3. Sonntag nach Trinitatis / 11. Sonntag im Jahreskreis (17.6.18)

3. Sonntag nach Trinitatis / 11. Sonntag im Jahreskreis

ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
1 Joh 1, 5 - 2, 6 Ez 17, 22-24 2 Kor 5, 6-10 Mk 4, 26-34

Vorbemerkung

In der Heiligen Schrift schildern Menschen – wie in den heutigen Texten - oft ihre Wahrnehmung Gottes in bäuerlich-landwirtschaftlichen Bildern. Der Bauer, der unermüdlich pflanzt und sät, aber weiß, dass er selbst nicht wachsen lassen kann, sondern auf die Ernte warten muss und diese dann als Frucht seiner (harten) Arbeit und gleichzeitig als Geschenk des Himmels wahrnimmt, ist das Urbild jeder Nachhaltigkeit. Erst recht, wenn aus dem allkleinsten Samen die größte Pflanze wird (Markusevangelium). Unser gestaltender Umgang mit der Natur wird zur Kultur, die Gabe Gottes zur Aufgabe des Menschen, „im irdischen Leben Gutes zu tun“ (2. Korintherbrief). Wenn Jesus später der „gute Hirte“ wird, so ist und bleibt der himmlische Vater als „Schöpfer“ der Prototyp und Maßstab des „guten Landmannes“, der uns Beispiel gibt, wie wir mit der Welt umgehen sollen.

Ez 17, 22-24

„So spricht Gott“: das Sprechen Gottes steht nicht nur am Anfang dieses Textes, sondern auch am Anfang der Weltgeschichte. Gott sprach und es wurde Licht, Gott sprach und der Himmel entstand, Gott sprach und die Erde wurde allmählich zu einem Ort, an dem das Leben für Pflanzen, Tiere und Menschen möglich ist (vgl. Gen 1). Im Genesisbuch ist die Erschaffung der Welt unmittelbar mit dem Sprechen Gottes verbunden. Es ist durch sein Wort, dass Gott Neues ins Leben ruft, Dinge in Bewegung setzt, Ordnung ins Chaos bringt. Das Sprechen Gottes ist ein schöpferischer Akt. Sein Wort ist wirksam und bringt Gutes hervor.Das geschieht allerdings nicht nur zu Beginn. Als Schöpfer und Urheber des Lebens erweist sich Gott während der ganzen Heilsgeschichte, wenn er den Menschen, die an die Grenzen ihrer Möglichkeiten kommen, durch seine schöpferische Kraft und Liebe immer wieder neue Handlungsräume, neue Wege eröffnet. Gott steht bedingungslos zu seiner Schöpfung und zu seinem Volk, zu den Menschen. Ez 17, 22-24 ist ein wunderbares Beispiel dafür. Selbst dann wenn der Mensch ihm die Treue bricht und in eine Lage kommt, für die er selbst schuldig ist, verlässt Gott ihn nicht. Er ergreift stattdessen die Initiative und schmiedet einen Plan zur Wiederherstellung seines Volkes. Sein Wort wird auch in diesem Fall Gutes und Großes hervorbringen, vor allem aber Neues, Unerwartetes. Denn darin besteht die Besonderheit Gottes, dass er nicht in menschlichen Kategorien denkt und sich nicht an menschlichen Denkmustern orientiert. Er verwirklicht das, was für den Menschen nicht möglich ist und das, was diesem als nicht plausibel erscheint. Und daran erkennen wir ihn als den Herrn, daran erkennen wir uns selbst als seine Geschöpfe.

2Kor 5, 6-10

In diesem Abschnitt aus dem zweiten Korintherbrief legt Paulus den Fokus auf unsere menschliche Kondition. Zu unserem Dasein gehört die Dimension der Leiblichkeit, die zweifellos zunächst eine Einschränkungdarstellt: unserem Wahrnehmungs- und Erkenntnisvermögen sowie unseren Handlungsmöglichkeiten sind Grenzen gesetzt. Die Erfahrung von Krankheit und Tod lässt uns ebenfalls unsere Begrenztheit deutlich spüren. Für Paulus stellt unsere Leiblichkeit insbesondere ein Hindernis für ein Leben ganz bei Gott dar. Weil wir in einem Leib zu Hause sind, leben wir fern von ihm. Wir begegnen Gott nur als Glaubende und nicht als Schauende. Wir können ihn nicht in seinem Wesen und in seiner Wahrheit erfassen. Die vollkommene Schau Gottes bleibt uns verwehrt.

