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2 Mose 34,4-10 | Gen 2, 18-24 | Hebr 2, 9-11 | Mk 10, 2-16 |
2, Mose 34,4-10:
»Der Herr ist (…) ein barmherziger und gnädiger Gott, langmütig und reich an Huld und Treue: er bewahrt tausend Generationen Huld, nimmt Schuld … weg, aber er spricht nicht einfach frei, er sucht die Schuld der Väter bei den Söhnen und Enkeln heim ...«, so heißt es in der Mitte der heutigen Lesung aus dem 1. Testament.
Ja, im Blick auf unseren ebenso ausbeuterischen wie unbegreiflichen Umgang mit der Schöpfung Gottes weist uns dieser alte Text darauf hin, dass wir die Verantwortung übernehmen müssen für das, was wir tun – und zwar in den folgenden Generationen. Keiner kann sich herausreden, dass es ja eine andere Generation war, die uns die aktuelle Katastrophe „eingebrockt“ hat. Wir bleiben über Generationen verbunden, ob wir wollen oder nicht – und Gott bleibt es mit uns: in allem und über allem unseren Schuldig-werden hinaus. Das war Israels Erfahrung mit seinem Gott und die Gültigkeit dieser Zusage wird in den folgenden Versen von Gott durch seinen erneuten Bundesschluss bestätigt und aktualisiert (V. 10).
Das kann unser tragfähiges Fundament sein, auf dem wir unsere Verantwortlichkeiten (endlich und intensiver) wahr-nehmen (im wahrsten Sinn des Wortes) – und das uns „trotz allem“ zuversichtlich sein lassen kann!
Gen 2, 18-24:
Diese ersten Worte unserer Hl. Schrift laden uns ein, wieder aufs Neue in die natürliche (im Sinne von originär, usprüngl.) Verbindung mit unserem Schöpfer zu kommen, aus der einst »alles Leben unter Leben, das Leben will« (Albert Schweitzer), mit schöpferischer Kraft ins Leben gerufen wurde.
»Die Erde gehört Gott, der sie den Menschen als Geschenk zur Verfügung gestellt hat. Sie ist begrenzt, daher müssen auch wir Menschen unsere Begrenztheit anerkennen. Die Erde ist unser gemeinsames Haus, und sie leidet. Die ungeheuren Schäden, die wir der Umwelt zufügen, dürfen uns nicht gleichgültig lassen. Ja, unsere Solidarität mit der ganzen Schöpfung zum Ausdruck zu bringen, ist auch ein Weg, Frieden zu stiften. Ändern wir unser Alltagsverhalten!«, so Frere Alois von Taize anlässlich der Pariser Klimaschutzkonferenz 2015.
Wenn wir mit diesem Sonntag in diesem Jahr – in unmittelbarer zeitlicher Nähe zum Gedenktag des Hl. Franz von Assisi – mit seinem beeindruckenden sog. „Sonnengesang“ 800 Jahre „Laudato si'“ feiern dürfen, kann uns die Meditation seiner Verse in eine neue und vertiefte Beziehung zur Schöpfung bringen, wie sie auch die gleichnamige, sogenannte Umweltenzyklika „Laudato si'“ von Papst Franziskus vor 9 Jahren einfordert – mit ganz konkreten Hinweisen zum Handeln ...
Hebr 2,9-11:
»Denn er, der heiligt, und sie, die geheiligt werden, stammen alle aus Einem« (V.11) bringt den gemeinsamen Ursprung und die Verbundenheit aller ganz wunderbar zum Ausdruck. Wir sind geheiligt worden durch den, der alle unsere Sünden auf sich genommen hat, damit wir erlöst als „neue Menschen“ leben, die sich ihrer Würde und damit verbundenen Verantwortung bewusst sind für alle Lebewesen, die uns „heilig“ sein sollten, weil sie Gottes Lebensatem in sich tragen.
»… Was immer den Tieren geschieht – geschieht auch bald den Menschen. Alle Dinge sind miteinander verbunden. Was die Erde befällt, befällt auch die Söhne der Erde«, sagte uns schon Häuptling Seattle vom Stamm der Duwamish, bevor er durch seine Unterschrift unter den Port-Elliott-Vertrag 1855 sein Land verkaufte. »Denn eines wissen wir – unser Gott ist derselbe Gott. Diese Erde ist ihm heilig. Selbst der weiße Mann kann der gemeinsamen Bestimmung nicht entgehen. Vielleicht sind wir doch – Brüder. Wir werden sehen.«
Oder mit den Worten des lateinischen Kirchenlehrers Tertullian (eigentl. Quintus Septimus Florens Tertullianus, ca. 160 – 220 n. Chr.): »Mensch ist ein Name, der zu jeder Nation dieser Erde gehört. In dieser Nation haben alle eine Seele, aber viele verschiedene Sprachen.«
Mk, 10,2-16:
Ein Evangelium, das uns heute „welt-fremd“ erscheinen mag, weil die Realität der gescheiterten Beziehungen und Ehescheidungen eine „ganz andere Sprache“ spricht ... Das Jesus-Wort kann uns erneut daran erinnern, dass wir uns nicht mit dem Gegebenen abfinden, sondern uns bewusst machen, dass unsere partnerschaftlichen Beziehungen auf Lebenszeit angelegt und wir uns deshalb „heraus-fordern lassen“, die Rahmenbedingungen und Begleitungsangebote von Menschen so zu verändern, dass sie die Möglichkeit erhalten, diese auch im Alltag und sinn-erfüllt zu leben – mit allen Hoch´s und Tief´s, die Teil des (Zusammen-)Lebens sind und bleiben werden. Vielleicht in dem Sinne, wie es Ricarda Moufang formuliert hat: »Die Rüstung ablegen, leicht werden, das Hemd der Stille überstreifen, mich einnisten in deinen Lebensbaum.«
Norbert Nichell, Mainz