Kantate / 5. Sonntag der Osterzeit (28.4.13)

Kantate

 

ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
Jes 12, 1-6 Apg 14, 21b-27 Offb 21, 1-5a Joh 13, 31-33a.34-35

 

Die Autorin bearbeitet alle Texte und versucht die Texte dem Sonntag Kantate durch Stichworte zuzuordnen:
Jesaja: Singt von Gott als der Quelle des Lebens / Apostelgeschichte: Singt von der Freundlichkeit Gottes / Offenbarung: Singt von der weinenden Erde und dem befreienden Himmel / Johannes-Evangelium: Singt vom "Glanz Gottes" im Verzicht auf Herrschaft.

Stellung im Kirchenjahr

Kantate! Singet! Singt von der Nachhaltigkeit Gottes!
Gott loben mit Singen und Musizieren – und predigen von der Ursache unseres Jubels, nämlich Gottes nachhaltiges Wirken mitten in unserer Zeit, mitten in unserem Leben, mitten in seiner/ihrer Schöpfung.

 

Jesaja 12, 1-6:

Exegetische Hinweise:
Die Propheten des 8. Jh. geben dem Glauben die geschichtliche und politische Dimension zurück, in der sich JHWH immer schon offenbart hat. Die Beziehung des alten Israel zu JHWH war zerrüttet. Es hatte kein Vertrauen mehr und missachtete daher die Weisungen JHWHs. Das mächtige Assur wird von JHWH „benutzt", die Strafe dafür zu vollziehen. Als Assur den Auftrag überschreitet, nur zu züchtigen, nicht zu vernichten (Kap. 10), verkündet Jesaja mitten im Unheil bereits das neue Heilshandeln Gottes an Israel.
Wenn JHWHs nachhaltiges Heilshandeln geschieht (Kap. 11), wird Israel danken und jubeln und an jenem Tag sagen: „Ich danke dir, Gott." (12,1). Dann „werdet ihr Wasser schöpfen aus den Quellen der Rettung" (V.2). „Singt Gott,... jauchze und juble, denn groß in deiner Mitte ist Gott." (V. 5.6)

Predigtimpulse:
Wie Jesaja Gottes neue Zuwendung verkündigen, wenn so vieles den Bach runter zu gehen scheint, das soll auch an Kantate unser Auftrag sein. Aktuelle Beispiele zu drohendem Unheil werden uns täglich per Zeitung am Küchentisch und auf dem Bildschirm im Wohnzimmer serviert. Die Frage ist: Wie steht es mit unserem Vertrauen auf Gott? Wo und wie finden wir Quellen der Rettung, aus denen wir Wasser des Lebens, der Zukunft, der Hoffnung schöpfen können?

Bezug zur Nachhaltigkeit:
Die Quelle, das Wasser, könnte das „Bild" sein: Wasser ist lebendig, eine Quelle sprudelt, murmelt, singt. Für Quelle und Brunnen gibt es in der Bibel das gleiche griechische Wort „pege".
Assoziationen: Wir schöpfen nicht mehr direkt aus Quellen, wissen aber, dass Wasser ein Über-lebensmittel für die ganze Schöpfung ist. Einen Bach aufwärts wandern bis zur Quelle. Wassermangel führt zu Armut, Hungerkatastrophen und Überlebenskriegen. Wasser schöpfen ist nicht reines Vergnügen, sondern Arbeit. Viel hängt von unserem Verhalten ab, ob frisches Wasser da ist für alle und alles, im konkreten wie im übertragenen Sinn.
Fazit: Auch wenn wir meinen, diese Welt und unsere Zeit sei gottverlassen in ihren Problemen, den gesellschaftlichen, politischen und persönlichen, Gott ist „Quelle der Rettung" und versiegt nicht. Aus diesem Vertrauen zu leben lässt uns singen, z.B. „Da wohnt ein Sehnen tief in uns, o Gott... sei da, sei uns nahe, Gott!" (WortLaute – Liederbuch Nr. 85, 31. DEKT Köln).

