7-11a(11b-13); Lk 9,57-62; Eph 5,1-2(3-7)8-9; 1 Kön 19,1-8(9-13a);
Lk 22,47-53; 1 Petr 1,(13-17)18-21 [www.stichwortp.de]
Okuli / 3. Fastensonntag
ev. Predigttext | kath. 1. Lesung | kath. 2. Lesung | kath. Evangelium |
Lk 9, 57-62 | Ex 20, 1-17 oder Ex 20, 1-3.7-8.12-17 |
1 Kor 1, 22-25 | Joh 2, 13-25 |
Empfohlenes Hilfsmittel: Das Misereor-Hungertuch 2015/16 (s.u. Predigtanregungen zu Ex 20)
„Gott und Gold – Wie viel ist genug?" von Dao Zi © MISEREOR
Lk 9, 57-62
Exegetische Hinweise
Der Text ist eingebettet zwischen dem Entschluss Jesu, nach Jerusalem zu gehen, um seine Mission zu vollenden und der Aussendung der 72 Jünger, um das Reich Gottes in den Ortschaften, die Jesus auf diesem Weg besuchen möchte, zu verkünden. Bei Lukas ist dies das zweite Mal, das Jesu Jünger ausgesendet werden, in Lk 91-6 ist es aber die begrenzte Gruppe der zwölf Apostel, während in Kapitel 10 eine größere Gruppe (6 x 12) mit der Verkündigungsaufgabe betraut wird. Zwischen diesen beiden Aussendungsgeschichten finden wir Schlüsselerlebnisse für die Jünger: Die Speisung der Fünftausend, das Messiasbekenntnis des Petrus, zwei Leidensankündungen und die Verklärung Jesu.
Theologische Impulse
Kapitel 9 wirkt wie eine Vorbereitung der Jünger auf die Passion, aber auch darauf, dass sie nach der Auferstehung die Botschaft Jesu in alle Welt tragen werden. Schon die Apostel als erste Boten erhalten nicht nur den Auftrag, das Reich Gottes zu verkündigen, sondern auch, kein Reisegepäck und keine Reiseversicherung mit auf den Weg zu nehmen. Die gleiche Aufforderung findet sich auch in Kapitel 10 für die größere Jüngergruppe, die ausgesendet wird. Dazwischen die Begegnung mit Menschen, die auch zu dieser Botengruppe gehören könnten. Doch statt einer freundlichen Einladung werden sie erst einmal mit radikalen Forderungen konfrontiert: Sie werden keine Heimat mehr haben und sogar mit ihrer Familie brechen müssen.
Nachhaltigkeitsaspekte
Nachhaltigkeit ist ohne Radikalität nicht zu haben. Es genügt nicht, wenn der CO2-Ausstoss weniger schnell steigt. Wenn der weltweite Klimakollaps verhindert werden soll, muss der Ausstoß klimaschädlicher Gase sinken und zwar radikal. Da reicht es nicht, wenn das nächste Auto weniger CO2 produziert, sondern es muss weniger Autos und weniger Autofahrten geben. Es reicht nicht, wenn ich meinem Müll ordnungsgemäß dem Recycling zuführe, sondern ich muss weniger Müll produzieren. Ein Aussteigen aus der Spirale des immer mehr, immer besser, immer etwas Neues führt zwar nicht zwangsläufig zum Bruch mit der Familie oder dem sozialen Umfeld, bringt aber doch eine gewisse Außenseiterrolle mit sich. Wer nicht mit einem neuen Smartphone, dessen Coltan im Kongo unter menschenunwürdigen Bedingungen abgebaut wird, den dortigen Bürgerkrieg mitfinanzieren will, ist schnell von den modernen Kommunikationswegen ausgeschlossen. Welche Erwartungen an seine Jünger würde Jesus heute formulieren, um die Radikalität der Nachfolge zu verdeutlichen?
Ex 20, 1-17
Exegetische Hinweise
Die Verkündung des Dekalogs wird eingeleitet durch die wohl gewaltigste Theophanie-Schilderung des Alten Testamentes. Der biblische Autor bietet hier ein ganzes Sortiment alttestamentlicher Metaphern auf, um die Einzigartigkeit des Ereignisses zu betonen: Gott wird zum Gesetzgeber eines ganzen Volkes. Der Dekalog leitet das darauf folgende Bundesbuch quasi als seine Zusammenfassung ein und verleiht einer größtenteils profanen Gesetzgebung ein religiöses Fundament: den Exodus als die religiöse Grunderfahrung Israels.
Theologische Impulse
Auch wenn die Historizität des Exodus heute strittig ist, bleibt die Befreiung aus der Sklaverei doch der Deutungsrahmen nicht nur des Dekalogs, sondern des Gottesverständnisses Israels. In V. 2 stellt sich Jahwe als der Gott vor, der Israel aus dem Sklavenhaus geführt hat. Dies unterscheidet ihn von den Göttern der vorderen Orients, die Könige legitimierten und die soziale Hierarchie stabilisierten. Die Erfahrung von Gefangenschaft und Zwangsarbeit, sei es in Ägypten oder im Babylonischen Exil bildet praktisch das negative Gegenstück zu den Geboten: Die ägyptischen oder babylonischen Götter, deren goldene Statuen in den Tempeln verehrt werden, dienen zur Unterdrückung des Volkes. Wer Sklaverei oder Krieg religiös begründet, der missbraucht den Namen Gottes. Der 7. Tag wird zuerst als Ruhetag für die Menschen befohlen, wobei auch die Sklaven, Fremden und sogar die Tiere erwähnt werden, bevor dies auch schöpfungstheologisch begründet wird (Ruhetag Gottes).
