Kantate / 5. Sonntag der Osterzeit
ev. Predigttext | kath. 1. Lesung | kath. 2. Lesung | kath. Evangelium |
Apg 16, 23-34 | Apg 9, 26-31 | 1 Joh 3, 18-24 | Joh 15, 1-8 |
Vorbemerkung zum Tag
An den Sonntagen nach Ostern wird die Osterfreude entfaltet. Im ev. Kirchenjahr steht der Sonntag unter dem Wort: „Singt dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder“ (Ps. 98,1). Die Erfahrung der Wunder Gottes führt zum Lob, das sich im Gesang überschwänglichen Ausdruck schafft (Wer singt betet doppelt).
Apg. 16,23-34
Das Evangelium zu bezeugen und weiterzusagen, führt gelegentlich in Konflikte. Die Apostel leben gefährlich. Heute müssen besonders Christen in muslimischen Ländern derartige Erfahrungen machen. Paulus und Silas sind in Philippi inhaftiert. Ausgang ungewiss. Im Gefängnis stimmen sie das Lob Gottes an – das heißt: sie singen. Im Unterschied zu den vielen Berichten, wo die Erfahrung des Wunders zum Loben und Singen führt, initiiert hier das Gotteslob das Wunder. Gesungenes Gotteslob sprengt Ketten. Das kennen wir doch: „Weshallovercome“ oder „Oh freedom“. Singen verändert Wirklichkeit. Das ist die Erfahrung glaubender Menschen durch die Jahrhunderte hindurch, selbst im Angesicht des Todes an den Gräbern. Christlicher Glaube als eine Widerstandsbewegung gegen die vielgestaltige Macht des Todes, gegen alles Lebensfeindliche. So kann dieser Text Mut machen, gegen moderne Fesseln in Gestalt sogenannter Sachzwänge und Alternativlosigkeiten anzugehen, nicht zu resignieren und den Mut des Glaubens dagegen zu setzen. Alle Indikatoren weisen darauf hin, dass die Konflikte sich auf unserer Erde zuspitzen werden. Die Erde wird unseren Lebensstil auf Dauer nicht verkraften. Sie befindet sich schon heute im „Schwitzkasten des Anthropozän“. So wie die Turbulenz in der Athmospäre zunimmt, werden auch die Turbulenzen im Zusammenleben der Ethnien und Kulturen zunehmen. Was heißt das für uns Christen? Wachsein, informiert beten, an den richtigen Stellen Ja und Nein sagen und nicht vergessen, Gott die Ehre zu geben. „Sie singen schon wieder“ – das war das Erkennungszeichen der Christen im römischen Reich. So schlecht es ihnen auch ergangen ist, so sehr sie auch verfolgt wurden, die Sache mit Jesus war nicht totzukriegen.
Johannes 15,1-8
In der Bildrede vom Weinstock und den Reben gebraucht Jesus ein Beispiel aus dem alltäglichen Leben, um deutlich zu machen, dass Jüngersein/Christsein ohne engste Verbindung zu ihm nicht möglich ist. Das hoheitliche “Ich bin“ drückt den Offenbarungscharakter aus. Jeder in Israel wusste, wie man einen Weinstock pflegt: Im Winter werden die dürren Zweige abgeschnitten, im Frühjahr die nutzlos wuchernden Triebe. Der Vater Jesu wird als der Gärtner eingeführt, der den Weinstock pflegt. So wie die Reben nur gedeihen können, wenn sie am Weinstock bleiben, so können auch die Jünger nur im Glauben wachsen und Frucht bringen, wenn sie bei Jesus bleiben. Darum fleht Jesus seine Jünger geradezu an, an ihm dranzubleiben.
Der gärtnerische Aspekt dieser Bildrede ist geprägt vom Gedanken der Nachhaltigkeit. Was für den Glauben gilt, gilt auch für die Gesellschaft, die Menschheit. Wenn wir uns von den Quellen des Lebens entfernen, sie geringschätzen, uns als Herren des Lebens aufspielen, droht dies auf uns zurück zu fallen. Die Quelle des Lebens liegt in Gott. Seine Missachtung geht einher mit Ignoranz in Bezug auf unsere Geschöpflichkeit. Umweltverbrauch, Verlust an Biodiversität, Klimawandel deuten darauf hin, dass wir uns auf Kollisionskurs befinden. Wir sägen an dem Ast, auf dem wir sitzen – schneiden uns selbst ab vom Weinstock des Lebens. Die Predigt sollte aber nicht in der horizontalen Ebene verharren. Im Bleiben an Christus liegt Verheißung – auch und gerade für unseren Umgang mit der Erde. Eine Fundgrube zu dieser Thematik ist die Enzyklika „Laudato si“ von Papst Franziskus.
Wolfram Hädicke, Köthen