Judika / 5. Fastensonntag
ev. Predigttext | kath. 1. Lesung | kath. 2. Lesung | kath. Evangelium |
4 Mose 21, 4-9 | Jer 31, 31-34 | Hebr 5, 7-9 | Joh 12, 20-33 |
Nachhaltigkeits- und Kirchenjahresbezug
Gottes Versprechen/Bund bleibt bestehen. SeineZusagen sind nachhaltig. Die Antiphon, Ps 43,1fokussiertauf die Verheißungen von „Recht und Gerechtigkeit“ im Erfahrungshorizont des Leidens an/in der Gesellschaft. Das „Böse“ behält nicht das letzte Wort.
Die Passionszeit bewusst erleben, ob in „7-Wochen ohne“, „Ökumenische Alltagsexerzitien“ oder anderen Formen bedeutet auch dem Nachhall von Leidenserfahrungen jesuanischer und persönlicher Natur Raum geben. Kreuzerfahrungen, gehalten vom Glauben an die Auferstehung (auch ganz diesseitig je neu ins Leben) fruchtbar werden lassen: „Per aspera ad astra.“ Ein Neuanfang ist immer möglich. Nach dem Confiteor folgt diese Zusage stets hörbar.
Numeri 21,4-9
Auf dem Weg sein – Israel in der Wüste –ein Volk in Not, auf der Fluchtin ein verheißenes Land, in dem ihm Gerechtigkeit verheißen wird. Aktueller kann ein Predigttext kaum sein. Zugleich gibt es auch noch die einen oder anderen Zuhörer, die als Kinder oder Kinder der Kriegskinder Erinnerungen an Flucht und Vertreibung haben.
Wovor fliehen die Anderen? Wovor flieht unsere Gesellschaft? In welcher Wüste fühlen wir uns gefangen, welcher Wüstenei ausgeliefert? Nachhaltig ist die Erfahrung der jüngeren Generationen, im und für das System funktionieren zu müssen. Höher, schneller, weiter, reicher, abgesicherter durch entsprechenden Scheine (Zertifikate) der Bildungsvorgaben. Begriffe wie Selbstmanagement, Burn Out, Achtsamkeit, Bildungs- und Armutsschere oder auch Diskussionen um Resilienz und Salutogenese verweisen auf unsere Wüstennöte. Wie den Israeliten geht dann so manchen die Puste aus/der Mut verloren. Stetig steigende Zahlen zu Psychischen Erkrankungen und Suiziden zeugen davon.
Auch das ist „Nachhaltigkeit“. Das Volk murrt, lehnt sich auf: „Früher war Alles besser.“ „Lieber den Spatz in der Hand, als den Vogel auf dem Dach.“ – auch Sprichwörter sind nachhaltig in uns verankerter Ausdruck von Lebensgefühlen. „Wenn´s kommt, kommt´s Dicke.“Zweifel und Auflehnung nagen, beißen wie Giftschlangen, vergiften. „Woher kommt mir Hilfe.“ Was hält mich? Wo ist nach-haltiger Halt? „Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen“ oder in diesem Text zur „Schlange“. Gegengift, was krank macht kann auch gesund machen (in homöopathischer Dosierung). Impfungen sind nachhaltig. Was Körper, Geist und Seele kennen, damit haben wir umgehen gelernt, wenn das Lernen nachhaltig war. Das Symbol der „Schlange“ ist den Israeliten aus Ägypten vertraut. Nehuschtan ist Feind und Schutzmacht zugleich. Es steht sowohl für Tod, Zerstörung und Sterben, als auch für häutende Regeneration, abschütteln des Alten, das neue Fruchtbarkeit hervorbringt und Weisheit. Auferstehung, wie der Phönix aus der Asche. Uräus hält das Gleichgewicht der Schöpfung, den Kreislauf steter Erneuerung des Seins. JHW ist das Sein an sich. Der rettende Blick auf die Schlange, die Fixierung auf das Kreuz führt zurück aus der Verwirrtheit durch den Diabolos, gibt Rast zur selbsterkennenden Wahrnehmung und der Verheißung: Ich bin bei dir/euch, alle Tage….– ich rücke dich zurecht, damit dir Gerechtigkeit widerfährt.
Jeremia 31,31-34
Der heilende Bund der Vergangenheit, als ich Gott, die Eltern an die Hand nahm und aus Ägypten führte (s.o.) wirkt auch in der Gegenwart nach und wird in der Zukunft noch in tieferer Dimension gelten und ganz in den Menschen hineinwirken, so verlässlich, so nachhaltig sind die göttlichen Zusagen, Generation für Generation. Kein! neuer Bund wird es sein. Die Weisungen werden weiter gelten. Doch sie werden vom Äußeren ins Innere wandern. Auswendig lernen ist gut, inwendig sie im Innersten geschenkt bekommen wird noch besser, ja leichter sein. Vergehen verzeihen und an Unrechtstaten nicht mehr denken, drüber soll innere Gewissheit herrschen und Nichts anderes soll in euch herrschen. Ihr seid mein Volk und ich bin euer Gott. Wir werden mehr und mehr Eins werden. Das ist fast schon Mystik, voller Hoffnung und positiver symbiotischer Liebe. Das Heil wird tief im Menschen verankert sein. Menschen hatten wohl immer schon, wie viele auch heute, Sehnsucht nach diesem innigen Gefühl des Aufgehoben- und Geborgenseins. In unserer Zeit, derschwierigen Orientierung in einer weltweiten Vernetzung und medialen Beeinflussung, ja Unklarheit über „falsche“ und „geprüfte“ (durch wen?) Realitäten, ist die erfahrbare Wirklichkeit, die Wirkmacht Gottes in im Menschen selbst in eine neue Phase der Wichtigkeit eingetreten. Nachhaltigkeit bedeutet auch das göttlichen Zuspruchs sich anpasst an die sich verändernde Gegenwart (vgl. Hebr).
