Neujahr / Hochfest der Gottesmutter
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Phil 4, 10-13 (14-20) | Num 6, 22-27 | Gal 4, 4-7 | Lk 2, 16-21 |
Alle vier Perikopen können auch unter dem Aspekt „Vergesst die Armen nicht!“ gelesen werden. Aktualisierende Hinweise finden sich dazu auch im Kasten „Was können wir?“ unten auf der Seite.
Phil 4, 10-13:
Paulus, der in Gefangenschaft geraten ist, bedankt sich ausdrücklich für die Gabe, die ihm die Gemeinde in Philippi zukommen ließ. Seine Brüder und Schwestern im Glauben stehen ihm nicht nur spirituell, sondern auch aktiv bei.
Die Perikope zeigt auch den heutigen Gemeinden die Perspektive auf, nicht auf der Ebene von Kult und Unterweisung zu verarmen, sondern auch ganz praktische Wege des Beistandes zu gehen. Im Handeln Solidarität zu üben, das dürfte jede Gemeinde mit Leben bereichern. So lässt sich fragen, ob und wo Menschen um ihres Glaubenswillens, ihres Eintretens für Freiheit, Frieden, Gerechtigkeit und für die Bewahrung der Schöpfung – ähnlich wie Paulus – verfolgt werden. Wer ist „Paulus“ heute?
Prakt. Wege des Beistands in den Gemeinden (Foto: Ackva)
Num 6, 22-27:
Im 4. Buch Mose wird Aron aufgefordert, „Gottes Namen auf die Israeliten zu legen“. Der Wunsch, den Namen auf ein Volk zu legen, bedeutet, das Volk möge sich in sein Hoheitsgebiet begeben und in seinem Sinne leben. Dabei zeigt sich eine Art Gegenseitigkeit: Unter seinem Namen würde das Volk eine segensreiche Zukunft erleben und Gott selbst würde sich an dem guten Ruf innerhalb seines Volkes freuen. Der HERR wird seinem Volk nicht die kalte Schulter zeigen, sondern ihm von Angesicht zu Angesicht und auf Augenhöhe begegnen und ihm Segen, Gnade und Heil erweisen (vgl. dazu auch Ps 23).
Zu Beginn eines Kalenderjahres rufen wir uns „Prosit Neujahr“ und „Alles Gute!“ zu. Auch der Segenstext ist ein Text voller Prophezeihung: Glück, Frieden, Gerechtigkeit, Achtsamkeit, Leben in Fülle, Liebe, Sicherheit, Geborgenheit, lebendigen Beziehungen... All dies soll nicht erst nach dem Tode eintreten, sondern im Hier und Heute beginnen und sich nicht als Strohfeuer entpuppen.
Vergegenwärtigen wir uns, dass gutes, nachhaltiges Handeln niemals nur „im eigenen Namen“ gelingen kann! Wer sich unter den „Namen Gottes“ stellt, der stellt sich zugleich auch unter den Namen des Nächsten neben ihm. So kann wahres und nachhaltiges Miteinander „von Angesicht zu Angesicht“ gelingen: Gott – Mensch – Mitmensch. So werden Für- und Miteinander zum Segen! Ja, Gottes Segen wird in den realen Lebensverhältnissen von Menschen Gestalt annehmen und nicht nur mit der Lupe zu entdecken sein.
Gal 4, 4-7:
Der Zusammenhang, in dem diese Perikope steht, ist das große Thema des Apostels Paulus, die „Freiheit des Christenmenschen“ (4,8-6,10). Die Freiheit, die Paulus meint, ist – jenseits aller realen Entfremdung – eine Freiheit, die sich in der Kindschaft zu Gott gründet. Ein Kind Gottes muss nicht buckeln! Es will, darf und soll sogar eigene Wege gehen, selbst wenn dieser Weg in eine Katastrophe führt (vgl. Gleichnis vom verlorenen Sohn) oder wenn der Einsatz für Gerechtigkeit im aktuellen Lebensumfeld anstößig wirkt (vgl. das Leben der Frauen Phoebe und Junia, das Leben des Ehepaares Prisca und Aquila und anderer Zeugen im römischen Reich). Jede Tochter und jeder Sohn Gottes hat Anteil am Reichtum und Erbe Gottes. Dabei werden die Kinder Gottes getragen von einer Vision und sie rufen: „Vater, dein Reich (und nicht ein Reich von Herren) möge kommen! Gib uns täglich so viel Brot, wie ich und wie wir für unsere Kinder brauchen! Erlasse uns die Sünden, in dem Maße, wie wir anderen ihre Schulden erlassen haben! Befreie uns in jeder Form der Versuchung zum Bösen (vgl. dazu die knappe Fassung des Vaterunsers in Lk 11,2-4).
