Sexagesimae / 7. Sonntag im Jahreskreis (23.02.14)

Sexagesimae / 7. Sonntag im Jahreskreis

 

ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
Apg 16, 9-15 Lev 19, 1-2.17-18 1 Kor 3, 16-23 Mt 5, 38-48

 

Der Verfasser betrachtet alle vorgesehen Predigtperikopen. Stichworte zur Nachhaltigkeit:

Gottes Liebe ist nicht gesetzlich, sie ist ansteckend und übergreifend, nicht auf bestimmte Menschen oder Gruppen von Menschen beschränkt (Apg) Die Wahrnehmung der Liebe des Schöpfers, die in uns lebendig wirkt, gerät in unserem Handeln und Denken all zu oft in den Hintergrund.  Nur wenn ich das Göttliche in mir wahrnehme, kann ich in Liebe den Nächsten zurechtweisen,  wenn er zum Beispiel gegen Gottes Schöpfung handelt (Lev.). Der in uns wirkende göttliche Geist baut das Haus auf und macht es bewohnbar: die Kirche und weiter gesehen, die Schöpfung (Kor).

In diesem Haus sind die Grenzen überwunden und es wird erfahrbar, dass Gottes Sonne der Liebe über allen Menschen scheint und  Frieden ermöglicht (Mt). Aus dem Geist Gottes kommen Menschen zu einer neuen Haltung: Vertrauen auf den Geist, der zum Frieden Gottes  führt, zur tiefsten Nachhaltigkeit überhaupt.

 

Stellung im Kirchenjahr

Dieser Sonntag liegt in der Zeit zwischen Weihnachten und der bald beginnenden österlichen Bußzeit.

Wir haben die Zeit der Geburt des Herrn, des Festes der Menschwerdung unseres Schöpfers hinter uns. Wir haben seine Liebe neu erfahren, haben von seinen Gaben reichlich genossen und  können in dieser Zwischenzeit, vor der österlichen Bußzeit uns wieder in den gewöhnlichen Alltag des Lebens einfinden. Es ist eine Zeit der Normalität, eine Zeit des Alltags und von daher gesehen sicher auch geeignet, um die innere Haltung gegenüber dem Alltäglichen zu schärfen, gegenüber dem, was uns täglich geschenkt ist.

 

Apg 16, 9 -15

Exegetische Hinweise

Vor diesem Predigttext stehen der Bericht des ersten Konzils, der Versammlung der Apostel und die dort gefassten Beschlüsse. Der Streit zwischen Judenchristen und Heidenchristen und seine  Lösung ermöglichen die Ausbreitung des Christentums. Paulus spürt im Traum, dass er versuchen soll im kulturellen Zentrum des Hellenismus, in Mazedonien,  die Botschaft Jesu Christi zu verkünden.

In Philippi trifft er auf Lydia, die Purpurhändlerin, die sich nach Paulus Predigt taufen lässt.

Die Botschaft des Glaubens an den in Christus Mensch gewordenen Gott, dessen Liebe den Armen gilt, scheint sie überzeugt zu haben.


Assoziationen

Die Apostel haben auf dem ersten Konzil Einigungen gefunden; die Botschaft der Liebe Gottes kann nicht eingeengt sein auf Gesetze und Dogmen, sie muss alle Menschen erreichen, letztlich bedingungslos. Davon getrieben macht sich Paulus von Troas aus auf und will den Heiden das Evangelium verkünden, die frohe Botschaft.

Dabei stellt sich mir die Frage, treibt uns diese Botschaft der Liebe Gottes heute auch? Handle ich aus diesem Antrieb und ist es mein Anliegen, Gottes Liebe den Menschen in meinem Umfeld lebendig zu machen?  Paulus ging weit über sein Umfeld hinaus. Er war ein Getriebener der Sache Jesu. Öffnen wir, wie  Paulus in Philippi, die Herzen der Menschen?

 

Lev 19, 1 -2.17 – 18

Exegetische Hinweise

In Lev 19 geht es um die Heiligung des täglichen  Lebens. Es handelt sich um eine Kurzfassung der Thora. Die wichtigsten Gebote für ein gelingendes Leben sind aufgeschrieben.

Es geht um die alltäglichen gesellschaftlichen Beziehungen der Menschen untereinander.

Wie geht man mit Diebstahl, Betrug, Meineid usw. um? Wie ist Gewalt gegen sozial Schwache zu beurteilen?  Alles gipfelt im Gebot der Nächstenliebe, ja der Feindesliebe.


Assoziationen

„Seid heilig, denn ich der Herr, euer Gott, bin heilig“.  So beginnt Gott seine Rede zu Moses.

Er, der Herr,  ist das Gesetz und die Grundlage aller menschlichen Spielregeln, an ihm sollte sich alles messen.

Was aber heißt heilig sein?

