Trinitatis / 5. Dreifaltigkeitssonntag
ev. Predigttext | kath. 1. Lesung | kath. 2. Lesung | kath. Evangelium |
4 Mose 6,22-27 | Ex 34, 4b.5-6.8-9 | 2 Kor 13, 11-13 | Joh 3, 16-18 |
Die Texte für den Trinitatissonntag/ Dreifaltigkeitssonntag der Perikopenreihe II der EKD , 4. Mose 6,22-27, bzw. des katholischen Lesejahres A, 2. Mose 34,4b.5-6.8-9; 2. Korinther 13,11-13, Johannes 3,16-18, enthalten zwei Aspekte zum Thema Nachhaltigkeit: Zum einen das Thema „Segen“ im Sinne von nachhaltiger Ausstattung mit dem Lebensnotwendigen, zum anderen das Schwerpunktthema 2018/19 Teilhabe (bzw. Teilgabe), für die die Personen der Trinität urbildlich stehen.
Das Dreifaltigkeitsfest/ Trinitatisfest wurde erst durch Papst Johannes XXII. 1334 in den Römischen Kalender aufgenommen. Es wird in der säkularer Gesellschaft noch weniger wahrgenommen als sog. Hochfeste wie Ostern oder Pfingsten. Dreifaltigkeit / Trinität erscheint Vielen als intellektuelle Kopfgeburt, eher ein kompliziertes Glaubenshindernis als eine Hilfe zum Glauben. Tatsächlich glauben wir nicht an die Trinität – sie ist eine Lehre, die den Glauben nach innen und außen erklären soll -, sondern an den dreifaltigen/ dreieinigen Gott.
Wie stellen wir uns Gott vor? Natürlich können wir uns Gott eigentlich gar nicht vorstellen. Er übersteigt alle unsere Lehren, Bilder und Gedanken. Und doch müssen wir uns Gott vorstellen.
Die Lehre von der Trinität/ Dreifaltigkeit will ausdrücken: Gott ist nicht ein für alle Mal, sondern je und je. Er ist in Beziehung, dynamisch, aktiv, offenbart sich je in unterschiedlicher Weise. Er hat eine Geschichte: mit der Welt, mit seinem Volk, mit jeder und jedem einzelnen von uns.
Gott lässt sich nicht durch intellektuelle Mutmaßungen erfassen. Gott ist „mysterion“, Geheimnis. „Geheimnis“ heißt nicht, den Verstand auszuschalten und einfach nur zu glauben, was man eh nicht verstehen kann. Gerade heute ist das theologische Argument unverzichtbar und wichtig. Glaube ist vernünftig. Aber: Gott geht nicht in unseren Gedanken und Worten auf, er ist immer größer.
„Viel Glück und viel Segen“? - 4. Mose 6,22-27
Der sog. Aaronitische Segen ist Predigttext der 2. Perikopenreihe der EKD. Martin Luther hat ihn wieder eingeführt, seither ist er der (evangelischen) Gottesdienstgemeinde am Ende jeden Gottesdienstes vertraut, nicht aber als Predigttext. Es handelt sich auch ursprünglich um einen gottesdienstlichen Text, einen Segen aus dem Jerusalemer Tempel. Im hebräischen Text weist er eine Stufenform 3- 5- 7 auf. Im Kontext von Numeri 6 gehört er zu verschiedenen Gesetzen, die Gott Mose auf der Wanderung durch die Wüste gibt. Der Segen gilt zunächst den Israeliten, es kein originär oder exklusiv christlicher Segen; er gilt primär den Jüdinnen und Juden und uns nur dank unserer Hineinnahme in das Volk Gottes (Röm 11,17). Er verbindet also Jüdinnen/ Juden und Christinnen/ Christen miteinander. Umso wichtiger ist der Inhalt: Segen bedeutet Vermittlung von Gottes Lebenskraft, sein Ziel ist Shalom. Eine Predigt könnte entfalten, dass Segen nicht Lebensglück oder Erfolg bedeutet, wie es das bekannte Geburtstagslied nahezulegen scheint. Was bedeutet es, „gesegnet“ zu sein? Segen bedeutet Lebenskraft im Angesicht Gottes und von Gott her. Auch in schwierigen Situationen, selbst in Not und Gefahr. Hier lässt sich die Verbindung zum Thema Nachhaltigkeit ziehen: Vieles, was unsere moderne, westliche Welt als Erfolg, Glück und Wohlstand deutet, verdankt sie ungerechten Strukturen und basiert auf dem Misserfolg, Leid und der Armut anderer. Immer deutlicher wird, dass unser Wohlstand, unser Erfolg ein baldiges Verfallsdatum trägt, weil sie gegenwärtige und zukünftige Ressourcen überbeanspruchen. Segen meint dagegen: Auskömmlichkeit, ein gutes Leben im rechten Maße. Dafür steht Gott ein und will uns anleiten, solches Leben einzuüben mit anderen überall in der Welt – und so ein Segen zu sein.
