Jubilate / 4. Sonntag der Osterzeit
ev. Predigttext | kath. 1. Lesung | kath. 2. Lesung | kath. Evangelium |
Röm 11,(32)33-36 | Spr 8, 22-31 | Röm 5, 1-5 | Joh 16, 12-15 |
Röm 11, 33-36
Eine Doxologie, ein Lobpreis Gottes, steht am Ende der Kapitel 9-11, in denen Paulus sich mit dem Schicksal Israels beschäftigt. Für ihn ist das Volk, aus dem er selber stammt, verstockt. Es weigert sich weitestgehend, die Frohe Botschaft anzunehmen. Doch, so ist sich Paulus sicher, wenn die Heiden erstmal zum Glauben an Jesus gekommen sind, wird Gott auch Israel retten und sich damit letztlich aller Menschen erbarmen. Wenn das kein Grund für einen Lobpreis ist.
Der Gedanke der Nachhaltigkeit bezieht sich hier vor allem auf Gott selber. Gott, der unergründlich ist und bleibt, ist dennoch der Garant des Heils. Seine Gnade und sein Heilswille umgreifen alle Menschen aus allen Völkern. Ganz besonders auch sein geliebtes Volk Israel. Mag es auch noch so verschlossen sein im Hinblick auf das Evangelium, Gott wird es niemals fallen lassen. Israel kann sich auf Jahwe, seinen Gott, verlassen. Gottes Liebe und sein Heilswille bleiben nachhaltig. Es ist der Jude und Heidenapostel Paulus, der das sagt.
Spr 8, 22-31
Manche christlichen Leser und Leserinnen haben diesen kleinen Text verstanden als Hinweis auf den Sohn, der („präexistent“, so nennen es die Theologen) schon vor aller Zeit bei Gott gewesen sei. Eine nicht unproblematische Deutung, denn das „Ich“, das hier spricht, ist die Weisheit, die von Beginn an in der Schöpfung zu finden ist und die es zu suchen gilt. Denn „wer mich findet, findet Leben“! (Vers 35)
Einen kleinen Parforceritt durch die Schönheiten von Gottes Schöpfung bietet unser Text. Die Weisheit war zugegen, als Gott all diese Schönheit ins Dasein rief. Insofern bietet dieser kleine Abschnitt geradezu eine Steilvorlage zu einer Predigt zum Thema Nachhaltigkeit. Im Betrachten und Meditieren der Schöpfung mit allem, was sie ausmacht, lässt sich ein klein wenig von der Weisheit des Schöpfers erahnen. Ein nachhaltig-bewahrender Umgang mit dieser Schöpfung ist für den Menschen, der Gott sucht, darum fast zwingend geboten. Wer sie hingegen ausnutzt, plündert und zerstört, der wird niemals zu jener Weisheit vordringen, die sich in ihr verbirgt. Denn letztlich gilt: „Wer mich verfehlt, der schadet sich selbst“ (Vers 36)
Röm 5, 2-5
Die befreiende Erkenntnis des Paulus, dass alle, die den Glauben an Christus angenommen haben, schon Gerechtigkeit vor Gott gefunden haben, hat Konsequenzen. Einige führt er hier aus: Frieden mit Gott. Gnade, die nur Gott schenken kann. Vor allem aber die Ermutigung zur Hoffnung. Sie vor allem könnte im Zentrum einer Predigt stehen, die die Nachhaltigkeit zum Thema hat.
Wenn Nachhaltigkeit etwas meint, das über den Tag, das Jahr, das eigene Leben hinauswirkt, dann ist sie nicht vorstellbar ohne Hoffnung. Hoffnung darauf, dass mein Tun einen Sinn ergibt. Dass nicht nur ich selbst, sondern auch andere Menschen und am Ende auch die Schöpfung daraus Nutzen ziehen. Im Sinne des Paulus könnte man hier weiterfragen: Ist „Frieden mit Gott“ überhaupt vorstellbar ohne Frieden mit seiner Schöpfung? Und wenn auch jene „Bedrängnisse“, an die Paulus denkt, vor allem Anfeindungen des Glaubens meinen – kommen viele konkrete Bedrängnisse unserer Tage (Klimawandel, Flüchtlingsströme …) nicht gerade aus der Missachtung nachhaltigen Handelns und Wirtschaftens und einer wenig nachhaltigen Politik? Und sind sie damit nicht ebenfalls eine kritische Anfrage an unsern Glauben?
Bedrängnis aber führt nach Paulus im Letzten zur Hoffnung. Diese Hoffnung meint jedoch kein billiges „Wird schon alles gut“. Vielmehr ist es eine Hoffnung, die frei macht zur Umkehr, zum konkreten Handeln und zu einem Leben im Einklang mit Gott. Gottes schöpferischer Geist wird uns dabei begleiten.
Joh 16, 12-15
Der kleine Abschnitt findet sich in den Abschiedsreden Jesu. Ihm voraus geht seine Prophezeiung an die Jünger, dass ihnen Verfolgung bevorstehen wird, aber auch die Zusage der Geistessendung. Gottes Geist wird sie begleiten. Und dieser Geist wird es auch sein, der ihnen (und uns) nach und nach die ganze Wahrheit erschließen wird. Die Wahrheit über Jesus, den Christus.
Jesu irdisches Dasein war begrenzt und damit auch sein Wirken als Inspirator, Tröster, Wegbereiter. Der Geist Gottes ist nun an seine Stelle getreten. Erst die Sendung des Geistes macht Jesu Wirken also gleichsam nachhaltig, lässt seine Botschaft in uns, den Christinnen und Christen heute, weiterleben.
Unter „Wahrheit“ versteht Johannes vor allem ein immer tieferes Eindringen in das Jesusgeheimnis und die anbrechende Gottesherrschaft. Für den Glaubenden/die Glaubende heute dürfte es jedoch weniger um die Bestätigung (ewiger) Wahrheiten gehen, als vielmehr um eine beständige und oft mühsame Suche nach den Spuren Gottes in dieser Welt und in seinem/ihrem Leben. Ein wesentlicher Ort der Gottsuche ist und bleibt dabei die Schönheit und Verletzlichkeit seiner Schöpfung, in der so vieles auf ihn verweist. Daraus ergibt sich fast notwendig ein liebevoll-wertschätzender Umgang mit allem, was der Schöpfergott uns hinterlassen und anvertraut hat. Das bedeutet, auch hier kann der/die Suchende heute etwas von dieser „Wahrheit“ entdecken. In der Begegnung und im Umgang mit der Erde, den Pflanzen und Tieren und ganz besonders auch den Menschen?
Als Predigerinnen und Prediger sollten wir immer zurückhaltend sein mit der allzu schnellen Verkündigung vermeintlich ewiger Wahrheiten. Die Wahrheit der schon angebrochenen aber nicht vollendeten Gottesherrschaft jedoch sollte immer neu gesucht werden. Im Gebet, der Betrachtung der Schrift und letztlich in allem, was uns als Gottes Schöpfung umgibt.
Martin Wolf, Kaiserslautern