Palmarum / Palmsonntag (29.03.15)

Vorschläge der Perikopenrevision (EKD/VELKD/UEK): Jes 50,4-9; Mk 14,(1-2)3-9; Hebr 11,1-2.39b-40;12,1-3;
Joh 17,1-8; Joh 12,12-19; Phil 2,5-11 [www.stichwortp.de]

 

Palmarum / Palmsonntag

ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
Joh 12, 12-19 Jes 50, 4-7 Phil 2, 6-11 Mk 11, 1-10 oder
Joh 12, 12-16

Die Stellung im Kirchenjahr und das Proprium des Sonntags

Der Palmsonntag ist der letzte Sonntag der Passionszeit, mit ihm beginnt die Karwoche. Die Jahre seines öffentlichen Wirkens hat Jesus überwiegend in Juda und Galiläa verbracht, die Ereignisse der Karwoche finden aber in Jerusalem statt. Die Evangelienlesung des Palmsonntag berichtet daher davon, wie Jesus mit seinen Jüngern nach Jerusalem zieht um dort das Passafest zu feiern. Sein Einzug in die Stadt wird von dem Volk als Einzug des Messias gefeiert.

Palmen galten im Mittelmeerraum von alters her als Sinnbild des Lebens und des Sieges, in Israel insbesondere auch als Symbol für die Unabhängigkeit und den siegreichen König (1 Makk 13,51; 2 Makk 14,4). Von daher stellte der Einzug in Jerusalem für die Römer eine besondere Provokation dar. Der Esel wiederum war nach Sach 9,9 ein Sinnbild des gewaltlosen Friedenskönigs und der Bescheidenheit.

Im Zentrum des Sonntags steht also die Spannung von Bescheidenheit/Menschlichkeit und Herrschaftsauftrag/göttlicher Sendung: In dem bescheiden auftretenden Jesus von Nazareth erkennt das Volk den Gott Gesandten. Auch in den Worten des dritten Gottesknechtsliedes und des Philipper-Hymnus wird diese Spannung deutlich.

Aspekte der Nachhaltigkeit in den Texten des Sonntags

1) Die Spannung von Bescheidenheit und Herrschaftsauftrag, die in den verschiedenen Texten des Sonntags zum Ausdruck kommt, kann durchaus unter der Fragestellung betrachtet werden, was nachhaltiges Leben und Handeln für Führungskräfte bedeutet: Herrschende und Führungspersonen werden im allgemeinen mit Prunk und einem üppigen Lebensstil in Verbindung gebracht (egal, ob dies der Palast eines Viktor Janukowitsch ist, die Elefantenjagd des spanischen Königs oder die Dienstlimousine des Vorstandsmitglieds einer Aktiengesellschaft). Führungspersonen, die bewusst auf Prunk und Statussymbole verzichten fallen auf und bringen Menschen ins Nachdenken: Papst Franziskus mit seinem Verzicht auf die Purpurgewänder, der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer mit Fahrrad und Elektroauto, Bischöfe, die (angestoßen durch die CO2-Ampeln der Deutschen Umwelthilfe) emissionsarme Dienstwagen fahren. Die Glaubwürdigkeit von Führungspersonen in Leben und Handeln sowie ihre Vorbildfunktion für einen zukunftsfähigen Lebensstil kann so zum Thema der Predigt werden. Die Auslegerin, der Ausleger sollten dabei darauf achten, dass in ihrer Auslegung deutlich wird, dass viele in der Gemeinde durchaus in ihren Bereichen Führungsfunktionen haben.

2) Eine zweite Spannung, die sich in allen Lesungstexten findet, kann unter nachhaltiger Perspektive betrachtet werden: die Spannung zwischen (drohendem) Tod und neuem Leben. Allein aufgrund der Stellung des Palmsonntags im Kirchenjahr kann diese Spannung in der Predigt angesprochen werden. Explizit taucht sie aber auch in allen Lesungstexten bis auf das Markus-Evangelium auf:

- der Gottesknecht in Jes 50 war von Schlägen und Tod bedroht, vertraute aber auf Gott und wurde von ihm erhört

- anders als Markus gibt Johannes in seiner Erzählung vom Einzug Jesu eine Begründung, warum die Massen ihm als Herrscher huldigen: Jesu Begleiter erzählen den anderen, dass er Lazarus von den Toten auferweckt hat

- der Philipperhymnus zeichnet Präexistenz, Erniedrigung, Tod und Erhöhung des Messias in hymnischen Worten nach

Immer wieder erblicken wir in unserer Welt Zeichen des Todes, Menschen, die sich für nachhaltiges Leben und Handeln engagieren, werden mutlos, weil Klimawandel und Umweltzerstörung zu mächtig zu sein scheinen, um ihnen etwas entgegen zu setzen.

Die Lesungen des Palmsonntags machen Mut, den Zeichen des Todes zu trotzen und auf den Gott des (neuen) Lebens zu vertrauen. Sollte der, der Jesus von den Toten erweckt hat, nicht auch unsere Welt mit neuen Leben erfüllen können?

Dr. Wolfgang Schürger, München