auf die biblischen Texte eingegangen, sondern mehr auf die Möglichkeiten der Gestaltung im Sinne der Nachhaltigkeit. Da der Kern des Festes Fronleichnam in der Verehrung der Eucharistie liegt, ist sensibel zu schauen, an welchen Stellen der Gedanke der Nachhaltigkeit explizit seinen Platz finden kann.
Ein Kennzeichen des Fronleichnamsfestes ist (zumindest außerhalb von Pandemiezeiten) die Prozession durch die Straßen der Dörfer und Städte. Vollzogen wird eine „Demonstration“, d.h. es wird nach außen hin in einer Monstranz (monstrare = zeigen) gezeigt, was den katholischen Christen höchst wertvoll und heilig ist. Aufgegriffen werden kann der Weg-Gedanke des Christseins. Die frühen Christen wurden als „Anhänger des neuen Weges“ bezeichnet.
Früher hatte die Praxis der Prozession etwas konfessionalistisch Abgrenzendes. Mittlerweile wird vielerorts versucht, das Fest so zu gestalten, dass auch evangelisch-protestantische Christinnen und Christen teilnehmen können. Dies kann zum einen dadurch geschehen, dass nicht nur die Hostie im Schaugefäß der Monstranz im Mittelpunkt steht, sondern das Evangeliar als Zeichen für das Wort Gottes auf einer Wegstrecke unter dem Baldachin mitgeführt wird (oder auch andere wichtige Symbole), zum anderen dadurch, dass für eine Station bewusst eine evangelisch/protestantische Kirche ausgewählt wird, an der dann auch Mitglieder dieser Gemeinde die inhaltlichen Impulse gestalten.
Zentral für den christlichen Glauben ist die Inkarnation, die Einfleischung Gottes in unsere Welt durch Jesus Christus sowie seine Auferstehung. Der Grundgedanke der bleibenden Gegenwart Gottes unter den Menschen lässt sich auch dadurch veranschaulichen, dass der Gottesdienst nicht klassisch in der (Pfarr)Kirche, sondern an einem anderen für die Menschen bedeutsamen Ort gefeiert wird (z.B. Rathaus, Bürgerhaus, Einkaufszentrum, Kindergarten, Schule, Krankenhaus, Seniorenheim, Wohnheim / Werkstatt für Menschen mit Behinderungen, Wasserwerk, Friedhof, Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienste…) oder zumindest solche wichtigen Anlaufpunkte in die Prozession einbezogen werden. Die liturgische Gemeinde verdeutlicht ihren Bezug zur säkularen kommunalen Gemeinde. Die Welt verstanden als „Sakrament“, als „Zeichen“ der Gegenwart Gottes gemäß dem Wort von Alfred Delp: „Die Welt ist Gottes so voll“. Fronleichnam lädt ein, die Welt mit den Augen Gottes zu sehen. Inhaltlich kann deutlich werden, was den Glauben mit den Lebensthemen der Menschen verbindet, etwa Gesundheit/Krankheit – Heilung/Heil, Geburt – Sterben – Tod, Bildung, Freizeitgestaltung usw.
An manchen Orten gibt es zentrale Gottesdienste beispielsweise in Parks, zu denen die Mitglieder mehrerer (Pfarr)Gemeinden zusammenkommen. Wo ein Naturbezug gegeben ist, legt sich bei den verschiedenen Stationen in den Impulsen, Gebeten und Fürbitten die Thematik der Schöpfung nahe. Bei der Einsetzung des Abendmahles hat Jesus die Elemente von Brot und Wein gewählt, also Nahrungsmittel, Lebens-Mittel. Die Feier der Eucharistie bedeutet somit einen existentiellen Vollzug von uns Menschen, die Einverleibung von Gaben der Schöpfung. Deren Bedrohung durch die Klimakrise wird sich in den kommenden Jahren massiv verschärfen, so dass sich auch hierzu inhaltliche Impulse anbieten.
Papst Franziskus sagt, dass in der Eucharistie die Schöpfung ihre größte Erhöhung findet. Der menschgewordene Gott geht so weit, sich von seinem Geschöpf verzehren zu lassen. Gott möchte durch ein Stückchen Materie, durch ein Stückchen Brot in unser Innerstes gelangen, damit wir ihm von innen her in unserer eigenen Welt begegnen könnten. Vereint mit dem in der Eucharistie gegenwärtigen menschgewordenen Sohn sagt der gesamte Kosmos Gott Dank. Die Eucharistie ist ein Akt der kosmischen Liebe: Die Eucharistie vereint Himmel und Erde, umfasst und durchdringt die gesamte Schöpfung. Die Welt, die aus den Händen Gottes hervorging, kehrt zu ihm zurück in vollkommener Anbetung: Im eucharistischen Brot „ist die Schöpfung auf die Vergöttlichung, auf die Vereinigung mit dem Schöpfer selbst ausgerichtet“. Darum ist die Eucharistie auch eine Quelle des Lichts und der Motivation für unsere Sorgen um die Umwelt und richtet uns darauf aus, Hüter der gesamten Schöpfung zu sein. [vgl. Enzyklika Laudato si 236]
Dass die Begegnung Gottes mit uns Menschen gerade im Brot geschieht, verdeutlicht, dass es nicht um Macht geht, nicht um Prunk, sondern eher um Ohnmacht, um Unscheinbarkeit. Es geht um innere (und äußere) Stärkung durch ein Lebens-Mittel. Es geht um Wandlung und Verwandlung von uns Menschen. „Wir sind die, die sich wandeln lassen müssen, weil Menschsein heißt, sich wandeln zu lassen, und Vollkommenheit, sich oft gewandelt zu haben“ (Karl Rahner).
Inhaltlich sollte deutlich werden, dass wir als Christen nach der dienenden Lebensart Jesu – nach seiner Pro-Existenz – zu leben versuchen. Aus Konsumenten, die nur das eigene Überleben im Sinn haben, sollen wir zu Prosumenten werden, die mit- und füreinander teilen. Aus Konkurrenten werden dann Kum-panen (= mit Brot), jene, die das Brot miteinander teilen. Hier kann der Bezug zum Evangelium, zur Brotvermehrung, aufgegriffen werden. „Wenn jeder gibt, was er hat, dann werden alle satt…“ (Wilhelm Willms). Wenn wir uns wandeln lassen, werden wir selbst zur Monstranz, zum kostbaren Gefäß der Gegenwart Christi. Gedanke nicht nur, aber besonders für Kinder: Unsere körperliche Monstranz ist unser Herz. Gerade die Armen und Ausgegrenzten als „Lieblinge Gottes“ sind Monstranz der Liebe Gottes. „Was ihr einer meiner geringsten Schwestern, einem meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.“
Stefan Federbusch, Hofheim am Taunus