Generationsübergreifend - 2. Mose 34,4b.5-6.8-9
Der Text des katholischen Lesejahres A schildert Moses Begegnung mit Gott am Sinai bei der erneuten Gabe der Zehn Gebote. Dabei stehen Wesenseigenschaften Gottes im Vordergrund. Der vorgeschlagene Text lässt ausgerechnet Vers 7 aus, der gegenüber der Zusage der großen Treue und Gnade Gottes in Vers 6 die Generationen übergreifende Vergeltung Gottes thematisiert. Die Drohung, die Sünden der Väter heimzusuchen an unschuldigen Menschen weiterer Generationen, verstört uns, sollte aber m.E. nicht ausgespart werden. Unabhängig davon, ob Vers 7 die ganze gegenwärtige Gemeinschaft des Volkes Gottes meint vom Säugling bis zum Greis, oder tatsächlich die Strafe Gottes selbst für die nachgeborenen sündigen Menschen ankündigt, weist der Vers auf eine aktuelle Einsicht hin: Immer mehr erkennen wir die Schnelllebigkeit unserer Zeit. Wir meinen, die Konsequenzen unseres Handelns würden nur für eine kurze Zeit gelten und tun so, als wären künftige Generationen nicht betroffen. Aber in der Tat: Unsere „Sünde und Missetat“, die Ausbeutung der natürlichen Lebensressourcen, werden künftige Generationen belasten. Was sagt unsere Verstörung über die Konsequenz von Gottes Strafe (Vers 7) über unsere Gedankenlosigkeit für das Wohl unserer „Kinder und Kindeskinder“? Und weiter: Reservieren wir nicht gerne Gottes Güte und Freundlichkeit für uns und sind nicht bereit, sie mit anderen Menschen und künftigen Generationen zu teilen? Wie nachhaltig denken wir unsere Gottesbeziehung? Ebenso wie im Verhältnis zu unserer Mitwelt neigen wir dazu, auch in unserer Gottesbeziehung wie in einem Videospiel einen Reset-Knopf anzunehmen, den wir drücken können, wenn das Spiel nicht nach unseren Vorstellungen läuft.
