Quinquagesimae / 8. Sonntag im Jahreskreis (26.02.17)

Quinquagesimae / 8. Sonntag im Jahreskreis [III/A]

ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
Lk 10, 38-42 Jes 49, 14-15 1 Kor 4, 1-5 Mt 6, 24-34

Der Sonntag Quinquagesimae oder Estomihi bzw. der 8. Fastensonntag steht am Anfang der Woche, in der auch die Fastenzeit mit dem Aschermittwoch beginnt. Die Nachfolge Jesu durch das Leid hindurch, das besonders in den Unterdrückten und Armen dieser Welt zum Ausdruck kommt, steht im Vordergrund, wobei in vielen Regionen an diesem Wochenende das Thema Fastnacht eine große Rolle spielen dürfte.

Die Texte aus dem Lukasevangelium und dem Buch Jesaja können gut in Verbindung mit dem Thema Diakonie oder in der Fastenzeit oft durchgeführten Sozialprojekten gebracht werden. Der Text aus dem Matthäusevangelium bietet Ansatzpunkte für das Thema Fastnacht, besonders in Bezug zum Thema Sorglosigkeit.

Lk 10, 38-42

Ist das Hören wichtiger als das Handeln?
Es handelt sich um einen eher sperrigen Text, da hier zwei Haltungen gegeneinander ausgespielt werden, die in der Regel beide für einen Christen gut und nachahmenswert sind. Jesu Antwort am Ende dieser Perikope ist aus christlicher Sicht heute eher ungewöhnlich, weil sie das Hören auf Jesu Wort über den Dienst für Jesus stellt.

So kommt seine Antwort zunächst einem Schlag ins Gesicht gleich für all diejenigen, die ihr Christsein besonders durch ihren aktiven Einsatz definieren. Außerdem steht die Diakonia (Dienst) neben der Liturgia (Feier) und der Martyria (Zeugnis) als gleichberechtigte Säule der Grundvollzüge von Kirche und ist den beiden anderen nicht untergeordnet.

Und doch verweist Jesus darauf, dass Maria den guten Teil erwählt hat. Eine sehr ungewöhnliche Haltung Jesu, da sein Handeln und seine Botschaft an anderen Stellen besonders die tätige Nächstenliebe betonen, beispielsweise im Gleichnis vom barmherzigen Samariter, das unmittelbar vor dieser Perikope steht.

Welches Handeln ist wirklich nachhaltig?
Eventuell ist es nicht das Handeln oder das Zuhören an sich, das in einem Gegensatz zueinander steht, sondern die Haltung, die dahinter steht.

Marta macht sich viel Arbeit, aber was ihr zu fehlen scheint, ist ein wirkliches Interesse an der Person Jesu und seiner Botschaft. Ihr Handeln zielt nur auf ihre Leistung ab. Nachhaltiges Handeln rückt jedoch nicht unsere Leistung in den Mittelpunkt, sondern das, worauf sich mein Handeln bezieht. Nachhaltigkeit ist dann erreicht, wenn Veränderung spürbar ist, auch eine Veränderung unserer Haltungen und Einstellungen. Der Einsatz für notleidende Menschen in der Welt beispielsweise ist dann wirklich nachhaltig, wenn ich mich auf die Not einlasse und mich und mein Handeln davon bewegen lasse. Gerade bei Sozialaktionen ist nicht nur entscheidend, wie viel Geld eingenommen wird, sondern auch, ob die Menschen, welche die Aktion vorbereiten und durchführen, etwas für sich mitnehmen und anderen etwas mitgeben.

Jes 49, 14-15

Warum mischt sich Gott nicht ein?
Die Frage ist für viele Menschen heute sehr aktuell. Fühlte sich das Volk Israel im babylonischen Exil von Gott verlassen, lassen heute kriegerische Konflikte, ungerechte Ressourcenverteilung und ökologische Probleme wie der Klimawandel viele Menschen immer wieder danach fragen, warum sich Gott auf der Welt nicht einmischt, obwohl wir wissen, dass wir es selbst sind, die für viele Entwicklungen verantwortlich sind.

