1. Sonntag nach Epiphanias / Taufe des Herrn (13.1.13)

1. Sonntag nach Epiphanias

ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
Joh 1, 29-34 Jes 42, 5a.1-4.6-7 Apg 10, 34-38 Lk 3, 15-16.21-22

Drei der Texte am 1. Sonntag nach Epiphanias haben die Taufe Jesu auf unterschiedliche Weise zum Thema. So schlĂ€gt dieser Sonntag die BrĂŒcke vom Kind in der Weihnachtskrippe zum erwachsenen, etwa 30 Jahre alten Jesus (Lukas 3,23) zu Beginn seines öffentlichen Wirkens.
Es ergeben sich in der Weihnachtszeit spannende BezĂŒge zwischen dem Erschienen Jesu und seinem Handeln, zwischen dem Kind in der Krippe und dem Erwachsenen, der durch sein Wirken Widerstand und Feindschaft hervorruft. Von der Taufe her lĂ€sst sich eine BrĂŒcke zum Schöpfungselement Wasser schlagen, aber auch die Taufe als Anfang eines christlichen Lebens in der Orientierung an der Tora ist ein Bezug zum Thema Nachhaltigkeit.

 

Johannes 1, 29- 34:

Exegetische Überlegungen

Klaus Wengst verortet das Johannesevangelium im innerjĂŒdischen Konflikt ĂŒber die Bedeutung Jesu. Johannes der TĂ€ufer wird fokussiert auf seiner Funktion als Zeuge (vgl. Isenheimer Altar). Dass er Jesus getauft hat, wie er gekleidet war, das alles wird hier vorausgesetzt, Jesus erhĂ€lt den Titel „Lamm Gottes". Damit verweist das Evangelist auf verschiedene alttestamentliche BezĂŒge, die den „Wahrheitsraum"1) darstellen, Jesus zu verstehen. Der Evangelist spannt „einen Bogen ĂŒber fast das ganze Evangelium hinweg, vom ersten Auftreten Jesu bis zu seinem Tod. Als endzeitliches Pessachlamm trĂ€gt Jesus „die SĂŒnde der Welt", vermittelt er allen Gottes barmherzige Zuwendung."2) Die Taufe mit dem Geist weist voraus z.B. auf die Abschiedsreden, in denen Jesus seiner Gemeinde den Geist des Trostes, der Wahrheit und Liebe verheißt. Die nachösterliche bedrĂ€ngte Gemeinde erfĂ€hrt im Geist die Gegenwart Jesu.

Nachhaltigkeitsbezug

Jesus, dessen Ankunft wir in der Epiphaniaszeit feiern, hĂ€lt sich nicht heraus aus dem Leiden, seine Sendung ist auf den ganzen Kosmos, die ganze Schöpfung (V.29) bezogen. Mit der Geisttaufe wird der Gemeinde das Siegel der Tora eingeprĂ€gt. Jesus stĂ€rkt die messianische Hoffnung auf „die Beseitigung von Not und BedrĂŒckung, auf das Ende von Unrecht und Gewalt"3). Die christliche Gemeinde wird zur Welt- und Schöpfungsverantwortung beauftragt.

Predigtanregungen

AuffĂ€llig ist das Fehlen von Zuschauern. Johannes gestaltet die GesprĂ€chsszene von vornherein so, dass wir, die Leserschaft, das Publikum bilden. D.h., wir werden einbezogen, es kommt auf unser Hören und Tun an. In der Zeitung lese ich von einer sich ausbreitenden „Kultur der rohen BĂŒrgerlichkeit". Der Klimagipfel in Rio ist gescheitert. Mit Strukturen der SĂŒnde findet sich die Gemeinde nicht ab. Der in seinem Geist gegenwĂ€rtige Christus stĂ€rkt seine Gemeinde fĂŒr eine Kultur des MitgefĂŒhls und der SolidaritĂ€t einzutreten.
Walter LĂŒthie: „Wenn Gott wissen will, wie sehr ich ihn liebe, so fragt er nicht mich, sondern meinen NĂ€chsten."4) Maßstab der Gottesliebe ist Liebe zu seiner menschlichen und nichtmenschlichen Kreatur.

