2. Sonntag nach Trinitatis / 10. Sonntag im Jahreskreis
ev. Predigttext | kath. 1.Lesung | kath. 2. Lesung | kath. Evangelium |
Jes 55, 1-3b(3c-5) | 1 Kön 17, 17-24 | Gal 1, 11-19 | Lk 7, 11-17 |
Der Autor betrachtet den Predigttext der EKD Reihe sowie den Text der 1. Lesung. Thematisch geht es um die Frage: Was gibt dem Leben Sinn und Erfüllung über die Befriedigung von Grundbedürfnissen hinaus? Ferner wird das in Erscheinung tretende zwiespältige Gottesbild angesprochen, mit dem die für Gerechtigkeit Engagierten unlösbaren Spannungen ausgesetzt sind. Die über Israel als Strafe verhängte Dürre zwingt zum Nachdenken über die heute von Menschen verursachten Faktoren, die Dürre mit schlimmen Folgen erzeugen.
Exegetische Anmerkungen und Anregungen zur Auslegung
Jes 55, 1-3b - Es geht um ein Leben in Fülle.
A: Einfühlsam versetzt sich der Prophet in die Lage der deprimierten Deportierten. Er will sie, die glauben abgeschrieben zu sein, aufrichten und ihnen für eine tragfähige Zukunft Hoffnung machen. Das beginnt damit, dass dem hungernden und mittellosen Volk die Gewährung elementarer Lebensmittel zugesprochen wird. Marktschreierisch und dringlich werden sie eingeladen, sich mit Lebensnotwendigem wie Brot und Wasser gratis zu versorgen. Mehr noch, das Angebot stellt auch mit Milch und Wein ein Leben in Fülle vor Augen. Die Verheißung umfasst nicht nur die Rettung aus Babylon und die Heimkehr, sondern Leben in der Fülle von Gottes Segen. Es erschöpft sich nicht in der Zusage, das leibliche Wohl reichlich zu sichern. Erfülltes Leben, so der leidenschaftliche Appell des Propheten, ist nur zu haben, wenn sie sich für Gottes Wort öffnen und es sich zu Herzen nehmen (V. 3a). Andernfalls (V.2) verfallen sie dem Trugbild, sie könnten sich mit Geld Lebensmittel verschaffen, die nicht nähren und die Seele veröden lassen (vgl. Mt 16,26). Glück ist letztendlich nicht käuflich. Verlässlich ist allein Gottes unverbrüchliche Zusage, an seinem Bund mit dem Volk festzuhalten. Die Perspektiven von Heil und Segen für das Volk haben sich im Unterschied zu den Vorstellungen der zurückliegenden Zeit entscheidend verändert. Nicht mehr Wachstum und Siege über die Feinde sind erstrebenswerte Ziele für das Volk, sondern dass ferne Völker sich Israel wegen seines Heil bringenden Gottes anschließen wollen (V. 4).
B: "Ein leerer Bauch hat keine Ohren."
Im dritten Teil des Jesajabuches wird in Jes 58, 6ff (vgl. Mt 25, 31ff) sehr konkret ausgesprochen, von welcher Art heilbringendes Handeln zu sein hat.
Hinter der Protestbewegung „occupy" steht doch auch die fundamentale Kritik an einem Wirtschafts- und Finanzsystem, das sich einer schamlosen Bereicherung und Gewinnmaximierung verschrieben hat, ohne Rücksicht auf diejenigen, die dabei auf der Strecke bleiben. Ein Beispiel hierfür ist die Spekulation mit Nahrungsmitteln, an denen sich auch deutsche Finanzinstitute noch immer beteiligen.
