12. Sonntag nach Trinitatis / 23. Sonntag im Jahreskreis (07.09.14)

Kaeser201314-MutigMenschenwuerde-400

12. Sonntag nach Trinitatis / 23. Sonntag im Jahreskreis 

ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
1 Kor 3, 9-15 Ez 33, 7-9 Röm 13, 8-10 Mt 18, 15-20

Kaeser201314-MutigMenschenwuerde-400(Bild: EKD mit frdl. Erlaubnis)

Die Autorin bearbeitet alle Texte. Stichworte dazu: Wie sieht unser ökologischer Fußabdruck auf dem Fundament aus, das Gott gelegt hat? (1 Kor 3). Warnen und mitgestalten aus Verantwortung (Ez 33).Nächstenliebe verlangt Klarheit (Röm 13). Vergebung als Konfliktbewältigung, auch mit der Schöpfung und international.(Mt 18).

 

Stellung im Kirchenjahr

Etwa zur Hälfte der Trinitatiszeit folgt der 12. So n Trinitatis 7.9.2014auf den „Ökumenischen Schöpfungstag“ (Freitag, 5.9.2014; Anregungen dazu bei der ACK), vier Wochen vor dem Erntedanktag (5.10.2014) und acht Wochen vor der Friedensdekade.

 


1 Kor 3, 9 - 15

Exegetische Hinweise:

Die Gemeinde wird als „Bau Gottes“ (V. 9) verstanden. Menschen, von Gott berufen, haben sich kollektiv verwandelt. Gemeinsam sind sie Wohnort, Ort der Heiligkeit und Gegenwart Gottes.

Paulus bezeichnet sich als klugen Baumeister, weil er das Fundament gelegt hat, das von Gott kommt: Jesus, der Messias. Paulus relativiert damit seine eigene Gründungsarbeit. Auch er unterliegt, wie alle, die nach ihm weiterbauen, demselben Kriterium, dem eschatologischen Gottesgericht. Alle Beziehungen zwischen Menschen und zwischen Menschen und Gott werden hier eschatologisch gedacht und gelebt.(Kompendium Feministische Bibelauslegung, Luise Schottroff, S. 574f.).

Predigtimpulse:

Die Gottesdienstgemeinde soll ermutigt werden, sich zugleich als Gottes Bauwerk zu verstehen, das weitergebaut wird auf dem tragenden Fundament und zugleich selbst mit Hand anzulegen, damit der Bau gelingt. Das Urteil über das, was entsteht und wächst, steht nicht Menschen zu, sondern Gott allein und Gott wird es zu einem guten Ende bringen. Der Bau Gottes wächst, je mehr Menschen sich engagieren. Dabei gilt es herauszufiltern, was heute spezifisch christliches Engagement sein kann.

Bezug zur Nachhaltigkeit:

Der Begriff „Bauwerk Gottes“ kann ausgedehnt werden auf alles, was Gott „gebaut“ hat. Wie werden wir dem Auftrag gerecht, auf dem Fundament weiterzubauen? Wie sehen unsere „ökologischen Fußabdrücke“ aus, die wir als Einzelne und auch als Gemeinde auf Gottes Baustelle hinterlassen? Sind negative Konsequenzen unseres Umgangs mit Gottes Baustelle, mit dieser Erde, nicht schon heute da? Welche Folgerungen haben wir z.B. aus der Jahrtausendflut im Juni 2013 gezogen?

Die Hoffnung, dass Gott trotzdem „rettet durch das Feuer hindurch“ (V. 15), ermutigt zum Umdenken.

 

Ezechiel 33, 7 – 9

Exegetischer Hinweis:

Die politische Krise und menschliche Tragödie während des babylonischen Exils führt zu einer Glaubenskrise. Für die Exilierten ist fraglich, ob JHWH noch Herr der Geschichte ist. Das prophetische Wächteramt fordert von Ezechiel persönliche Verantwortung, bis zum Einsatz des eigenen Lebens.

Hesekiel 33 gehört zum Abschnitt der Heilsworte (Hes. 25-39).

Predigtimpulse:

Liegt die Heilbotschaft von Ez. 33, 7-9 darin, dass es Prophet_innen gibt, die warnen und so eine Möglichkeit anbieten, die eigene Lebensweise zu überdenken? Als Einzelne sind wir teils auf der Seite derer, die gewarnt werden müssen, und teils sind wir auch Warnende. Der Auftrag, heutzutage zu warnen, kann nicht bedeuten, nur über die Krisenszenarien unserer Zeit zu klagen. Es geht darum, bedrohliche Situationen zu benennen, so gut wie möglich zu analysieren, doch dann nach Wegen zu suchen, die weiterführen. Es ist allemal leichter, vor den großen Problemen zu warnen, als den eigenen Lebensstil zu ändern. Das Vertrauen auf Gott als „Herr der Geschichte“ bildet die Basis für das Warnen und das Umkehren.

Bezug zur Nachhaltigkeit:

V. 9 ist inmitten unserer globalen Versäumnisse so nicht mehr weiterzusagen. Wenn wir Erden-bewohner_innen unsere individuelle Lebensweise und politisches Handeln nicht ändern, werden alle sterben, sogar unser Planet Erde. Auch wenn wir wissen, dass sowohl unser Leben, als auch das unseres Planeten endlich ist, bleiben wir wachsam und lassen uns nicht entmutigen. Wir tragen Verantwortung.