 

Jesaja 42,1-9:

Exegetische Überlegungen

Jes 42 handelt von der Beauftragung eines Dieners (Ebed), ist das erste der so genannten Gottesknechtslieder. Es stammt aus der Zeit des Exils. Kontext ist das babylonische Großreich mit seiner Gewaltherrschaft und Wirtschaftsmacht, die von der Ausbeutung der vielen eroberten Völker lebt. Jes 42 erzĂ€hlt von einem Menschheitstraum, davon, dass es einen Beauftragten Gottes gibt, der schonend und ohne Gewalt das Recht zu allen Völkern bringt. Gott verbindet seine Ehre mit diesem Menschen (V. 9)
Der Knecht soll das Recht zu den Völkern bringen. Es geht zunĂ€chst nicht um einen religiösen Auftrag, nicht um Mission, sondern um etwas Politisch-Soziales, es geht um Recht. Im hebrĂ€ischen Wort fallen Inhalt und DurchfĂŒhrung zusammen, „Recht erweist sich als Recht an den Lebensmöglichkeiten der Unterprivilegierten, der Schwachen."5)

Nachhaltigkeitsbezug

Neben dem Hinweis auf die Tora ist spannend, wie der Beauftragte das Recht zu den Menschen bringen soll. Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, den glimmenden Docht nicht auslöschen. Es geht um ein gewaltfreies Verhalten, um ein schonendes, aufrichtendes Handeln. Der Beauftragte handelt nicht mit Gewalt, er setzt sich nicht mit Waffen durch. Gewaltfreiheit, Schonung von Mensch und Umwelt sind wichtige Kriterien fĂŒr einen nachhaltigen Fortschritt. Raubbau an den natĂŒrlichen Ressourcen gefĂ€hrdet die Zukunft aller. Statt des Rechts des StĂ€rkeren geht es um die StĂ€rke des Rechts.

Predigtgedanken

Wer ist dieser Beauftragte ? CrĂŒsemann schlĂ€gt vor, die Entscheidung, ob es sich um einen einzelnen, um eine Gruppe oder das Volk Israel handelt, offen zu lassen. „Jeder, der und ... jede die gewaltlos und leise Recht aufrichtet, ist Knecht Gottes. Und es gilt wohl auch das Umgekehrte: Immer, wo etwas von diesem Auftrag erfĂŒllt wird, ist der am Werk, von dem Gott hier spricht."6)
CrĂŒsemann weist zum VerstĂ€ndnis dieses Textes auf die jĂŒdische Legende von den 36 Gerechten hin. Diese ĂŒber die ganze Welt verteilten Menschen handeln gerecht, oft ohne dass andere oder sie selbst es erkennen, und sorgen so dafĂŒr, dass die Welt weiter existiert.7)

 

Apostelgeschichte 10, 34-38:

Die Kapitel 10 bis 11,18 haben eine SchlĂŒsselstellung in der Apg. Das Evangelium geht ĂŒber zu den Menschen aus den Völkern. Die Petrusrede ist ohne den Kontext nicht verstĂ€ndlich. Bewegend: Petrus benennt eine neue Erkenntnis aufgrund der Begegnung mit dem heidnischen Hauptmann Cornelius. „Jetzt begreife ich, dass Gott nicht parteilich ist," formuliert Petrus seine neue Erkenntnis, die das Thema des ganzen Abschnittes auf den Punkt bringt. Gottes GĂŒte reicht, so weit der Himmel ist, sie ist immer noch weiter ! Sein Heil, sein Shalom gilt allen Menschen, ja der ganzen Schöpfung, und er beruft aus allem Völkern Menschen, die Gott achten und rechtschaffen handeln.

Nachhaltigkeit

Erkenntnis vollzieht sich durch GesprÀch und Begegnung. Christen vertrauen auf den Geist, der durch GesprÀche wirkt, auch heute bis hin zum interreligiösen Dialog. Kirche ist eine lernende Kirche, sie orientiert sich in der der Nachfolge an Recht und Shalom.

Predigtanregungen

Der Heilige Geist ist ein Freund des GesprĂ€chs und der Begegnung ! Lukas erzĂ€hlt viele Begegnungsgeschichten, so auch hier zwischen dem Juden Petrus und dem gottesfĂŒrchtigen, der Synagoge nahe stehenden römischen Offizier Cornelius Beide werden durch die Begegnung verĂ€ndert, bekehrt. Sie entdecken das Leben der befreienden Gnade Gottes neu. Die Geschichte nimmt auch die HörerInnen mit auf den Weg der VerĂ€nderung. Eine Erfahrung der GrenzĂŒberschreitung, eine beglĂŒckende Gemeinschaftserfahrung wird erzĂ€hlt. Aus Fremden entsteht eine Gemeinde. Erfahrungen der beglĂŒckenden Begegnungen in der weltweiten Ökumene könnten erzĂ€hlt werden mit dem Hinweis, wie sich die deutsche Kirche durch den Kontakt mit den Kirchen des SĂŒdens verĂ€ndert (hat), und Themen der Nachhaltigkeit mit geschĂ€rfter Aufmerksamkeit auf unseren Tagesordnungen stehen. Ich erlebe das zum Beispiel durch den Kontakt mit den Geschwistern der La-Plata-Kirche, von denen wir so viel ĂŒber globalisierte Wirtschaft und Ungerechtigkeit lernen.