Die eigene innere Freiheit zu entdecken, Visionen zu empfangen, das ist und bleibt ein Geschenk und zugleich eine Aufgabe und es bringt die Konsequenz mit sich, die Freiheitsmöglichkeiten anderer zu fördern. Hier lohnt es sich, den folgenden Fragen nachzugehen:
- Wie und unter welchen Umständen können Kinder und Jugendliche zu freien, mündigen und verantwortungsvollen Persönlichkeiten reifen?
- Wie kann es gelingen, ethisch „korrekt“ zu konsumieren, im Berufsleben seinen „ethischen“ Idealen treu zu bleiben?
Die Freiheit, ethisch korrekt zu konsumieren (Foto: Ackva)
Lk 2, 16-19:
Die Perikope handelt von dem kurzen Besuch der Hirten und Hirtinnen bei Jesus, Josef und Maria, noch in der Heiligen Nacht. Spannend an dieser kleinen Geschichte ist es, dass diejenigen, die gesellschaftlich und religiös gesehen ganz unten sind, das Handeln Gottes als solches zuerst erkennen. Es sind die Hirten und Hirtinnen, die die Mehrheitsbevölkerung wegen ihrer Nähe zu den Tieren nicht riechen können und als unrein gelten. Sie sind es, die in dem Kind den Höchsten selbst sehen und selbst erkennen, dass er in mitten von Armen in einem Stall zum armen Menschen geworden ist. Gott hat den Hirtinnen und Hirten zu Recht etwas zugetraut. Maria bringt dies an anderer Stelle mit den Worten zum Ausdruck: „Er stürzt die Mächtigen vom Thron und er erhöht die Niedrigen“ (Lk 1, 43).
Aufschlussreich hinsichtlich des Themas Nachhaltigkeit ist in diesem Zusammenhang das Verb „sehen“ (griechisch: „gnorisó“). Es bedeutet so viel wie „wissen, begreifen, erkennen, Gottes Handeln offenbaren“. Das Verb bringt also eine ganzheitliche Sicht zum Ausdruck: Wenn also Menschen so wie die Hirtinnen und Hirten voll und ganz, mit Leib und Seele, das heißt mit ihren speziellen prägenden beruflichen und sozialen Bezügen „erkennen, bzw. sehen“, erst dann ändert sich ihr Verhalten wirklich nachhaltig. Die Worte, welche die Engel zuvor ausgesprochen hatten erhalten erst dadurch ihre endgültige Glaubwürdigkeit. Das Ganzheitliche führt zum Wendepunkt und die Hirtinnen und Hirten werden zu den Botschafterinnen und Botschaftern des Wortes Gottes.
sehen, wissen, erkennen
Was können wir tun?
- Für „faire Arbeits- oder Wirtschaftsbeziehungen“ sorgen!
Wenn Menschen arbeiten, sei es an einer Kasse des Supermarktes oder als Kleinbauer in Übersee, dann brauchen sie nicht nur einmalig einen „fairen“ Lohn, sondern auch dauerhaft ein gesichertes Familieneinkommen. Langfristige oder unbefristete Verträge erhöhen die eigene Planungssicherheit und die persönliche Freiheit, um das eigene Leben selbst zu gestalten. Die Personenwürde wird gewahrt. So liegt hoffentlich Segen und nicht Fluch über den Arbeits- oder Handelsbeziehungen! Weitere Informationen finden unter www.fairtrade.de oder www.gepa.de. - Die Goldene Regel einüben!
In allen großen Religionen ist die Goldene Regel ein wichtiges Prinzip, nach dem wir Menschen handeln können sollten. Jesus formuliert sie so: „Behandelte andere so, wie du von ihnen behandelt werden willst.“ (Mt 7,12). Mit dieser Frage können wir viel Empathie einüben, auch gegenüber den „Armen“, und eine Menge bewegen. Das Projekt „Weltethos“ basiert darauf (www.weltethos.de).
- Visionen haben und miteinander teilen! Netzwerke wahrnehmen und ausbauen!
Die Bitten des Vaterunsers sind nur als gemeinschaftliche Bitten sinnvoll. Die Bildung von ökumenischen Netzwerken ist unverzichtbar. Auch die Zusammenarbeit mit Nichtreligiösen ist unter dem Vorzeichen einer weltweiten Ethik geboten. Einen solchen Weg geht die Erd-Charta, die in Deutschland von der Ökumenischen Initiative Eine Welt (www.oeiew.de) koordiniert wird. Ein Blick auf die Homepage „www.erdcharta.de“ lohnt sich allemal, gerade für Menschen, denen die Nachhaltigkeit ein Herzensanliegen ist. - Den Weltfriedenstag nutzen!
Alljährlich wird in der katholische an Neujahr der von Papst Paul VI. ins Leben gerufene „Weltfriedenstag“ begangen. Aktuelles findet sich dazu unter: www.dbk.de
> Die Briefaktionen von Amnesty International unterstützen! (www.amnesty.de)
Richard und Bernadette Ackva