Hebräer 5,7-9
Durch Leiden Gehorsam lernen. Mehr noch, als die anderen Texte dieses Sonntags treibt dieser Text das Thema auf die Spitze. Und das soll Recht und Gerechtigkeit sein!? Sich dem Göttlichen leiden-schaft anvertrauen. Leidenschaft ist was Leiden schafft. Wer kennt das nicht?! Liebe und Leidenschaft gehören zusammen. Ob es die Liebe zu einem Menschen, zur Natur und Mitwelt, Gerechtigkeit oder eben auch zu Gott ist. Der Einsatz für eine Sache macht an-greifbar und damit verletzlich. Cybermobbing und Internetaufrufe, bis hin zu Vogelfreierklärungen, machen das so deutlich wie nie zuvor und sind so nachhaltig wie nie zuvor. Doch wer den Mut hat zu seinen Idealen zu stehen erntet auch weltweite Likes und Unterstützung. Manchmal führt das auch zu positiv überraschenden Entwicklungen - nicht nur bei Flashmobs. Was könnte das für den Leidensweg Jesu, bis hin zur Kreuzigung, heute bedeuteten. Da werden Menschen vor der Todesstrafe bewahrt, weil Viele in der Welt sich bewegen lassen und dagegen aufbegehren, für Recht und Gerechtigkeit einsetzen, weil es ihnen ins Innerste geschrieben ist (s.o.). Religionsübergreifend stehen Menschen für ein besseres Miteinander ein. Muslime schalten Internetvideos gegen den Missbrauch ihrer Religion durch (strukturelle) Gewalt. Leiden-schaft wird sichtbar. Mit-leid-en erhält eine heftig erweiterte Dimension. „Obwohl! Er der Sohn war, lernte er aus dem was er erlitt, Gehorsam“ (Bibel in gerechter Sprache) durch die „Ehrfurcht vor Gott“, die „Ehrfurcht vor dem Leben“ (A.Schweitzer). Der Urheber der Rettung ist einer der sich der Anpassung und dem Druck des Umfeldes versagte, sein Leben, wie er es kannte, residierte und zu neuem Leben erwachte. Hingabe ist sehr verändernd und dennoch oder gerade deswegen, nachhaltig und rettend für Viele.
Johannes 12,20-23
Der Hero ist nicht zu besichtigen. Auch ist es jetzt nicht dran weiter zu diskutieren. Den Worten und Taten wird eine letzte Tat der Hingabe, ein letztes Los-Lassen folgen.Waren die griechisch sprechenden Menschen nur Touristen, waren sie wirklich an der Botschaft Jesu interessiert oder nur sensationshungrig? Auch das hat ja etwas von Nachhaltigkeit. Wir werden das kaum ergründen können. Doch auch für dieses Anliegen gilt, wie für die Verkündigung des Evangeliums: Einer sagt es dem Anderen. An Philippus wird es herangetragen. Er sagt es Andreas. Gemeinsam sagen sie es weiter und befragen Jesus dazu. So soll es sein und bleiben: „Was würde Jesus dazu sagen?“Gemeinsam geht es besser und ist Jesu Antwort vielleicht auch leichter zu ertragen und zu vermitteln. Manchmal ist es schwer zu ertragen, Leiden, wenn Dinge/Wünsche/Sehnsüchte nicht erfüllt werden (können) und statt dessen sogar das hilflose zuschauen beim Leiden eben gerader dieser Sehnsucht alles zum Scheitern zu verurteilen scheint. „Per aspera ad astra.“ Der göttliche Glanz des erwählten Menschen, der seiner Bestimmung folgt ist schwer zu ertragen. Die „cawod“ wiegt schwer, ist wie ein Brennen(der Dornbusch), wie ein Auszug aus dem Land in dem es ebensolch eigentlich wenigstens halbwegs erträglich war (s.o.). Das „Dennoch“ des Glaubens will mehr. Über den Einzelnen hinaus Recht und Gerechtigkeit für Viele. Dafür muss gelitten werden. Umsonst ist der Tod. Auferstehung braucht mehr. Wenn du ein Schiff bauen willst, das zu einem neuen, besseren Leben führen soll, lehre dem/die Menschen die Sehnsucht nach dem Meer/Mehr. Nachhaltig ist, was der Sehnsucht nach neuem Leben, nach Auferstehung – auch oder besonders, im Hier und Jetzt – dient: Liebe, die loslassen kann, was überholt ist und an den Werten festhält die nachhaltig sind – Judika!
Silvia Knoll, Rödelsee