Jubilate / 4. Sonntag der Osterzeit (22.4.18)

Jubilate / 4. Sonntag der Osterzeit

ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
2 Kor 4, 16-18 Apg 4, 8-12 1 Joh 3, 1-2 Joh 10, 11-18

Innere Erneuerung und Motivation aus der Zukunft helfen im Kampf um Nachhaltigkeit

2 Kor 4, 16-18

Im Einsatz um nachhaltige Entwicklungen haben Christen zwei Standortvorteile: a) Sie werden täglich innerlich nachhaltig erneuert und b) lassen sich dabei motivieren von der Zukunft her.

a) „Unser innerer Mensch wird Tag für Tag erneuert“. Das Prinzip der Erneuerbarkeit ist hier in der christlichen Anthropologie im innersten Kern verankert. Wir erneuern uns tagtäglich. Wir erneuern uns, indem Gott uns täglich neu macht und Kraft schenkt. Wofür brauchen wir diese Kraft? Damit wir nicht verzweifeln angesichts der langsamen und mühsamen Fortschritte in der weltweiten Umweltpolitik. Damit wir die Flinte nicht ins Korn werfen, wenn der amerikanische Präsident nicht „Nachhaltigkeit first“, sondern „Americafirst“ in die Welt hinaus posaunt.

Die Erneuerung beginnt tief in uns. Sie ist uns geschenkt. Damit wir in der Gegenwart dran bleiben und weiterarbeiten an den lokalen, nationalen und internationalen Nachhaltigkeitsfragen. Gott erneuert uns geduldig und täglich. So können wir dann täglich hinstehen und argumentieren, forschen, hinweisen, Rückschläge einstecken und neu beginnen dort, wo es uns braucht.

b) „Wir schauen nicht auf das Sichtbare, sondern das Unsichtbare. Das Sichtbare gehört dem Augenblick, das Unsichtbare ist ewig“. Christen und Christen lassen sich vom Unsichtbaren motivieren und in Bewegung setzen. Sie lassen sich vom Sichtbaren nicht (zu) fest deprimieren. Ihre Quelle ist die Zukunft, aus der Gott uns entgegenkommt. Jetzt sehen wir nur mittels eines Spiegels, in unsichtbarer Gestalt. Die Fortschritte in der Umweltpolitik sind kaum feststellbar. Das macht uns aber nicht lahm. Denn was uns von der Zukunft erzählt wird, ist reine, pure Nachhaltigkeit: Menschen untereinander in Frieden in gerechter Zusammenarbeit. Eine Wirtschaft, die nicht auf Kosten der Tiere und der Umwelt paradiesische Zustände annimmt. Träumen wir dabei? Ja klar! Wer auf das Unsichtbare setzt, setzt auf Visionen. Wenn wir diese Visionen von Gott her geschenkt bekommen haben, gehen wir deshalb nicht zum Arzt, wie es ein verstorbener Alt-Bundeskanzler so nonchalentausdrückte. Im Gegenteil: Innerlich täglich erneuert bleiben wir an den Visionen dran, die uns unser Arzt und Heiland, Jesus himself, geschenkt hat. Die Ewigkeit nährt und motiviert uns. Sie besteht in einer „unendlichen Fülle“. Sie ist also nicht wie Ölquellen erschöpfbar. Sie fliesst von der Zukunft und dem Himmel herab in unsere Herzen. Sie macht, dass wir die jetzige Welt und ihre Menschen in einem versöhnlichen Licht sehen. Innere, tägliche Erneuerung und Motivationsschübe in Überfülle von aussen, oben und der Zukunft her machen, dass wir leicht werden und mit kleinen Fortschritten zufrieden sind, Rückschritte in Kauf nehmen und mit den Menschen pragmatisch und ruhig unterwegs sind in Richtung Zukunft. Dies auch dann,wenn diese Menschen zwiespältige, ambivalente, sündige Menschen sind. Gott selbst erneuert uns täglich für diesen ruhigen, nachhaltigen Weg. Und: Wir dürfen darauf vertrauen, dass andere den Weg weitergehen werden wir. Wir müssen hienieden nicht alleine die Nachhaltigkeit verwirklichen. In Anbetracht der Zukunft und der Ewigkeit, kommen noch viele nach uns, die dann genauso erneuert werden in ihren Frustrationen und sich wiederum beschenken lassen vom Himmel und der Ewigkeit.

