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Lk 10, 38-42 | Sir 27, 4-7 (5-8) | 1 Kor 15, 54-58 | Lk 6, 39-45 |
Aus unserem Glauben heraus in unserer Zeit zu Leben ist der rote Faden, der durch alle Texte führt. Dazu bedarf es einer ehrlichen Selbstreflexion. Die Kraft und Hoffnung aus unserem Glauben an die Auferstehung ermöglichen Standhaftigkeit und Ausdauer. Bei allem bleibt zentral, dass wir unsere Worte und unser Handeln an unserem Glauben ausrichten und uns für ein nachhaltiges und gerechtes Leben aller einsetzen.
Lk 10,38-42 – Aus dem Glauben heraus handeln in unserer Zeit
Eine der bekanntesten Predigten des Dominikaners Meister Eckhardt ist die Predigt Q 86 »lntravit Jesus in quoddam castellum« über den Besuch Jesu bei Martha und Maria, in der er verschiedene Wege zu Gott miteinander in Beziehung setzt und zwar Wirken und Tätigsein in der Zeit einerseits, Gelöstheit von der Zeit andererseits.
Zu Martha sagt Jesus »Du hast viel Sorge und Mühe« (Lk 10,41). Eckhart sieht die Objekte dieser Sorge als Dinge und Marthas Handeln als Stehen bei den Dingen – es steht für ihn für das geistige und bewusste Tätigsein in ihrer Zeit. Martha ist fromm, sie hat eine klare geistige Haltung – die sie in ihrem Handeln trägt. Maria steht für ihn für das Losgelöstsein aus ihrer Zeit, ihre Form der Frömmigkeit ist eine Art der Entrückung.
Mit dieser Grundbeschreibung wendet sich Meister Eckhart an die Hörer:innen seiner Zeit. Hier betont er, dass es nicht darum geht, von Liebe und Leiden unberührt zu bleiben, sondern darum, Wort und Taten am Willen Gottes auszurichten. An die Stelle Marthas treten in seiner Predigt später Maria – und die Jünger – die nun entsprechend ihrem Glauben wirken. Das Gegenbild sind diejenigen, die die vorläufige und zu überholende Untätigkeit als dauerhaft anzustrebenden Zustand propagieren.
Für uns heute heißt das:
Das Gestalten unseres Lebens und unserer Welt ist eine Form der Frömmigkeit, nämlich das Handeln gemäß unserem Glauben in unserer Zeit. Unser Glaube motiviert uns zu einem Einsatz für Gerechtigkeit. Wie bei Maria kann es Momente geben, in denen wir unseren Glauben verinnerlichen. Aus dieser geistigen Haltung heraus können wir – wie Martha – tätig sein und Gott in dieser Welt finden und in Gedanken, Wort und Tat verkünden. Innerliche Frömmigkeit allein kann dabei keine Option sein – sondern nur als Zwischenstation, die uns zu einem Handeln aus unserem Glauben führt.
Sir 27, 4-7 (5-8) – Ehrliche Auseinandersetzung mit mir, der Welt und meinen Mitmenschen
In Sir 27, 5 wird beschrieben, dass sich die Erprobung des Menschen in der Auseinandersetzung mit ihm vollzieht. Das bedeutet zunächst, dass wir zu einer tatsächlichen und ehrlichen Auseinandersetzung bereit sein sollten – kein vorschnelles Urteil, kein Voreingenommensein, sondern eine Offenheit zur ehrlichen Begegnung mit jedem Menschen. Wie begegne ich meinem Nächsten?
Das Sieb in Vers 4 bringt den Unrat zum Vorschein – allerding entdecken wir in der Selektion nicht nur das Negative, sondern auch das Positive. Wenn wir unseren Blick auf das Positive im Menschen richten, gehen wir anders miteinander um. Wenn wir unseren Blick auf das Positive im Weltgeschehen richten, verlieren wir uns nicht in Ohnmacht, sondern haben ehrlichen Grund zur Hoffnung. Worauf richte ich meinen Blick?
Im Text ist davon die Rede, dass man keinen Menschen Loben soll, bevor man nachgedacht hat. Auch uns selbst müssen wir kritisch betrachten. Eine gesunde Selbstreflexion ist wichtig – in der ehrlichen Begegnung mit unserem Gegenüber ebenso wie im ehrlichen Umgang mit der Welt. Unsere Worte bringen die Gedanken unseres Herzens zum Vorschein, unser Handeln unser Wort. Entsprechen meine Gedanken, meine Worte und mein Handeln einander?