Literatur zu „Quelle": Elisabeth Moltmann-Wendel Hrsg., Erde – Quelle – Baum, Lebenssymbole in Märchen, Bibel und Kunst, Kreuz-Verlag

 

Apg. 14, 21b – 27:

Exegetische Hinweise:
In Kürze wird die letzte Etappe der Missionsreise des Paulus, teils mit Barnabas, zurück nach Antiochien beschrieben. Paulus will so viele Menschen wie möglich erreichen. Sehr bald entlässt er die neuen (Haus-)Gemeinden in die eigene Verantwortung. Stärken, ermuntern, ermahnen im Glauben zu bleiben – so wird die Arbeit des Paulus umschrieben. Die Berichterstattung vor der Gemeinde in Antiochien wird zum Zeugnis davon, wie „Gott den Völkern die Tür zum Glauben öffnet" (V.27).

Predigtimpulse:
Die Predigt könnte die Freude darüber entfalten, dass wir Gemeinde sind, die „der Freundlichkeit Gottes anvertraut ist". Wer vom eigenen Glauben redet, muss mit Widerständen rechnen. Wer heute versucht nach dem Evangelium zu leben, lebt widerständig, eckt an, wird überhört. Auf Gottes Freundlichkeit zu vertrauen stärkt und ermutigt, und solches Vertrauen kann ansteckend wirken.

Bezug zur Nachhaltigkeit:
Wir vertrauen auf Gottes nachhaltige Freundlichkeit. Diese gilt nicht nur den Menschen, sondern der
ganzen Schöpfung. Türen öffnen sich, auch in unseren Kirchen, nicht ohne weiteres, wenn wir z.B. mit
der Botschaft des Evangeliums für ein nachhaltiges Umweltverhalten eintreten und entsprechendes
politisches Handel fordern. Wir sind als Gemeinde in die eigene Verantwortung vor Gott „entlassen".

 

Offenbarung 21, 1 – 5a:

Exegetische Hinweise:
Die Vision der neuen Welt Gottes steht der „Paradies-Geschichte" vom Anfang der Schöpfung gegenüber. Alles was dieser Johannes auf Patmos niederschreibt, stammt aus einer „Jail-house-perspective" (Schüssler Fiorenza), d.h. einer für Gewalt und Unrecht geschärften Wahrnehmung. Die beiden letzten Kapitel 21 und 22 bilden den Höhepunkt der Visionen.
Die Apokalypse des Johannes „halte ich nicht für Trostliteratur frommer Art, sondern vielmehr für eine komplexe Befreiungstheologie, da sie die Situation der Adressat_innen genau analysiert und benennt (oft mit mythischen Bildern und Namen) und von den Leidenserfahrungen der Menschen ausgeht. Für die apokalyptische Eschatologie ist die Gegenwart die Entscheidungssituation, in der es an uns liegt, ob das Reich Gottes anbricht oder weiter hinausgezögert wird."

Predigtimpulse:
In der Predigt möchte ich von unserer Sehnsucht auf das Reich Gottes reden und davon, dass Gott „auf unsere Mitarbeit dabei angewiesen" ist, heute, d.h. in diesem Leben zwischen den Visionen vom Paradies und vom Reich Gottes. An Kantate singen wir von Gottes nachhaltiger Gerechtigkeit, die unsere Wahrnehmung für Unrecht schärft. Auch unser Leben in und mit Gottes Schöpfung fordert zu mehr Gerechtigkeit heraus.
Literatur: Zitate und Weiteres nachzulesen in Feministische Bibelauslegung, 2. Auflage, S. 725-734.

Bezug zur Nachhaltigkeit:
„Als gott himmel und erde geshaffen hat /waren ihm beide gleich lieb/ während die himmel sangen/ und gottes ehre zu rühmen wußten / weinte die erde.....hast du die erde weinen hören.....drei gründe gab die erde an für ihr weinen.....hast du gott trösten sehen / anders als durch dich oder mich / hast du mit der erde gesungen / hast du von ihr singen gelernt / hast du gott trösten sehen / bist du ein trost für die erde gewesen"

(Auszug aus: Eine geschichte aus dem talmud und fragen für uns, Dorothee Sölle, Erinnert euch an den Regenbogen, S. 16, Herder, und: Sölle, spiel doch vom brot und rosen, Kleinmachnow, S. 114).