(zum Bild: „Zweifle nie daran, dass eine kleine Gruppe achtsamer, fürsorglicher Bürger die Welt verändern kann; tatsächlich ist es schon immer das Einzige gewesen. - Margaret Mead")
1. Könige 17, 17-24 - Gott Jahwe gegen Baal – zu Lasten von vielen
A: Das Auftreten des Elija geschieht in einer Zeit der akuten Bedrohung des Jahwekultes. Es geht um die Auseinandersetzung mit dem Gott Baal und um die erneuernde Umkehr des Volkes zu Jahwe im Nordreich. Elija soll als Gottesbote Baal und seinen Anhängern den Kampf ansagen. Königin Isebel fördert den in Phönizien bestimmenden Baalsdienst am Hofe. In der städtischen Oberschicht wird Baal, der als Spender des Lebens das Land mit Regen und Fruchtbarkeit zu segnen verheißt, verehrt. Elija muss König Ahab ausrichten, dass der Regen ausbleiben wird, was der Ankündigung einer Katastrophe gleichkommt. Denn die Dürre wird nicht nur das Königshaus und die Elite, sondern das ganze Volk, insbesondere die Ärmsten treffen. Hunger und Elend werden die Folge sein. Die Preissteigerungen der dann knapp vorhandenen Lebensmittel sind für die nicht Privilegierten unbezahlbar. Trotz der landesweiten Plage durch die Dürre, versorgt Gott seinen Propheten (17,1ff). Elija wird ins Ausland nach Phönizien geschickt (V.9ff), dem Stammland des Himmelsgottes Baal. Auf dem Spiel steht, welcher Gott sich als der Stärkere erweisen wird. Die Botschaft des Elija lautet: Gott allein verschafft dem Land Regen und Leben, und zwar nicht nur in Israel, sondern auch bei den Menschen anderer Völker.
Die Erzählungen von der Bereitstellung von Mehl und Öl (die wichtigsten Grundnahrungsmittel, deren Erzeugung durch die Dürre verhindert wird) bei der Witwe sowie die Rettung ihres Sohnes, sind Beispiele für das lebenserhaltende Handeln Gottes. Jahwe besorgt Nahrung und Leben trotz Dürre und Elend und zeigt sich als Gott, der stärker ist als Baal und der Todesgott Mot.
B: Einem zwiespältigen Gottesbild eindeutig begegnen
Das in den Erzählungen vorgestellte Gottesbild ist zwiespältig und spannungsvoll. Einerseits bewirkt die wegen Isebels und Ahabs Verhalten verhängte Strafe Hunger und Not vieler Menschen. Andererseits zeigt sich Gott voller Fürsorge und als Lebensspender für einzelne. Mit dieser Spannung ist das Engagement für eine gerechtere, friedliche und schöpfungsverträgliche Welt immer wieder konfrontiert. Hilfsmaßnahmen, strukturelle Veränderungen für eine grundlegende Verbesserung der Lage benachteiligter Gruppen, erreichen oft nur einen Teil, während andere Teile unberücksichtigt bleiben (z.B. wegen Missmanagement, Korruption, Ressourcenknappheit, Verteilungsproblemen, Bevorzugung oder Vernachlässigung von Minderheiten.) Das ist für Christen/Christinnen, und nicht nur für sie, die sich nicht selten unter schwierigen und manchmal bedrohlichen Bedingungen für die Unterprivilegierten einsetzen und sich dabei in ihrem Glauben an den Gott des Lebens halten, schwer hinzunehmen.
1. Die vor allem in den südlichen Regionen unserer Erde spürbar werdende und zunehmende Wasserknappheit wird (nicht nur) durch die Klimaveränderung verursacht. Sie zeigt sich durch geringere oder unregelmäßig erfolgende Niederschläge mit der Folge von Dürre, Hunger, Armut, Landflucht. Es ist eine Binsenwahrheit, dass die Produktions- und Lebensweise eines Teils der Welt, zu dem wir gehören, mit der unmäßigen Produktion von Treibhausgasen der Hauptverursacher dieser Entwicklung ist.
2. Die begrenzt verfügbaren Süßwasserressourcen, die außer durch den Klimawandel unter anderem durch die wachsende Weltbevölkerung immer knapper werden, sind zusätzlich beansprucht durch den Verbrauch von sog. virtuellem Wasser. D.h. Produkte mit hohem Wassereinsatz werden zum Teil in Ländern mit einem erheblichen Wassermangel erzeugt. Das gilt z.B. für Kaffee, Tee, Kakao. Für die Herstellung von Kaffee für eine Tasse werden 280 l Wasser benötigt. Deutschland, das keinen Wassermangel kennt, gehört zu den 10 größten Importeuren von virtuellem Wasser.
Gerhard Fritz, Landau