„…hältst uns zusammen trotz Streit und Verletzung“ - 2. Korinther 13.11-13
Das Neue Testament bietet keine ausformulierte Trinitätslehre. Der Schluss des 2. Korintherbriefes, 2. Korinther 13,11-13, in der evangelischen Tradition der Kanzelgruß an jedem Sonntag, ist einer der wenigen Texte mit einer trinitarischen Formel, an die die Theologen der folgenden Jahrhunderte bei der Formulierung des Dogmas anknüpfen konnten. Paulus schließt seinen Brief (vgl. – allerdings nur christologisch - Röm 16,20; Gal 6,18, Phil 4,23, 1. Thess 5,28) konventionell, einen Brief, in dem er die Konflikte mit der Gemeinde bearbeitet. Das Verhältnis ist voller Spannungen (2. Kor 10; 12,20-21). So zeigt auch der Briefschluss: Ausgleich und Versöhnung liegen in Gott begründet. So wie Gott alle Widersprüche in sich aufhebt, so ist auch Harmonie unter Menschen in all ihrer Verschiedenheit möglich. Auch unter Menschen gilt: Ein harmonisches, nachhaltiges Verhältnis basiert auf der Gründung in Gott. Gegenstand der Predigt muss nicht die Lehre der Trinität sein. Sie kann, im Gegenteil, die Hörenden von der Überforderung entlasten, die Lehre von der Dreifaltigkeit/ Trinität Dritten erklären oder herleiten zu müssen. Trinität bedeutet auch Partizipation. Gott bleibt nicht bei sich selbst. Jürgen Moltmann hat die Trinität als Urbild der Anteilgabe bzw. Teilhabe in der Gemeinschaft dargestellt (Jürgen Moltmann, Trinität und Reich Gottes. Zur Gotteslehre, Gütersloh 1986). Gott ist nicht einfach an und für sich. Er ist immer in Beziehung zu einem anderen. Gott ereignet sich in seinem Handeln, in seiner Zuwendung zum Anderen. Das wird durch die drei Personen von Vater, Sohn und Heiligem Geist ausgedrückt. In der Alten Kirche und der Orthodoxie gibt es für die Trinität das Bild der Perichoresis, des Tanzes, der harmonischen, freien und achtsamen Bewegung.
Zielpunkt: Rettung - Johannes 3,16-18
Klaus Wengst hebt den „wohl überlegten Aufbau“ des Abschnitt hervor (Klaus Wengst, Bedrängte Gemeinde und verherrlichter Christus, 1992, S. 235), der in umgekehrter Reihenfolge der Geschichte Jesu Christi Erhöhung (Vers 14f.), Hingabe (Vers 16) und Sendung (Vers 17) thematisiert. Scheinbar bildet die Ankündigung des Gerichts einen Widerspruch zur Zusage, dass der Sohn gekommen ist, damit die Welt nicht verloren gehe. Es scheint so, als würde das Bekenntnis zum Christus zur Eintrittskarte zum ewigen Leben, als würde das Gericht durch die Entscheidung des und der Einzelnen ersetzt. So mutet es auch in mancher evangelikalen Predigt an. Klaus Wengst merkt dagegen zu Recht an: „Alles Gericht, alle Scheidung [griech.: krisis], die darin erfolgt, kann nur eine vorläufige sein, die in der Klammer steht, dass Gott die Welt in der Sendung und Hingabe des Sohnes geliebt hat, und unter der Verheißung, dass Gott die Welt retten will“ (Gemeinde, S. 237).
Das Thema Gericht drängt sich mit Blick auf die ökologische Situation der Welt auf: Manche interpretieren den Klimawandel als Gericht über unseren Lebensstil, andere sehen ihn als apokalyptischen Vorboten der nahen Herrschaft Christi.
All diesen Spekulationen ist vom Predigttext her entgegenzuhalten, dass jede Krise (s.o. das deutsche Wort entspringt dem griechischen für „Gericht“!) eingeklammert ist in die Zusage Gottes, diese Welt nicht loszulassen. Die Zusage, geliebt zu sein, ist eine entscheidende Voraussetzung dafür, sich für die Zukunft einzusetzen. Nach dem Johannesevangelium hat Gott „die Welt“ geliebt, die sonst so ambivalent geschildert wird oder gar der Sendung des Sohnes gleichgültig (Joh 16,33) bis feindlich (Joh 1,10; 14,30) gegenübersteht. Gott liebt nicht nur diejenigen, die sowieso schon zu ihm gehören, sondern die ganze Welt - uns eingeschlossen. Die Liebe Gottes zu uns entbindet uns nicht vom Einsatz für die Bewahrung der Schöpfung. Im Gegenteil: Seine Liebe zur Welt ruft uns in die Verantwortung für diese Welt. Angesichts der globalen ökologischen Krise ist die Ankündigung eines Gerichts ein ebenso schlechter Rat wie die Abwertung der Welt gegenüber einem geistlichen, himmlischen Heil. Beides ist nicht im Sinne des Textes.
Markus Schaefer, Düsseldorf