Und dennoch zeigt die Fähigkeit zum Glauben, dass die menschliche - leibliche - Existenz nicht nur Hindernisse bedeutet. Indem er glaubt, weist der Mensch auf eine Wirklichkeit hin, die größer als er ist und die die Grenzen unserer physikalischen Welt übersteigt. Der Glaube ist Ausdruck der Fähigkeit des Menschen, sich selbst und seine Welt zu transzendieren bzw. sich zuetwas zu verhalten, was jenseits des Physikalischen und physisch Wahrnehmbaren liegt. Zudem begründet der Glaube die Hoffnung und weitet bis ins Unendliche den Horizont der Liebe. All das bildet die Grundlage einer Beziehung zu Gott während unseres irdischen Lebens, die nach unserem Tod nicht anders, wohl aber vollkommener sein wird.

Mk 4, 26-34

Worum es in diesem Abschnitt aus dem Markusevangelium geht, wird direkt am Anfang deutlich. Es geht um das Reich Gottes und um den Versuch Jesu zu erklären, was damit gemeint ist. Dazu dienen hier zwei Gleichnisse aus dem Bereich der Landwirtschaft, der den Zuhörern Jesu wohl vertraut war. Die zwei Bilder, die Jesus benutzt, sagen allerdings nichts darüber, was das Reich Gottes ist, sondern vielmehr wie es sich mit ihm verhält. Im Vers 33 stelltder Evangelist eine Verbindung her zwischen den Gleichnissen und dem „Wort“, das Jesus verkündet. Das Reich Gottes geht auf ein Wort zurück, das Gott in und durch Jesus spricht und das als solches schöpferische Kraft enthält und Gutes hervorbringt. Das Reich Gottes ist kein menschliches Werk, sondern ein Geschenk des Schöpfers an uns Menschen, das sich allerdings auf eine Art und Weise entwickelt, die uns Menschen verborgen bleibt. Wir betrachten als Glaubende das Wachsen des Reiches Gottes, ohne sein Geheimnis durchdringen zu können, ohne alles verstehen und erkennen zu können, wohl aber in der Zuversicht, dass es groß werden und Früchte bringen wird. Das Wachsen des Reiches Gottes birgt für den Menschen eine Unverfügbarkeit, die uns vor der Last befreit, Leistung bringen zu müssen und erfolgreiche Unternehmungen durchführen zu müssen. Der Erfolg vom Reich Gottes hängt nicht in erster Linie von unseren Bemühungen, sondern von der Intention und der Zusage Gottes ab. Das bedeutet allerdings nicht, dass wir uns als passive Zuschauer verhalten dürfen, uns zurücklehnen und einfach auf den positiven Ausgang des Plans Gottes warten dürfen.Weil Gott in Jesus uns dazu einlädt, in Beziehung mit ihm zu treten, können wir an seinem Werk Anteil haben und mitwirken. Wie der Mann, der Samen auf den Acker sät, können wir Samen des Friedens, der Gerechtigkeit und der Versöhnung säen in der Zuversicht, dass sie nicht in der Erde sterben, sondern zu einem guten Zeitpunkt keimen werden. Dabei sollen wir keine Angst haben, selbst die kleinsten Samen zu streuen, denn gerade die wird Gott zu etwas unerwartet Großem wachsen lassen.

Im Genesisbuch lesen wir, dass Gott dem Menschen die Schöpfung, zu der er selbst gehört und in der er eine herausragende Stellung einnimmt, anvertraut mit der deutlichen Aufforderung, sie zu bewahren. Die Lesungen dieses Sonntags bieten keinen konkreten Hinweis dazu, wie wir Menschen dieser Aufforderung nachgehen können. Vergeblich werden wir nach einem praktischen Leitfaden suchen, der uns hilft, auf dieser Welt so zu handeln, dass die Ressourcen unseres Planeten vernünftig und nachhaltig eigesetzt werden. Die Lesungen bieten aber viel mehr als das. Der rote Faden, den man darin erkennt, weist auf ein Verhältnis hin, das meines Erachtens auf der Basis nachhaltigen Handelns steht und es in christlichen Sinne begründet.