Vorsehung und Freiheit – Fürsorge und Selbstständigkeit
Unter göttlicher Vorsehung verstehen wir die Fürsorge Gottes für seine Geschöpfe, durch die sich sein Heilsplan verwirklicht. So wird Gott mit einer Mutter verglichen. Mütter sorgen sich, organisieren Vieles für ihre Kinder und stellen Regeln auf.

Gleichzeitig setzt der Vorsehungsglaube die Freiheit der Geschöpfe voraus. Am Beispiel des Mutter-Kind-Verhältnisses wird deutlich, was das heißen kann: Kinder entdecken die Welt für sich, tragen Konflikte oft selbst aus und machen Fehler, aus denen sie lernen können.

Kein bequemer Glaube
In der Auseinandersetzung mit sozialen und ökologischen Problemen unserer Zeit müssen wir auf die Heilszusage Gottes vertrauen. Nach wie vor hat er einen Plan mit uns. Seine Zusage macht uns jedoch nicht zu abhängigen Kindern, sondern fordert uns in unserer Selbstständigkeit zum Handeln heraus.

Mt 6, 24-34
Sorgt euch nicht …
Sich nicht darum zu sorgen, was man isst, trinkt oder anzieht oder sich nicht darum zu kümmern, was morgen sein wird, scheinen auf den ersten Blick gemeinsame Aspekte von Fastnacht und der Aussage Jesu zu sein. Die Sorglosigkeit, von der Jesus spricht, ist allerdings eher als Gegensatz zu dem teilweise sorglosen Treiben der Fastnachtstage zu sehen, in denen sich keine Sorgen um Regeln gemacht werden. Sinnvoll ist es sicherlich, diese Haltung nicht zu verteufeln evtl. angemessen zu hinterfragen.

Sorglosigkeit bezieht sich hier auf die richtige Lebensorientierung. Es geht um den ungeteilten Dienst. Eine äußerliche Orientierung am „Mammon“, was übersetzt „Besitz“ oder „Vermögen“ bedeutet, ist nicht vereinbar mit der Ausrichtung auf das Reich Gottes. Die Sorge um Materielles – hier sind exemplarisch Essen und Kleidung genannt – gehört nicht zu den wichtigen Dingen.

Welchem Herrn dienen wir?
Welchem „Herrn“ dienen wir in unserer Konsumgesellschaft, deren Wohlstand an materiellen Gesichtspunkten gemessen wird?

Beim Thema Essen und Kleidung, die hier exemplarisch für die irdischen Dinge stehen, gibt es heute verschiedene Trends. Zum einen spielen bestimmte Labels bei Kleidung immer noch eine große Rolle. Unabhängig davon, unter welchen Bedingungen produziert wurde, oder wie stark die Umwelt durch Schadstoffe belastet wurde. Bestimmte Kleidung ist ein Statussymbol, für das gerne viel Geld ausgegeben wird. Hinzu kommen heute die technischen Geräte wie Smartphone oder Tablet. Oftmals wird mit Verträgen geworben, in denen jedes Jahr ein neues Handy garantiert ist. Essen muss billig sein, aber wir wollen auf nichts verzichten, schon gar nicht auf Fisch und Fleisch. Eine große Auswahl ist wichtig und auch kurz vor Ladenschluss muss die Auslage der Bäckerei gut gefüllt sein, egal, was am Ende des Tages weggeworfen wird.

Auf der anderen Seite spielt das Thema fairer Handel eine immer größere Rolle, sowohl bei Kleidung als auch beim Essen. Immer mehr Menschen achten bei ihrem Einkauf auf regionale, saisonale und Bio-Produkte. Die Sorge um Ressourcen und den Menschen scheint immer mehr ins Bewusstsein zu rücken.

„Euch aber muss es zuerst um sein Reich und seine Gerechtigkeit gehen“. Vielleicht können wir diesem Anspruch nicht hundertprozentig gerecht werden. Besitz und Erwerb spielen in unserer Gesellschaft eine wichtige Rolle, was es umso wichtiger macht, die Gerechtigkeit im Blick zu behalten und einen angemessenen Umgang mit materiellen Dingen zu finden.

Michael Langer, Bad Nauheim