Judika / 5. Fastensonntag (06.04.14)

Judika / 5. Fastensonntag

 

ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
Hebr 13, 12-14 Ez 37, 12b-14 Röm 8, 8-11 Joh 11, 1-45

 

Hebr 13,12-14


Dass wir hier keine bleibende Stadt haben, könnte zu dem Gedanken verleiten, dass das Hiesige, das Jetzige, „die Stadt“ nicht wichtig sei.
Dann kann man auch die letzten Ressourcen der Erde aus dem Boden holen und koste, was es wolle, weiteres CO2 und andere klimaschĂ€digenden Gase in die Umwelt entlassen. Dann lebt man auf Kosten der Erde, als „hĂ€tte man eine zweite im Kofferraum“, wie es in den 80er Jahren schon so prĂ€gnant gedeutet wurde.

Aber so ist der Text nicht gemeint! Man soll an dem Heisigen nicht hĂ€ngen, als sei es das einzige, was uns möglich ist. Der Blick auf das â€žnur hier“ soll geöffnet werden auf das, was kommt. Deshalb auch die ErwĂ€hnung von Jesu Leiden draußen vor dem Tor.
Es ist eine fragile Welt, es ist ein gefĂ€hrdetes Lebens, das wir haben. Die ersehnte und gewĂŒnschte StabilitĂ€t und Sicherheit gibt es nicht. Das erfahren wir oft genug und wollen es doch nicht glauben. 
Die gehetzten, mobilen Menschen von heute, die zwischen SĂŒdafrika und Berlin, zwischen Darmstadt und Moskau unterwegs sind, brauchen das „bleiben“. Die brauchen – wie alle - Beheimatung und BestĂ€ndiges. Das ist wichtig. Wir haben nur dieses eine irdische Leben – und das ist wertvoll. Es ist auch wertvoll zu halten fĂŒr die, die mit uns auf dieser Erde leben und fĂŒr die, die nach uns kommen.

Im Grunde ist die Ambivalenz des Textes zwischen dem „Hier“ und dem „Dann“ das reizvolle. Der Rest des Predigttextes kann dann auch fremd bleiben.

Ezechiel 37, 12b-14


Befreiung aus dem Grab, aus dem Tod ist das große Thema dieses Textes. Befreiung aus Angst, Not, Tod ist das große Thema des christlichen Glaubens.
Doch dann kommt noch die „Beseelung“ dazu. Im HebrĂ€ischen gibt es zwei verschiedene Begriffe, die diesbezĂŒglich verwendet werden.
An diesem Text reizt mich nun besonders der „Odem“: Denn er verbindet alles Geschaffene miteinander. Am Anfang ist es nur der Mensch, der den Odem Gottes bekommt, spĂ€ter sind es die Tiere und im 19. Jahrhundert war Gott direkt in der Natur zu spĂŒren und zu finden.

Abgesehen davon, dass Naturwissenschaftler heute eine erstaundliche Verbundenheit zwischen allem, was lebt, auf zellulĂ€rer Ebene feststellen, wird langsam deutlich, dass wir durch unsere – rein auf nördlichwestlichen Profit eingestellte – Lebensart unsere eigene Zukunft gefĂ€hrden. Der Odem Gottes (Prediger 3) ist in Menschen wie in Tieren. Nicht haben wir ihnen voraus, außer der Macht und der FĂ€higkeit sie zu unterdrĂŒcken, auszurotten und unserem Belieben auszusetzen. WĂŒrde die Befreiung, die Gott schenkt, uns dazu bringen, IHN zu erkennen und anders mit der Erde und unserer Mitwelt umzugehen? Wir Menschen verstehen vieles, was an physikalischen Prozessen in und mit der Erde geschieht, bis heute nicht.
Im Zusammenhang mit dem Extremhochwasser an mehreren großen und kleinen FlĂŒssen vom Juni 2013 hat das Potsdamer Institut fĂŒr Klimafolgenforschung vom Jetstream in oberen Luftschichten geschrieben, die Einfluss auf die Wetterlagen haben können. Man steht ganz am Anfang von neuen Erkenntnissen!

Manche sagen, dass der Welt nur der Glaube fehlt. Wenn alle glauben wĂŒrden, dass sie Gott (wie immer man ihn nennen mag) verantwortlich sind, dann wĂ€re der Uzmgang miteinander und mit der Mitwelt anders. Meinen Sie das auch?
Glauben gibt es rund um die Erde. Ob es ein kirchlich verfasster oder Jahrhunderte alter oder schrĂ€ger Sonderglaube ist – wo ist ein Land, in dem auf „bessere“ Weise gelebt und gehandelt wird? Ich bezweifle nicht, dass es weit aus achtsamere Menschen und Kulturen gibt, als unsere
westeuropĂ€ische. Aber sind vielleicht so kleine LĂ€nder wie der Staat Bhutan HoffnungstrĂ€ger fĂŒr unsere Zukunft?

Kann es uns theologisch eine Hilfe sein, uns Menschen in die Riege des Geschaffenen einzufinden, statt uns als Krone (mit allen denkbaren „Rechten“) zu sehen? Hilft es uns zu wissen, dass wir mit der Erde und allen Prozessen, die darauf stattfinden in Verbindung stehen oder ist unsere Entfremung von natĂŒrlichen Prozessen inzwischen in unserem Land zu groß? Der Odem Gottes ist in uns – das kann eine neu verbindende Zusage sein, um auf einer religiösen Grundlage mit anderen Menschen und der Mitwelt zu interagieren.
Das wÀre mindestens eine Hoffnung.

Römer 8, 8-11

Ach ja, Paulus, möchte man sagen. Der paulinische Dualismus, schwarz-weiß, fleischlich-geistlich, gut – schlecht. So einfach ist das Leben nicht. Vielleicht könnte die Predigt ĂŒber diesen Text einfach die KomplexitĂ€t des Lebens neben aller Sehnsucht nach schwarz – weiß und Einfachheit darstellen. 

Die Äußerlichkeiten, die wir sehen, sind nicht alles. Wir mĂŒssen mehr sehen, als nur das, was unmittelbar vor Augen ist. Einen konkreteren Bezug zu Nachhaltigkeit sehe ich nicht.

 

Kerstin Höpner-Miech