Kor 15, 54-58 – Standhaft bleiben, weil der Glaube an die Auferstehung uns trägt
„Der Stachel des Todes aber ist die Sünde“ heißt es in Vers 56.
In LS 66 spricht Papst Franziskus von der Sünde als Bruch der drei lebenswichtigen Beziehungen, der zu Gott, zum Nächsten und zur Erde. Weiter sagt er, dass, weit entfernt vom Vorbild des Franz von Assisi, sich die Sünde „mit all ihrer Zerstörungskraft in den Kriegen, in den verschiedenen Formen von Gewalt und Misshandlung, in der Vernachlässigung der Schwächsten und in den Angriffen auf die Natur“ zeige. Sehr deutlich wird, dass das zuwiderhandeln des Schöpfungsgedanken Sünde ist – dabei ist Schöpfung alles, was uns umgibt: Mitwelt und Mitmenschen.
In Vers 57 heißt es weiter: „Gott aber sei Dank, der uns den Sieg geschenkt hat durch unseren Herrn Jesus Christus.“
Die Auferstehung schenkt uns Glaube, Hoffnung und Leben. Sie zeigt, dass das Reich Gottes nahe ist und durch uns auf Erden sichtbar werden kann. Durch die Auferstehung haben wir Hoffnung und können und müssen handeln. Die Hoffnung auf Gerechtigkeit gibt uns die Kraft und die Resilienz uns für das Reich Gottes schon im Hier und Jetzt einzusetzen.
Vers 58 verspricht uns: „seid standhaft und unerschütterlich, seid stets voll Eifer im Werk des Herrn und denkt daran, dass im Herrn eure Mühe nicht vergeblich ist!“ Interessant ist die Übersetzung in der Bibel in gerechter Sprache, wo es heißt: „steht auf festem Boden, werdet nicht unsicher, denn euer ganzes Leben lang könnt ihr überreich werden, weil ihr der Ewigen Werk tut. Ihr wisst ja, dass eure Anstrengung nicht vergeblich ist, weil die Ewige euch trägt.“
Standhaftigkeit und Ausdauer braucht es auch im Einsatz für Nachhaltigkeit. Aber wir bekommen das Versprechen, dass dieser Einsatz nicht vergeblich ist. Wir müssen standhaft sein – können es aber auch, im Wissen, dass der Grund uns trägt.
Lk 6, 39-45 – Reden und Handeln entsprechend unseres Glaubens
In Vers 42 heißt es „Zieh zuerst den Balken aus deinem Auge.“ Auch hier wird Selbstreflexion gefordert. Dabei wäre der Splitter schon besser als der Balken: Jede:r von uns kann einen Beitrag leisten, immer nach den eigenen Möglichkeiten. Dabei geht es nicht darum 100% radikal zu sein, das kann niemand. Bei der Selbstreflexion und beim Einüben neuer Handlungsweisen gehören Fehler immer dazu und sind Teil des Prozesses. Es gibt Graustufen – aber jeder Schritt, der den Balken kleiner macht, ist hilfreich.
Wichtig sind der Wille und die richtige Motivation, wie es in Vers 45 heißt: „Der gute Mensch bringt aus dem guten Schatz seines Herzens das Gute hervor.“ Hier knüpft der Text auch an die erste Lesung an: Handeln aus dem Glauben ist authentisch, Gedanken, Wort und Handeln sind eins. Dabei wird nicht alles perfekt gelingen – das dürfen und müssen wir uns eingestehen, aber wir können es immer wieder neu probieren.
In Vers 45 heißt es weiter: „Denn wovon das Herz überfließt, davon sprichst sein Mund.“ Wenn wir uns berühren lassen, erfüllt sind und eine tiefe Motivation haben, dann entsprechen dem auch unsere Worte und unsere Taten. Dann können wir leben wie Martha: aus unserem Glauben. Dann gelingt uns die ehrliche Auseinandersetzung, die in Jesus Sirach gefordert wird und dann sind wir standhaft und ausdauernd, weil wir wissen, dass der Grund uns trägt.
Sara-Marie Hüser / Johanna Hellmann, Bistum Mainz