Nachhaltigkeitsaspekte
Das diesjährige Misereor-Hungertuch trägt den Titel "Geld und Gott - wie viel ist genug?" Das halbabstrakte Bild des chinesischen Malers Dao Zi ist geprägt von der Grundform des Kreuzes und den Farben Schwarz, Grau und Gold.
Gott und Gold - Gott oder Gold? Diese Frage durchzieht auch die Bibel. Die Antwort fällt nicht eindeutig aus. Goldene Statuen hat Jahwe im Dekalog zwar verboten, aber im Bauplan für das Zelt der Bundeslade (Ex 25 – 27) sind goldene Elemente durchaus vorgesehen (ohne die Frage zu klären, wie diese auf der Wüstenwanderung zu beschaffen seien). Gold – Gott – Götze: wie nahe das zusammen liegt, zeigt die Geschichte des Goldenen Kalbes. Sie ist wohl weniger historisch zu sehen, sondern als eine Metapher dafür, dass Israel selbst immer in der Versuchung stand, sich den altorientalischen Gottesvorstellungen anzuschließen. Heute kritisiert Papst Franziskus die Tyrannei einer vergöttlichten Marktwirtschaft, die erbarmungslos Schwache ausschließt und tötet. (EG 53-56).
Gold oder Gott – diese Frage beantwortet auch das Hungertuch nicht eindeutig. Der Goldklumpen in der Mitte symbolisiert einerseits Christus, den „Stein des Anstoßes“, dem die Weisen aus dem Morgenland auch Gold als Zeichen seiner Göttlichkeit schenkten. Andererseits schlägt der Goldklumpen auch wie ein Meteorit mit zerstörerischer Kraft mitten ins Bild. Die hemmungslose Gier nach Gold zerstört heute Lagunenlandschaften in Cajamarca (Peru), verseucht die Flüsse mit Zyanid und Quecksilber und schädigt die Gesundheit der Bergbauern und Minenarbeiter. Dürfen wir Gold, das unter solchen Umständen gewonnen wird, weiterhin für religiöse Kultgegenstände verwenden? Welche „Gottesbilder“ müssen wir heute kritisieren und bekämpfen?
Joh 2, 13-25:
Exegetische Hinweise
Im Gegensatz zu den synoptischen Evangelien reist Jesus nach dem Johannesevangelium mehrmals zur Feier des Paschafestes nach Jerusalem, hier in Kapitel 2 zum ersten Mal. Anders als bei den Synoptikern steht die „Tempelreinigung“ bei Johannes auch im Anfangsteil des Evangeliums, gleich nach der „Hochzeit zu Kana“. Einzigartig bei Johannes ist auch an dieser Stelle schon der Hinweis aus seinen Tod und seine Auferstehung („Tempel einreißen und wieder aufbauen“).
Theologische Impulse
V. 23 spricht von „Zeichen“ Jesu, aufgrund derer viele Menschen zum Glauben kamen. Die „Zeichen“, die das Johannesevangelium hier erwähnt, sind die Hochzeit zu Kana und die „Tempelreinigung“. Beides hat programmatischen Charakter. Bei der „Hochzeit zu Kana“ ging es nicht darum, einem Hochzeitspaar aus der Patsche zu helfen. „Hochzeit“ und „Ehe“ sind alte Metaphern für das Verhältnis Gottes zu seinem Volk. Wenn dabei der Wein fehlt, der einer Feier den festlichen Charakter verleiht, dann ist dies ein Bild dafür, dass das Verhältnis der Menschen zu Gott gestört ist. Dieses gestörte Verhältnis sieht man beispielsweise daran, dass der Tempel zu einer Markthalle (nicht „Räuberhöhle“ wie bei Synoptikern) verkommen ist.
Nachhaltigkeitsaspekte
Papst Franziskus kritisiert in Evangelii Gaudium die „Diktatur der Wirtschaft“ als größte Herausforderung unserer Zeit (s.o. EG 55). Scheinbar sind alle Lebensbereiche dem Kommerz unterworfen, der Mensch wird auf den Konsum reduziert. Bieten wir als Kirche noch Freiräume, in denen Nächstenliebe und Menschlichkeit wichtiger sind als Wirtschaftlichkeit?
Das gilt nicht nur für unsere kirchlichen Einrichtungen, wie Krankenhäuser, Altenheime, Kindergärten, bei denen wir uns fragen müssen, ob unsere christlichen Werte im Umgang mit den „Kunden“ deutlich werden. Wirtschaftlichkeit oder Nachhaltigkeit, diese Frage sollte sich jede Kirchengemeinde bei ihrer Beschaffungspraxis und jedes Familienmitglied stellen. Nehmen wir das „wirtschaftlich günstigste“ Angebot oder bevorzugen wir ökologisch unbedenkliche, fair gehandelte und sozial verträglich hergestellte Produkte? Spielen diese Kriterien bei unserem Einkauf überhaupt eine Rolle? Als Christen und als Kirchengemeinden sind wir auch wirtschaftliche Akteure. Wir entscheiden, ob wir uns von den Gesetzen des Marktes oder denen des Reiches Gottes leiten lassen. Gott oder Gold? Eine Frage des täglichen Einkaufs!
Dr. Monika Bossung-Winkler, Böhl-Iggelheim