 

Joh. 13, 31-32.34.35:

Exegetische Hinweise:
„Das Johannes-Evangelium handelt... davon, wie sich in den johanneischen Gemeinden Frauen und Männer auf den Weg machten, um das Reich Gottes in ihren Beziehungen, in ihrem Alltag, in ihren Gruppenstrukturen und in ihrer politischen Praxis aufzubauen."
Die Perikope gehört in den Zusammenhang der Abschiedsreden Jesu (Joh. 13-17). Sie schließt direkt an die Fußwaschung und die Bezeichnung des Verräters an. V. 30 Judas ging hinaus „und es war Nacht" bildet den Kontrast zu V. 31 „der Glanz Gottes strahlt auf" (nach BigS). Das neue Gebot der Liebe hat Jesus mit der Fußwaschung beispielhaft werden lassen (V. 15). Es ist ein Skandal, dass ein freier jüdischer Mann, ein Rabbi, seinen Schülern und Schülerinnen die Füße wäscht. Jesus macht deutlich, dass seine Macht von Gott kommt, er aber auf Herrschaft verzichtet. SO soll seine Nach-folgegemeinschaft auch leben.

Literatur: Zitat und Weiteres nachzulesen in Feministische Bibelauslegung, 2. Auflage, S. 527ff.
Anmerkung: BigS = Bibel in gerechter Sprache

Predigtimpulse:
An Kantate singen wir davon „wie der Glanz Gottes" aufstrahlt durch den, der das neue Gebot der Liebe in seiner Abschiedsrede als Vermächtnis hinterlässt. Liebe ist nicht dieses „seid nett zueinander" oder eine mehr oder weniger distanzierte Toleranz. Die von Jesus gemeinte Liebe ist eine Lebensaufgabe. Sie basiert auf konkretem Tun, auf politischem Handeln z.B. eintreten für eine demokratische Gesellschaft gegen Rechts. Sie reicht auch über die Menschheit hinaus auf alles Geschaffene.

Bezug zur Nachhaltigkeit:
Verzicht auf Herrschaft, auf Machtausübung über Andere/s, auch über die Schöpfung, könnte ein Beispiel sein wie das „Gebot der Liebe" alles Lebendige umfasst.

Eine Geschichte aus dem Talmud
und Fragen für uns

Als gott himmel und erde geschaffen hat
waren ihm beide gleich lieb
während die himmel sangen
und gottes ehre zu rühmen wußten
weinte die erde
hast du die erde weinen hören
hast du die toten fische vergessen
war dir der alte baum im weg
sind dir die vögel ausgeblieben
hast du die erde weinen hören
drei gründe gab die erde an für ihr weinen
mich sagte sie hältst du fern von dir
während die himmel in deiner nähe sind
und sich am glanz deiner herrlichkeit freuen
bist du die erde trösten gekommen
als ihr gewalt angetan wurde
hast du mitgegrölt und die beute berechnet
hast du gesehen
wie schön ihr altes gesicht voller schrunden ist
hast du allen gezeigt wie sie glänzt von der nähe gottes
bist du die erde trösten gekommen
meine speise sagte die erde
gabst du in der himmel hand
während die himmel von deinem tisch gespeist werden
hast du gehört wie die erde klagt
los werden die oberen herrn wer will das nicht
sitzen am tisch der reichlich für alle gedeckt ist
hast du vergessen daß sie alle satt machen kann
hast du gehört wie die erde gegen die herren klagte
was auf mir ist sagte die erde
ist dem tode geweht
der nicht in der himmel reich kommt
wie sollte ich sagte die erde da nicht weinen
hast du die erde sprechen hören
hast du die sprache der erde verstanden
hast du den lügen der himmlischen todreien gelauscht
hast du die trauer der erde geteilt
hast du die erde sprechen hören
nach den büchern hat gott die erde getröstet
doch versprach er ihr keine nähe
keine bessere speise und kein todfreies leben
es soll dir nicht bange sein erde
dereinst wirst auch du sagte er
unter den singenden sein
hast du gott trösten sehen
anders als durch dich oder mich
hast du mit der erde gesungen
hast du von ihr singen gelernt
hast du gott trösten sehen
bist du ein trost für die erde gewesen.

Dorothee Sölle, Erinnert euch an den Regenbogen, Herder spektrum, 2001, S. 16

Susanne Käser