Apg 4, 8-12

Zwei Dinge, die sich widersprechen, helfen uns Christinnen und Christen im Einsatz für die Nachhaltigkeit. 1) „Durch niemand anderes gibt es Hilfe (als durch Jesus)“ ( Apg 4, 12. 2) Wir dürfen unseren Kopf gebrauchen und mit allen Menschen guten Willens, mit Hilfe von Wissenschaft, Technik und sogar Wirtschaft unterwegs sein, damit wir den Energieverbrauch senken, neue Technologien finden und sogar Geld dabei verdienen.

1) Dass es nur einen Helfer gibt, schützt uns vor Überlastung. Nicht wir müssen ganz alleine die Welt retten. Das Wesentliche macht einer allein. Das schützt vor Überheblichkeit, Besserwissertum und Bitterkeit.
2) Spätestens seit der Aufklärung wissen wir aber auch, dass die Vernunft nicht nur eine Hure ist, sondern ein Mittel, um langsam und geduldig mit allen Menschen guten Willens nach nachhaltigen Lösungen zu suchen. Dass dabei alle gewinnen,verteufeln wir nun nicht mehr.

1 Joh 3, 1-2

Wir sind Heilige. Wir müssen nichts mehr tun, damit wir es auch werden. Deshalb trachten wir nicht nach einem Heiligenschein, indem wir nachhaltig handeln und investieren, so als ob es uns darum ginge, bei anderen Menschen gut dazustehen. Wir müssen nie mehr Moralapostel sein, damit wir besser dastehen als andere. Als schon jetzt Heilige und Kinder Gottes können wir uns menschlich, geduldig, nachsichtig einsetzen in kleinen Schritten mit den Menschen, wie sie halt sind: zweideutig, oft heuchlerisch, dann wieder mutig, gleich danach gleichgültig. Als Heilige verdammen und verurteilen wir die Mitmenschen und die noch lange nicht nachhaltige Welt nicht. Wir sind getrost: In Zukunft, wenn es sichtbar wird, werden wir Gott gleichen. Das ist immer brandgefährlich! Es genügt zu wissen, dass auch wir nicht wissen, was wir einst sein werden und wie unser Verhalten und unser konsequenter Einsatz für nachhaltige Entwicklungen beurteilt wird. Das ist aber egal. Denn eins wissen wir: Kinder und Heilige sind wir schon jetzt. Also sind wir geduldig und beharrlich wie Kinder im Spiel und jagen unserem Ziel der Nachhaltigkeit trotzt allen Rückschlägen nach.

Joh 10, 11-18

Das Bild des guten Hirten ist DAS Bild der Nachhaltigkeit. Der Predigende kann ruhig eine alte Predigt über den guten Hirten hervorklauben. Ich bin sicher: Er wird genügend Anhaltspunkte finden für den guten Hirten als denjenigen, der sich Sorgen und Gedanken macht um die Nachhaltigkeit seiner Herde. Man kann praktisch alle Aspekte des Hirten, der sich um seine Schafe sorgt, direkt auf die Nachhaltigkeitsdebatte übertragen: Die Sorge um das Wohlergehen der anvertrauten Schöpfung. Der Blick für die gesamte Herde: dass es zukünftige Schafe gibt. Dass es dafür Weideplätze gibt, auch in Zukunft. Dann aber auch die Liebe zu den einzelnen „Schafen“, auch wenn sich diese manchmal unmöglich und doof benehmen. Das Vertrauen darauf, dass es Sinn macht, die Wanderschaft sich lohnt und der Weg auch das Ziel sein kann. Einen Aspekt im Text, der hier heraussticht, möchte ich für die Nachhaltigkeitsdebatte noch unterstreichen: „Ich habe noch andere Schafe, die nicht vom Hof stammen“. Der gute Hirte spricht also nicht nur für schon Nachhaltigkeitsbekehrte. Er handelt und spricht so, dass auch Fremde, Nachhaltigkeitssünderinnen und Umweltfrevler nicht ausgestossen und verteufelt werden. Dies soll uns Predigenden als hermeneutischer Leitfaden im Ton und Inhalt von jeder Predigt bewusst vor Augen stehen.

Andreas Peter, Zürich