#language matters
Schwerpunktthema 2024/25
Hinweis: Das jährliche Schwerpunktthema bietet zusätzliche Hintergrundinformationen zum Zusammenhang »Kirche, Christsein und Nachhaltigkeit«. Die Predigtimpulse im jeweiligen Kirchenjahr greifen es vereinzelt auf, sind aber nicht an das Schwerpunktthema gebunden.
Kriege, Klimaangst, Angriffe auf Freiheit, Menschenwürde und Menschenrechte: Die Zuversicht, etwas ändern zu können, schwindet zunehmend, Viele fühlen sich ohnmächtig – obwohl gerade der christliche Glaube eine Rolle der Mitgestaltung und Heilung nahelegt und auch Stärkung verspricht! Warum kommt dieses christliche »empowerment« im Alltag global so wenig zur Geltung? Welche Bedeutung hat dabei die Sprache?
Es kann, oder besser sollte nicht sein, dass »konkurrierende Sprachmuster« in einer christlich geprägten Welt auf einmal Bedenken, Lähmung oder Angst transportieren, statt Hoffnung zu machen!
Das Schwerpunktthema »Gestalten – mit Sprache« soll solche Muster in den Blick nehmen, sie entschlüsseln und Alternativen aufzeigen, die sich aus der Erfahrung aus der praktischen Entwicklungs- und Umweltarbeit ergeben. Welche Ansätze bietet die Bibel, um eine Sprache der Hoffnung und Mitgestaltung (wieder) in den Vordergrund zu stellen? Das betrifft Klimawandel und Kriege – aber auch andere Bereiche, in denen soziale Ungerechtigkeit auf Ohnmacht, Angst und Lähmung stößt.
Hinschauen - und darüb
Dr. Gerd Müller, in den Jahren 2013 bis 2021 in Deutscher Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, hat 2021 in seinem Grußwort an »nachhaltig predigen« eindringlich darauf hingewiesen, dass wir nicht wegschauen dürfen, wenn in anderen Ländern der Welt Menschen und Natur ausgebeutet werden. Hinschauen ist ein wichtiger Baustein, um ins Reden und Gestalten zu kommen. Das Ergebnis war das deutsche Lieferkettengesetz, ebenfalls im Jahr 2021.
Das europäische Lieferkettengesetz ist in der Schwebe. Anfang April 2025 strebt das EU-Parlament einen Aufschub an: Wettbewerbsnachteile werden befürchtet (s. www.tagesschau.de/ausland/europa/lieferkettengesetz-eu-parlament-102.html). Sprechen wir über Sinn und Zweck fairen Wirtschaftens.
In der (kirchlichen) Entwicklungsarbeit, aber nicht nur dort, stellt sich die Frage nach fairem Umgang auf Augenhöhe. Es gibt unterschiedliche Vorstellungen von »Entwicklung«. Manches muss sich dem Vorwurf eines Neokolonialismus stellen, in dem die Helfenden bestimmen, welche Entwicklung für die Länder etwa des Globalen Südens »richtig« ist. Entwicklungshilfe auf Augenhöhe setzt jedoch zunächst den Aufbau einer echten »Du«-Beziehung voraus (s. Projekt »Keine Energie auf Kosten der Ärmsten!« von Misereor als anschauliches Beispiel).
Stephan Grätzel erforschte als Professor für Praktische Philosophie die Rolle der Sprache bei der Entstehung und der Erhaltung fairer und gelingender Beziehungen. Dem Phänomen der »Dialogik« kommt eine Schlüsselrolle zu, will man Sprache in ihrer Beziehung stiftenden Funktion zur Geltung bringen.
» zum Beitrag »Sprache stiftet Beziehungen«
Dr. Stephan Grätzel, 1998-2018 Universitätsprofessor für Philosophie, Johannes Gutenberg-Universität Mainz, leitete den Arbeitsbereich Praktische Philosophie sowie die internationalen Forschungsstellen zu Maurice Blondel und Eugen Fink. Seine Arbeiten zum Thema Sprache flossen u. a. in Versöhnung: die Macht der Sprache (Freiburg 2018) und Verstummen der Natur (Würzburg 1997) ein.
Sprache kann lähmen, Ohnmachtsgefühle auslösen, das, was wir angesichts aktueller ökologischer und sozialer Herausforderungen, die zum Handeln drängen, gerade nicht brauchen. Dabei ist Sprache bei genauem Hinsehen ein wesentlicher Lösungsansatz. Zum einen, dass über Probleme gesprochen wird, zum anderen aber auch, wie über sie gesprochen wird: Die Schuld hin und her zu schieben hilft nicht weiter, sondern ins (Neu-)Gestalten und Handeln zu kommen. Neue Wege finden »zu können« statt verzichten »zu müssen«.
Maria Clara Kissel arbeitet bei Pax Christi in der Friedensforschung, hat Religionswissenschaften und Soziologie studiert und und befasst sich schon länger mit der Frage, wie sich Religion und deren Inhalte sprachlich vermitteln und wie sie (auch bei ihrer beruflichen Tätigkeit) wirklich wirksam werden können.
» zum Beitrag »Schuld, Ohnmacht und Klimaerwärmung: Warum unsere Sprache ein Problem ist und wie sie Teil der Lösung werden kann«
»Friede sei mit dir – und zeige sich in deiner inneren Haltung, deiner Gestaltungskraft und in deiner Gestaltungsbereitschaft!«
- Idee des Zusammenlebens
Die Themenseite »Gestalten - durch Sprache« begleitet unser Kooperationsprojekt »nachhaltig predigen« durch das Kirchenjahr 2024/25. Das Thema wird wie üblich im Laufe des Kirchenjahres vertieft und in Zusammenarbeit mit den beteiligten Bistümern und Landeskirchen inhaltlich ausgearbeitet.
Ihre Redaktionsgruppe | Stand 25.11.2024 |