Liebe statt Hass. Liebe statt Rache. So zu werden wie Gott. Das klingt zunächst blasphemisch, aber es verdeutlicht unsere göttliche Herkunft (Gen 2,7). Diese haben wir leider häufig vergessen, vergessen darum auch den liebenden Umgang mit der Schöpfung, mit den Menschen, die Achtsamkeit, die auch die liebende Zurechtweisung beinhaltet.  Anstelle dessen haben wir uns gesetzt und unsere Haltung wird somit zur Ideologie, die nur sich selber gelten lässt. Die versucht möglichst viel für sich selber zu gewinnen.

Den Nächsten lieben wie Gott, wie mich selber, dazu braucht es auch Mut, Ehrlichkeit. Nur so kann ich ihm sagen, wenn etwas nicht gut ist, wenn er gegen Gottes Liebe, seine Schöpfung und seine Geschöpfe handelt.

 

1 Kor 3, 16 – 23

Exegetische Hinweise

In diesem Abschnitt des Korintherbriefes geht es um das Verhältnis der Gemeinde zu ihren Verkündigern im Lichte der Weisheit des Gekreuzigten (1,10 - 4,21). Paulus  hatte die Gemeinde in Korinth gegründet. Er hat sie aufgebaut. Nicht allein Paulus verkündigte und baute auf, es gab viele Prediger.  Allen aber soll es nur um Christus, den Gekreuzigten, gehen.

Nach dem Aufbau folgt das Wohnen im Hause Gottes, in der Gemeinde. Es geht um die Gemeinde, die als Ganze gesehen werden muss. In diesem Tempel Gottes wohnt  sein Geist. In jedem einzelnen Christen und somit in seiner ganzen Gemeinde.

 
Assoziationen

Gottes Geist lebt und wirkt in uns, in jedem von uns, in jedem einzelnen Baustein seines Hauses, seiner Gemeinde. Welche Vielfalt sich da auftut: unterschiedliche Meinungen, Richtungen, Ideen, Visionen. In einem solchen Haus scheint es schwer zu sein zu wohnen, miteinander zu leben, alles unter ein Dach zu bekommen.

Gottes Geist scheint oft so fern zu sein, dabei lebt er in uns, so nah.

Das Haus Gottes ist auch Sinnbild für die ganze Welt, für alles, was zu ihr gehört. Gottes Tempel ist heilig und das sind wir. Gott wahrnehmen, seinen Geist wahrnehmen, die Liebe Gottes in Christus wahrnehmen, ihr immer wieder nachspüren, hilft das Haus bewohnbar zu machen.

„Lasse Gott wirken und sprechen“ (Meister Eckhard, in Lectura Eckhardi, Stuttgart1998)

 

Mt 5, 38 -  48

Exegetische Hinweise

Die alttestamentarischen Regelungen aus Exodus, Leviticus und Deuteronomium  im sog. „Talionsprinzip“ ordnen die Vergeltung, wie sie hier beschrieben wird: Auge um Auge...

Jesus hebt dieses jus talionis auf und gibt  Beispiele. Auffallend ist, dass die Hörer nicht allgemein angesprochen werden, sondern sehr persönlich.  Die Gebote verbieten kein Unrecht, sondern sprechen vom Unrecht leiden und führen zu der Frage, wie der derjenige handelt, dem es um das Recht des anderen Menschen geht, wenn ihm selber Unrecht geschieht.

Ganz zentral wird  in 5,43 Leviticus aufgenommen: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.

Die Feinde soll man lieben, für die Verfolger beten.

Wer der Nächste ist, wird in einem Bildwort beschrieben: Alle, denn Gott lässt seine Sonne über Böse und Gute aufgehen und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte.

Hinter allem steht bei Matthäus die Frage nach der Heilung  der gefährdeten und bedrohten Gemeinschaft.

 
Assoziationen

Hohe Ideale sind das, die Jesus vorstellt. Sind sie überhaupt erfüllbar?

Im Grunde geht es Jesus darum, zu zeigen, dass alle Menschen unter das Gebot der Nächstenliebe fallen, auch die Feinde, die Verfolger, die Bösen. Wer den Menschen in der christlichen Gemeinde, im Haus Gottes, in der Kirche feindlich gegenüber tritt, der soll auf Liebe und Fürbitte stoßen, denn Gott selber, die vollendete Liebe, unterscheidet in seinem Handeln nicht zwischen Bösen und Guten.  Gottes Liebe regnet über alle herab, seine Liebessonne scheint auf  alle Geschöpfe. Wer nur den Nächsten im engeren Sinne liebt, unterscheidet sich nicht von den Heiden. Gottes Liebe kennt keine Grenzen mehr. Nachfolger Jesu, Bewohner des Tempels Gottes, Christen und Christinnen sind als Konfliktlöser zwischen Arm und Reich, Frau und Mann, Alt und Jung prädestiniert und gefragt. Sie sind Friedensstifter, nachhaltige Friedensstifter, denn nur im Frieden kann Gottes Schöpfung blühen.

 

Godehard König