o9.o3.25 – Invokavit / 1. Fastensonntag

ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
Hebr 4, 14-16 Dtn 26, 4-10 Röm 10, 8-13 Lk 4, 1-13

 

Gedanken zum Sonntag Invokavit / 1. Fastensonntag

Der Name des Sonntags Invokavit leitet sich vom Beginn der lateinischen Antiphon ab: „Invocavit me, et ergo exaudiam eum” (Ps 91, 15) und bedeutet: „Er hat gerufen.“

„Er ruft mich an, darum will ich ihn erhören; ich bin bei ihm in der Not, ich will ihn herausreißen und zu Ehren bringen.“ - Diese Zusage Gottes im Bezugsvers eröffnet im Kirchenjahr die Zeit, die sich in besonderer Weise inhaltlich und spirituell mit dem Leidensweg Christi auseinandersetzt. Im Zentrum der Texte stehen Erfahrungen und Deutungen der Anrufung Gottes in der Not und des Hörenden und mitleidenen Gottes.

 

Gedanken zu den einzelnen Texten

Zu Hebräer 4, 14-16

Im Zentrum der Textpassage aus dem vierten Kapitel des Briefes an die Hebräer steht Christus als Hoher Priester, der mit unserer Schwachheit mitleiden kann (4,15) und der gerade im spirituellen Durchleiden menschlicher Schwachheit (5,7-9) vollkommen wurde. Dabei bildet die Empathiefähigkeit des Hohepriesters (4,15) die Basis (4,14 „Weil wir…“) für den Aufruf zu einer zuversichtlichen Hinwendung an Gott, „… wenn wir Hilfe nötig haben“ (4,16).

Anschließend an den Text könnte man, in Bezug auf die aktuelle Weltlage mit ihren multiplen Krisen, fragen, inwiefern unsere Empathiefähigkeit denen Zuversicht schenkt, die unsere Hilfe nötig haben.

Wie leiden wir mit denen, die unter den Folgen der Klimakrise und der Kriege leiden?

Wie leiden wir mit der leidenden Schöpfung?

Wie ausgeprägt ist unsere Empathiefähigkeit?

Ist die Fähigkeit „mit zu leiden“ Teil der Nachfolge Jesu?

 

Gedanken zu Dtn 26, 4-10

Der Text im 5. Buch Mose beschreibt die notvolle Erfahrung des Volkes Israel im ägyptischen Exil (Vers 6). Die Beschreibung dieser Erfahrung bildet die Ausgangslage für die Anrufung Gottes (Vers 7) und dessen helfendes Eingreifen (Verse 7-9). Hintergrund für den Exilaufenthalt des Volkes war eine Hungersnot (Genesis 41), infolge derer die Sippe Jakobs/Israels letztlich aus dem angestammten Land nach Ägypten flieht. Der Lesungstext spielt damit auf ein Muster an, das sich bereits heute durch die Klimakatastrophe in unzählbarer Weise wiederholt: Mangel an Nahrung führt (oft auch in Kombination mit daraus resultierenden, gewaltsam ausgetragenen Konflikten) zu Flucht und Migration. Dass der Ort, an dem eigentlich Schutz und Hilfe gesucht wurde, zum Ort des Leidens wird, ist auch heute Teil von Migrationserfahrung.

Wo hören wir heute das Schreien derer, die Schutz und Hilfe gesucht haben und Leid erfahren?

Wie reagieren wir auf die Hilfeschreie, z.B. im Mittelmeer oder durch Menschen, die in Deutschland fremdenfeindliche Erfahrungen machen müssen?

Was bedeutet es für uns als Kirchen in diesem Kontext, an der Missio Dei - an der Mission Gottes - in seiner Welt teilzuhaben?  

 

Gedanken zu Hebr. Röm 10, 8-13

Der Text aus dem Brief an die Gemeinden in Rom ist ein Zeugnis frühen christlichen Glaubens: Wer Jesus anruft, wird gerettet! Diese Aussage, eingebettet in die große theologische Argumentation des Apostels, trägt viele Christinnen und Christen bis heute. Dahinter steht die Überzeugung, dass Gottes Zuwendung nicht mit dem Erblühen der Schöpfung endet, sondern sich fortsetzt und in Jesus, als Gottes Sohn, konkreten Ausdruck findet. In der heutigen Zeit stellt sich die Frage nach der Zuwendung Gottes in einem veränderten Kontext, nämlich nicht im Erblühen, sondern im Verwelken der Welt. Die Verse des Römerbriefes beinhalten genau diese Perspektive, vorgegeben am Beispiel Jesu, an seinem Gestorbensein und Auferwecktwerden (Vers 9).

Was bedeutet es in einer welkenden Welt „gerecht“ und „gerettet“ zu werden?

Wie zeigt sich die Zuwendung Gottes im Vergehen der Schöpfung?

 

Gedanken zu Lk 4, 1-13

Das Evangelium erzählt die Versuchungsgeschichte Jesu. Beschrieben werden 3 Versuchungen, die folgende Aspekte beinhalten: a) die Versuchung, selbst gut versorgt sein zu wollen/für sich selbst genug haben zu wollen („Sprich zu dem Stein, dass er Brot werde“ Vers 3); b) die Versuchung der Autonomie („Alle diese Macht will ich dir geben“ Vers 5&6) und c) die Versuchung, in Sicherheit sein zu wollen („…damit du deinen Fuß nicht an einen Stein stößt“ Vers 11). Alle drei Versuchungsaspekte spielen in ihrer Pervertierung eine zentrale Rolle in der Entstehung der Herausforderungen des Anthropozähn: a) mehr als genug für sich selbst haben zu wollen führt zur Ausbeutung unseres Planeten; b) dabei nicht das Wohl der gesamten Weltbevölkerung und Mitschöpfung im Blick zu haben, sondern das eigene Bedürfnis über andere zu stellen, schafft globales Unrecht und infolgedessen gewaltsame Konflikte und c) die vermeindliche eigene Sicherheit oder Wahrung des Besitzstandes mit militärischer Macht führt in eine Eskalationsspirale.

Was bedeutet der Widerstand Jesu gegen diese Versuchungen in der Nachfolge heute?

Gregor Rehm, Ev. Kirche der Pfalz