Okuli / 3. Fastensonntag
ev. Predigttext | kath. 1. Lesung | kath. 2. Lesung | kath. Evangelium |
1 Kön 19,1-8(9-13a) | Ex 3, 1-8a.13-15 | 1 Kor 10, 1-6.10-12 | Lk 13, 1-9 |
1. Könige 19,1-8(9-13a) Elia am Horeb
Der Prophet Elia kann nicht mehr. Er ist körperlich, seelisch und mental erschöpft. Die Auseinandersetzungen mit den Mächtigen haben ihm alle Kräfte geraubt. Er fühlt sich ohnmächtig und zweifelt an sich selbst. So kann es auch denen gehen, die sich bis an den Rand ihrer Kräfte für Klimaschutz und Gerechtigkeit einsetzen.
„Ich bin nicht besser als meine Väter“ (V.4)- ein bemerkenswerte Satz. Ist er zu fatalistisch? „Es wird ohnehin nichts besser. Deshalb kann man es auch gleich bleiben lassen mit dem Einsatz für eine bessere Welt“. Oder ist der Satz ein Eingeständnis einer heilsamen Demut? „Ich bin zwar nicht besser und trotzdem suche ich nach einem Weg“. Im Engagement für Klimagerechtigkeit neigen manche zur Arroganz und ideologischen Abwertung anderer. „Wir haben die richtige Erkenntnis- die anderen, die „da oben“ nicht. Wir sind besser als „die anderen“.
Dabei müssen wir gar nicht perfekt sein, nicht mal besser als „die anderen“. Wenn wir nicht weiter wissen, wenn wir uns ohnmächtig fühlen, dürfen wir ausruhen wie Elia (er darf 2x schlafen und 2x essen). Er wird gestärkt. Wer viel kämpft, braucht auch Phasen der Erholung und des Zuspruchs von außen.
„Du hast einen weiten Weg vor dir“ (V.7). Das gilt aktuell auch für den Weg aus der Corona-Pandemie und für den Weg aus der Klimakrise. Zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele hat sich die Weltgemeinschaft das Jahr 2030 vorgenommen. Bis dahin sind es noch 8 Jahre. Eine lange Zeit, für die wir unsere Kräfte einteilen müssen. Und eine sehr kurze Zeit, die uns noch bleibt, um Schlimmeres zu verhindern.
Weder arrogante Selbstüberschätzung noch depressive Selbstunterschätzung hilft, gut durch diese Zeit zu kommen. Sondern ein gesunder Wechsel von Kampf und Kontemplation, von Weitergehen und Ausruhen. In beidem steht uns der Engel des Herrn zur Seite.
Exodus 3, 1-8a.13-15
Gott erscheint dem Moses im Feuer. Er fordert ihn auf, seine Schuhe auszuziehen, weil er auf heiligem Land steht. Für uns heute eine archaische Szene. Eine Offenbarung Gottes in der Natur? Für Kinder der Aufklärung und besonders für Protestanten eine schwierige Vorstellung. Wie verträgt sich das mit dem solus christus und sola scriptura?
Das Alte Testament betont die Erdverbundenheit des Menschen, und das ist gut so- gerade in Zeiten, in denen wir die Bodenhaftung verlieren und unsere Verbundenheit mit der Mitschöpfung ignorieren- mit allen (selbst)zerstörerischen Folgen. Jürgen Moltmann schreibt dazu „Erst wenn uns unsere Angewiesenheit auf das Leben der Erde und die Existenz der anderen Lebewesen bewusst wird, werden wir aus „stolzen und unglücklichen Göttern“ ( Luther) zu menschlichen Menschen werden“[1]
Gott wird in diesem Text nicht nur als einer beschrieben, der in der Schöpfung erfahrbar wird, sondern auch als der, der Partei ergreift für die Unterdrückten (V. 7). Die Parteinahme Gottes für die Armen und Unfreien gehört zum Alleinstellungsmerkmal des Gottesbildes und zu den Grundtraditionen Israels. Diese Tradition setzt sich in der Botschaft Jesu fort. Auf diesem doppelten Grund steht jedes christliche Engagement für Gerechtigkeit.
Interessant ist schließlich auch die Selbstaussage Gottes „Ich werde sein, der ich sein werde“ (V.14). Gottes Sein ist also veränderbar, realisiert sich jeweils neu und anders- zum Teil auch ganz überraschend. Wir können und sollen auf den Gott vertrauen, der sich im Exodus auf die Seite der Unterdrückten gestellt hat und der in Jesus Christus seine Güte und Liebe offenbar hat. Und wir müssen zugleich damit rechnen, dass Gott sich uns ganz anders zeigen kann als wir denken. Und dass er uns wie Mose Wege führt, die überraschend sind.
Lukas 13,1-9
Zweimal heißt es im Text „Wenn ihr nicht Buße tut, werdet ihr alle ebenso umkommen“. Vor einigen Jahren wäre dieser Satz Jesu noch als eine Drohung und eine Zumutung empfunden, unvereinbar mit der Gnadenzusage des Evangeliums. Heute ist er als säkulare Aussage angesichts der Klimakrise hoch aktuell. Er könnte auch von Greta Thunberg oder Klimawissenschaftlern stammen. Wenn wir unser Verhalten nicht ändern, wird unser Leben und das unserer Kinder bedroht. Das kann heute niemand leugnen, der nicht alle Augen verschließt. Schon heute sterben Menschen an den Folgen der Klimakrise- vor allem in den armen Ländern. Aber auch in Europa steigt die Zahl der Hitzetoten von Jahr zu Jahr. Auch die Coronapandemie hängt mit der ökologischen Krise zusammen.
Ethisch-theologisch verstanden handelt der Satz vom Ernst der Nachfolge. Die Gnade, die Gott uns in Jesus Christus schenkt, führt in die Umkehr und in die Nachfolge. Wenn keine Umkehr geschieht, dann wird die teure Gnade Gottes billig gemacht (Bonhoeffer).
Im Gleichnis vom Feigenbaum (V.6-9) ist von einer Gnadenfrist die Rede. Drei Jahre hat er noch, bis er Frucht bringt. Vielleicht ist es heute auch so. Bis 2030 will die Weltgemeinschaft mit den Nachhaltigkeitszielen eine große Umkehr in vielen Politikbereichen erreichen. 8 Jahre Gnadenfrist, die wir noch haben zum Umsteuern. Werden wir sie nutzen?
Dr. Ruth Gütter, Kassel
[1] Jürgen Moltmann, Hoffen und Denken, Beiträge zur Zukunft der Theologie, 2016, S. 18