Christi Himmelfahrt
ev. Predigttext | kath. 1. Lesung | kath. 2. Lesung | kath. Evangelium |
Apg 1, 3-4 (5-7) 8-11 | Apg 1, 1-11 | Eph 1, 17-23 | Lk 24, 46-53 |
Zu Apg 1,3 - 11
Himmelfahrt ist ein Festtag, der wenig im Bewusstsein der Menschen ist. Er ist bei uns ein staatlicher Feiertag und ein beliebter Tage für Ausflüge, immer noch und immer wieder besonders von Männern in Rudeln. Im theologischen Denken spielt Himmelfahrt keine den Festen Weihnachten, Ostern oder Pfingsten vergleichbare Rolle. Der theologische Gehalt von Himmelfahrt ist zunächst auch nur der des Überganges von der Zeit des Wirkens Jesu auf Erden zur Zeit der Kirche und damit des Wirkens Jesu durch den Heiligen Geist. Der bis zu seinem Tod begrenzte Wirkungskreis Jesu bekommt nach seiner Auferstehung eine universale Dimension. Das will Himmelfahrt sagen: Die Botschaft Jesu von der Liebe Gottes und seine Liebesethik bekommen universelle Gültigkeit. Anspruch und Verheißung von Frieden und Gerechtigkeit bekommen universelle Gültigkeit. Himmelfahrt ist somit in gewisser Weise ein Fest der Ökumene, des Weltkreises wie der weltweiten Christenheit.
Für die Frage der Nachhaltigkeit ist dies ein wichtiger Aspekt. Globales Denken ist nicht erst eine Erfindung des 20. Jahrhunderts. Das Christentum beanspruchte für seine Frohe Botschaft und seine ethischen Ansprüche von Anfang an weltweite Gültigkeit. Der Horizont hat sich im Laufe der Jahrhunderte erweitert, die bekannte Welt wuchs sozusagen. Damit wuchs auch die Zahl derer, die uns zu Nächsten werden können und denen wir zu Nächsten werden können. Wenn Südseeinseln im Meer versinken, weil die Durchschnittstemperatur der Atmosphäre auch durch unserer Verbrauch fossiler Energien steigt, dann sind die Bewohner dieser Inseln unsere Nächsten.
Globales Denken ist in unseren Kirchengemeinden noch nicht angekommen. Es ist auch schwer und scheint in uns Menschen nicht von vorneherein angelegt zu sein. Betroffenheit löst das aus, was wir erleben, was wir sehen, schon in geringerem Maß das, was wir hören. Was weit weg ist berührt uns weniger als das in spürbarer Nähe. Die Medien bringen uns das Ferne nahe – eine wichtige Aufgabe in unserer Zeit.
Vielleicht kann es uns gelingen, auch in der Predigt das Ferne in die Nähe zu rücken. Am besten gelingt dies mit Erzählungen aus der Ökumene. Dabei kann zugleich die Verbundenheit im Glauben mit den Menschen in der Ferne wie auch die Verbundenheit im gemeinsamen Schicksal der gemeinsam bewohnten Welt in den Blick genommen werden.
Zu Eph 1, 17 – 23
In Ihrem zweiten Teil ab Vers 20 deckt sich diese Perikope in ihrer Aussage sehr stark mit Apg 1, 1 – 11. Die Ausdehnung der Herrschaft Jesu Christi über die ganze Welt, ja auf das ganze Universum durch das Wirken Gottes als Geistkraft wird in doxologischer Terminologie beschrieben. Somit gilt das bereits oben Gesagte: Dieser Text auf Himmelfahrt ausgelegt macht den universellen, oder mit einem anderen Begriff, den globalen Anspruch der Ethik Jesu deutlich. Er eröffnet dem oder der Predigenden die Möglichkeit, den Blick der Gemeinde über den eigenen, unmittelbar wahrgenommen Nahbereich hinaus zu erweitern auf die Welt als ganze und den globalen Zusammenhängen und Auswirkungen unseres Handelns. Die Botschaft Jesu von Gottes bedingungsloser Liebe gilt allen Geschöpfen ebenso wie der Anspruch der Nächstenliebe.
In seinem ersten Teil macht diese Perikope deutlich, dass ein solches fürsorgliches Handeln wie auch die vorausgehende Erkenntnis seiner Notwendigkeit nicht selbstverständlich oder bereits im Menschen angelegt ist, sondern eine Wirkung des göttlichen Geistes, eine Wirkung Gottes selbst ist. Damit steht am Beginn allen Bemühens um nachhaltiges Denken und Handeln die Bitte, das Gebet um diesen Geist, der die Herzen der Menschen verwandelt. Es ist diese Verwandlung der menschlichen Herzen, des menschlichen Denkens und in Folge davon des menschlichen Handelns, mit dem Gottdiese Welt gestaltet – oder mit dem traditionellen Begriff – mit dem Gott die Welt regiert. Ohne Macht und Gewalt allein durch die Verwandlung der menschlichen Herzen verändert Gott die Welt. Zu diesem veränderten menschlichen Verhalten gehört auch die Etablierung neuer Strukturen, gerechterer Strukturen des Welthandels zum Beispiel oder gerechterer Machtstrukturen.
Zu Lk 24, 46 – 53
In dieser Perikope scheint wie in Apg 1 die Himmelfahrt Jesu und damit die Thematik des heutigen Festtages im Mittelpunkt zu stehen. Wenn in der Predigt dies in den Blick genommen werden soll, gilt das oben Gesagte. Der spezielle Akzent liegt jedoch wohl eher auf den ersten Versen und damit auf der Aussendung der Jüngerinnen und Jünger. Deutlich wird hier der globale Anspruch Jesu. Die Jüngerinnen und Jünger sind an alle Völker gewiesen, und allen Völkern gilt der Ruf zur Umkehr. Anfangen sollen die Jüngerinnen dort, wo sie sind. In diesem Sinne gilt der Ruf zur Umkehr zunächst einmal den Rufenden selbst und dann den Menschen in ihrer unmittelbaren Umgebung – auch wenn der Anspruch Jesu ein globaler ist. Umkehr meint zunächst die Umkehr zu Gott, aber damit zugleich auch eine Veränderung des eigenen Denkens und Handelns. Damit kann dieser Ruf zur Umkehr auch als ein Ruf zur Umkehr zu einem nachhaltigen Leben gedeutet werden. Das ist sicher eine Verengung des Umkehrrufes, aber eine zulässige, wenn sich der oder die Predigende dessen bewusst ist. Im Übrigen gilt das zu den beiden anderen Perikopen Gesagte.
Michael Gärtner