 

Röm 13, 8 - 10

Exegetischer Hinweis:

Der Brief an die Gemeinde in Rom sollte als Ergebnis eines besonderen Kontextes, nicht als dogmatische Abhandlung gelesen werden. Die „paxromana“ verlangt absolute Unterwerfung. Paulus begegnet Aquila und Priscilla, die im Jahr 46 mit vielen anderen Juden nach dem Dekret von Kaiser Claudius (Apg. 18,2) aus Rom verbannt wurden. Paulus kennt die Risiken derjenigen, die einen Messias verkündigen, der von den Römern gekreuzigt und von Gott auferweckt wurde. Die Kap. 12-13 entfalten, wie sich Christsein in dieser Situation bewähren soll und ermahnt mit Beispielen zur Nächstenliebe.(Kompendium Feministische Bibelauslegung, Elsa Tamez, S. 557).

Predigtimpulse:

Wenn die Predigt von unserem Kontext ausgeht, muss nicht das ganze Krisenszenario geschildert werden, in dem wir stecken. Es wäre möglich, aus V. 9 „Du darfst … nicht gieren“ zu veranschaulichen. Wir retten Banken (Griechenland und andere europäischen Länder). Haben wir damit Menschen oder auch nur einen Teil der Schöpfung Gottes gerettet? Es ist kein Geld da z.B. für mehr Kindertagesstätten, mehr Pflegekräfte in Krankenhäusern und Altersheimen. Wegen fehlender Finanzmittel soll das Ausstiegsprogramm für Mitglieder von Neonazigruppen gestrichen werden.

Bezug zur Nachhaltigkeit:

Der Rat der EKD verurteilt auf das Schärfste die menschenverachtenden Taten und Äußerungen rechtsextremer Gruppierungen in dem Papier „Nächstenliebe verlangt Klarheit!“ zur aktuellen Debatte um Rechtsextremismus in Deutschland. „Die Einstellungen, aus denen diese Äußerungen entstehen, finden sich in der Mitte unserer Gesellschaft und somit auch vereinzelt unter Mitgliedern unserer Kirche. Das christliche Gebot der Nächstenliebe gebietet es, uns in aller Klarheit gegen solche menschenverachtenden Einstellungen und Taten…auszusprechen.“ Es folgen 6 Theologische Grund-lagen dazu. (Anhang zum Bittgottesdienst für den Frieden in der Welt 2012, EKD).

 

Mt 18, 21 – 35

Exegetischer Hinweis:

Das ganze Kapitel ist eine programmatische Rede, die viel über die matthäischen Gemeinden verrät. Es reflektiert Konflikte, die offenbar in den Gemeinden akut sind. Dahinter steht die Vorstellung von Gemeinde als einem Ort der Geschwisterlichkeit, an dem das Wohl und die Würde der Kleinen der Maßstab sind. (Kompendium Feministische Bibelauslegung, Martina S. Gnadt, S. 491)

Predigtimpulse:

Es geht um die Frage des Auf- und Abrechnens, das an Redensarten deutlich wird: mit dem oder der habe ich noch ein Hühnchen zu rupfen, u.a.m. Petrus rechnet gemeinschaftliches Verhalten in Zahlen auf. Jesu Rechenexempel dagegen zielt auf eine Lebenshaltung ab. Es erfordert Kraft, einander zu vergeben. Vorausgesetzt werden kann Vergebung nicht. Konflikte werden nicht gelöst, wenn immer nur eine Seite vergeben soll. Manche Menschen müssen sich schützen, um nicht ausgenutzt zu werden. Wann ist das Maß voll? Über die Frage nach der Grenze darf gestritten werden, damit sich im Verhalten des/der Schuldner_in etwas ändert. Es geht um die Würde aller Beteiligten.

Bezug zur Nachhaltigkeit:

Auf den ersten Blick findet sich kein Bezug. Doch das Ziel, gelingendes Zusammenleben, kann aus einer völlig anderen Perspektive angegangen werden: Wir leben mit allen Geschöpfen auf diesem Planeten zusammen und sind aufeinander angewiesen. Die Schöpfung können wir nicht um Vergebung bitten dafür, dass wir sie zerstören, regelrecht erwürgen. Politik und Wirtschaft rechnen inzwischen auf, wie viel noch an Zerstörungspotential möglich ist. Angebot und Nachfrage bestimmen den Marktpreis für Emissionsberechtigungen. Das Geschäft mit dem Klimaschutz blüht, es geht um Profit und es verändert sich kaum etwas. Unsere Schuld geht ins Unermessliche. Bitten wir Gott um Vergebung und lassen wir uns verändern.

Wir sprechen von „bewaffneten Konflikten“, meist um das Wort Krieg zu vermeiden. Von manchen hören wir täglich (zurzeit Syrien, Mali), andere werden verschwiegen (Ostafrika und anderswo). Wie kann Vergebung international wirksam werden, nicht erst wenn Waffen wieder abgezogen werden?

Wo bleibt unser Engagement als christliche Gemeinde, als verfasste Kirche, das die Lebenshaltung, die Jesus meint, in politisches Handeln umsetzt?

Susanne Käser