In der ersten Lesung steht Gott im Mittelpunkt, der durch sein Sprechen Dinge ins Leben ruft und in Bewegung setzt. Dies weist auf den Schöpfer hin, der alles erschaffen hat und alles in seiner Hand hält, damit das Leben weiterbesteht und sich weiterentwickelt. Dem Schöpfer verdanken wir unser Leben und alles, was wir zum Leben benötigen. Die zweite Lesung macht uns deutlich, dass wir Menschen Teil der Schöpfung sind und dass wir aufgrund unserer Beschaffenheit begrenzte Möglichkeiten haben. Letzteres kommt auch im Evangelium zum Vorschein, in dem es um das Reich Gottes geht. Weil allerdings das Reich Gottes in Jesus als Beziehungsangebot zu uns kommt, sind wir nicht passive Empfänger einer Handlung Gottes an uns, sondern Teilhabende und Mitwirkende an seinem Werk.

Diese Lesungen laden uns dazu ein, das ursprüngliche Verhältnis zwischen Gott und dem Menschen wieder in dem Blick zu nehmen, Gott als Schöpfer und Urheber des Lebens zu erkennen und uns selbst als Teil seiner Schöpfung zu verstehen, in dem Bewusstsein, dass wir ihm alles verdanken, was wir zum Leben brauchen. Das soll in uns nicht so sehr ein Gefühl der Abhängigkeit, wohl aber ein Gefühl der Dankbarkeit wecken, das uns ermöglicht, verantwortungs- und respektvoll (und insofern nachhaltig!) mit dem Geschenk umzugehen, das wir unverdient von ihm bekommen haben.

In der Nachfolge der Jünger Jesu und unter seinem bleibenden Beistand sind wir als Kirche dazu eingeladen, den Sinn der Gleichnisse zu durchschauen und „sinngemäß“ die Botschaft des Evangeliums in unserem Handeln umzusetzen: „seinen Jüngern erklärte er alles“!

1. Johannesbrief

Vorbemerkung

Nachhaltigkeit beginnt immer im Kopf. Es ist zunächst eine Frage des Bewusstseins.Eine wichtige Voraussetzung für nachhaltiges Handeln ist, dass wir unser Selbstbild von Täuschung und Lüge befreien und unser inneres und äußeres Wesen aktiv unter den Anspruch der Wahrheit stellen.

1. Joh 1,5 bis 2,6

Johannes weist uns in seinem ersten Brief darauf hin, dass wir Sünder sind. Und tatsächlich sind wir immer wieder versucht, die Stelle Gottes einzunehmen, uns als Alleinherrscher und Besitzer dieser Welt zu deklarieren und uns dementsprechend zu verhalten.Macht und Kontrolle üben auf uns Menschen immer wieder eine besondere Faszination aus und ziehen uns in ihren Bann. Es hilft, den kritischen Blick auf sich selbst zu richten und der Wahrheit unseres Lebens und unseres Handelns ins Gesicht zu schauen. „Wenn wir sagen, wir haben keine Sünde, so betrügen wir uns selbst“ (1 Joh 1, 8), schreibt Johannes. Wenn wir erkennen, dass wir nicht alles können und dass wir Fehler machen, dass wir Gott in unserem Leben brauchen, auf seine und auf die Vergebung anderer angewiesen sind, werden wir auf dieser Welt auf eine andere Art und Weise unterwegs sein und anders mit den uns anvertrauten Gaben und Gütern umgehen.

Als Kirche sollten wir aus einem solchen Text aber nicht – wie früher oft üblich - nur „moralischen Druck“ ableiten: „Du sollst nicht sündigen!“ Wir können – in unserem Denken und Handeln selbst um Wahrhaftigkeit bemüht – den Menschen die Einladung weitergeben, wie schön es ist, als „Kinder des Lichts“ zu leben. Auch das wäre ein starkes Moment von Nachhaltigkeit.

Valentina Perin, Frankfurt