Ein anderer Aspekt: Eine nichthierarchische Gemeinde. Der Hauptmann fĂ€llt vor Petrus auf die Knie, doch der lĂ€sst das nicht zu. Man soll Gott mehr gehorchen als den Menschen, die christliche Gemeinde ist eine Gemeinschaft von Schwestern und BrĂŒdern, SolidaritĂ€t und Miteinander prĂ€gen die Gemeinde. Aufrechter Gang ist die Konsequenz des Vertrauens auf den Christus mit uns. Christus schafft sich eine mĂŒndige selbstbewusste Gemeinde, keine unmĂŒndige Hammelherde.

 

Evangelium Lukas 3 15-16 und 21-22:

Exegetische Überlegungen

Am deutlichsten ordnet das Lukasevangelium das Wirken Johannes des TĂ€ufers und die Taufe Jesu in den geschichtlichen Kontext ein (vgl. Lk 3,1ff). Die Ereignisse in einem Winkel des römischen Weltreichs werden der Herrschaft des römischen Imperators Tiberius, dem VierfĂŒrsten Herodes Antipas und dem jĂŒdĂ€ischen PrĂ€fekten Pontius Pilatus zugeordnet. „Dadurch gelangt das Handeln Gottes in die Bahnen der Zeit."8) Ich schlage vor, die Verse 3,17 bis 20 mitzulesen. Dadurch wird unterstrichen: Das Auftreten des Johannes und des Jesus von Nazareth sind nicht ohne den Konflikt mit der repressiven römischen Herrschaft zu verstehen
Die Verse klĂ€ren die Bedeutung des TĂ€ufers und des Jesus von Nazareth. Das Auftreten des Johannes und des Jesus und die Taufe Jesu sind fĂŒr Lukas heilsgeschichtliche Ereignisse. Sie bekrĂ€ftigen die Verheißungen der hebrĂ€ischen Bibel. Gott hat sein Volk nicht verlassen. Gottes Shalom ist den Menschen aus den Völkern zugesagt.
Jesus bleibt nach Ostern und Pfingsten in seiner Gemeinde gegenwĂ€rtig: In der Kraft des Geistes, die in der Taufe verbĂŒrgt ist. Jesu Auftreten knĂŒpft an die Botschaft des Johannes an. Johannes tauft Menschen als Zeichen der Umkehr, des Vertrauens auf Gottes Vergebung und der Übernahme persönlicher Verantwortung. Damit entsteht eine „neue(n) RealitĂ€t in Gedanken, Glauben und Praxis".9)

Die Feuertaufe und die Ernte verweisen auf das Endgericht. Damit wird der Ernst der Nachfolge herausgestellt. Nachfolge ist nicht billig und folgenlos, sondern erfordert die Umkehr. Gott arbeitet mit uns an seiner kommenden Welt der Gerechtigkeit und des Friedens. Er sucht uns als seine Bundesgenossen.

Predigt im Kontext der Nachhaltigkeit

Ich finde es spannend, die Verbindungen von Johannes- und Jesustaufe aufzuspĂŒren. Taufe ist gewiss ein krĂ€ftiger Zuspruch, aber nicht folgenlos, sondern Ermutigung in der Gemeinde Jesu Wege der Umkehr zu gehen. Das Lk durchzieht das Wort „Umkehr" (Teschuba) wie ein roter Faden. ZachĂ€us ist ein Beispiel fĂŒr einen Zöllner, der durch die Begegnung mit Jesus sein Leben radikal Ă€ndert. Dabei geht es genauso wie bei der „Standespredigt des TĂ€ufers" nicht um Maximalforderungen, sondern durchaus um pragmatische Schritte, erfĂŒllbare, mögliche Wege. FĂŒr uns heute kann es ja auch nur darum gehen, im Bezug auf die Themen des konziliaren Prozesses pragmatische Schritte zu finden.

Christoph Steffen, Bielefeld

Literatur:

1 CrĂŒsemann, Frank, Das Alte Testament als Wahrheitsraum des Neuen. Die neue Sicht der christlichen Bibel, GĂŒtersloh 2011
2 Wengst, Klaus, Das Johannesevangelium, 1. Teilband: Kapitel 1-10, Stuttgart, Berlin, Köln, 2000, 27. Auflage, S. 84
3 Wengst, a.a.O., S. 79
4 Krause, Joachim, Predigtmeditation fĂŒr den 1. Sonntag nach Epiphanias; in: Predigtmeditationen im christlich-jĂŒdischen Kontext. Zur Perikopenreihe V, Weihenzell 2006, S. 79.
5 CrĂŒsemann, „Seht, welch ein Gott", Bibelauslegungen, Bethel-BeitrĂ€ge 35, Bielefeld 1987, S. 31
6 CrĂŒsemann, S. 36
7 CrĂŒsemann, S. 38f
8 Bovon, Das Evangelium nach Lukas, 1. Teilband, Lk 1,1-9,50, EKK III/1, ZĂŒrich 1989, S. 169
9 Bovon, S. 170