Letzter Sonntag im Kirchenjahr / Christkönigssonntag
ev. Predigttext | kath. 1. Lesung | kath. 2. Lesung | kath. Evangelium |
(letzt. So. i. K.:) 2 Petr 3, (3-7) 8-13 (Totensonntag:) Hebr 4, 9-11 |
Ez 34, 11-12.15-17 | 1 Kor 15, 20-26.28 | Mt 25, 31-46 |
Dieser letzte Sonntag im Kirchenjahr besitzt viele Namen: Ewigkeitssonntag oder Totensonntag auf evangelischer Seite oder Christkönigsonntag auf katholischer Seite. In vielen Gemeinden wird dieser Gottesdienst als Kasualgottesdienst gefeiert, denn die Namen der in diesem Kirchenjahr Verstorbenen werden im Gottesdienst verlesen. In der Regel sind die Angehörigen wieder versammelt, um dem Verstorbenen oder der Verstorbenen zu gedenken. Man erinnert sich an die Menschen, die uns in die Ewigkeit vorausgegangen sind.
Eine Dimension kommt dabei besonders zur Sprache: Die Dimension der Zeit oder wenn man von der Nachhaltigkeit spricht, die Ressource Zeit, die jeder Mensch zur Verfügung hat .Dagegen steht die Ewigkeit, als Gottes Zeit, ohne Anfang und Ende und ohne Begrenztheit. Über diese ewige Zeit können wir nicht verfügen.
Wie gehen wir mit unserer Lebenszeit um? Heute werden Entscheidungen in einem Bruchteil von Sekunden getroffen, per Mouse Klick. In unserem Terminkalender finden sich kaum freie Zeiten: „Kaufet die Zeit aus“, ist zum Schlagwort geworden. In der Tat sind wir einer Informationsflut ausgesetzt, die uns erschlägt. Unsere Kinder werden mit Informationen verseucht, ohne sie wirklich nachvollziehen zu können, weil ihnen die Lebenserfahrung fehlt und damit ein Überblick über die Konsequenzen des eigenen Verhaltens. Wir versuchen in unserer Lebenszeit immer mehr hinzupacken und werden ganz atemlos und brennen aus. „ Wir haben keine Zeit, obwohl wir sie im Überfluss gewinnen.“[i][1]
Entschleunigung heißt das Schlagwort der Gegenbewegung. „Weniger ist mehr“, das gilt nicht nur für den Konsum, sondern auch für den Umgang mit der eigenen Lebenszeit. Vielleicht liegt im Verzicht auf den Anspruch alles machen zu können und zu müssen, das Heil oder das Glück des Menschen.
Wie gehen wir mit dieser Lebenszeit um, was ist uns wichtig angesichts der Begrenztheit dieser Ressource. Unsere Texte behandeln dieses Thema aus verschiedenen Perspektiven. Auf der einen Seite seelsorglich wie der Hebräerbrief, auf der anderen Seite der Paulusbrief, der die Dimension der Auferstehung Jesus Christi in unsere Zeit hinein holt, und einer der deutlichsten Texte der Bibel , der die Konsequenz menschlichen Verhaltens in seiner eigenen Sprache aufzeigt: das Weltgericht aus Matthäus 25 und in seiner Tradition der Petrusbrief und aus dem Alten Testament Ezechiel
Matthäus 25, 31-45, 2. Petrus 3, 8-13 und Ezechiel 34, 11-12.15-17
Mit dem Weltgericht oder den letzten Tagen der Erde können wir nicht mehr drohen. Die Paradoxie besteht darin, dass wir alle wissen, dass die Tage dieser Erde begrenzt sind auf der einen Seite, und da ein Weltuntergang während der eigenen Lebenszeit als nicht wahrscheinlich gilt, leben wir ganz im Hier und Jetzt und auf Kosten der zukünftigen Generationen und der Länder der sogenannten dritten Welt. Eher verhalten wir uns gemäß dem Sprichwort: Nach uns die Sintflut. Wir müssen in unser Leben viel hineinpacken, nur ist dies auch das Richtige?
Unsere Texte, über die es zu predigen gilt, sprechen eine andere Sprache. Die Gerechtigkeit wird eingefordert: Wie hat ihr euch in eurem Leben verhalten? Wenn der letzte Tag hereinbricht, der aber gleichzeitig Beginn des Reich Gottes ist, wo steht ihr da? Auf der guten Seite oder auf der Seite, derer die nur an sich gedacht haben.
Für den modernen Menschen können folgende Fragen gestellt werden, die zum Nachdenken anregen sollen:
„Wenn du dich so verhältst, was wirst du deinen Kindern sagen?“
„ Möchtest du mit dem Verhalten eines Tages auf der Titelseite einer großen Zeitung stehen oder im Internet?“
„ Was denken die anderen über dich?“
„ Was glaubst du wird man über dich sagen, wenn du gestorben bist?“
Kirche Kleinfischlingen: Das Weltgericht (Foto: We-Krü)
Hebräer 4, 9-11
Eine tiefe Sehnsucht ruht in unseren Inneren. Die Sehnsucht nach der Ruhe. Im Alltag können wir diese Ruhe nicht finden, nicht im Konsum oder in unserem Tun, sondern nur in der Stille, im Loslassen und in dem „Weniger ist mehr“. „Ewige Ruhe“ steht auf vielen der Grabsteine oder „Ruhe in Frieden.“ Als könnten wir nur ausruhen, wenn wir gestorben sind. Dabei steht ganz im Anfang der Bibel die Schöpfungsordnung. In diese Ordnung gehört der Ruhetag hinein. Einmal in der Woche alle Arbeit und Gott tatsächlich einen guten Schöpfer sein lassen, in dem wir diesen Tag heiligen mit dem Ausruhen. „Unser Herz ist unruhig, bis es ruht in dir“, sagt der Kirchenvater Augustin. Die himmlische Ruhe in den Alltag hineinnehmen und den Stimmen wehren, die die Ruhetage nur noch zu einem Happening für den Konsum machen wollen.
1. Korinther 15, 20-26.28
Der Tod ist aufgehoben. Die Begrenztheit menschlichen Lebens hat ein Ende in Jesus Christus gefunden. Wer meint, es geht nach dem Tod weiter wie bisher, wird eines anderen belehrt. Menschliches Denken und das Greifen nach Macht wird verwandelt. „Gott sei alles in allem“. Es wird alles ganz anders sein. Dürfen uns darauf freuen? Ich meine ja. Genau das wäre ein Ansporn über das eigene Leben nachzudenken. Endlich meine eigene Lebenszeit als Gottes Geschenk an mich zu begreifen.
[i] Hartmut Rosa, Beschleunigung, Die Veränderung der Zeitstrukturen in der Moderne, Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft, S.11