2. Sonntag nach Epiphanias / 2. Sonntag im Jahreskreis (14.01.24)

2. Sonntag nach Epiphanias / 2. Sonntag im Jahreskreis

ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
Hebr 12,12-18(19-21)22-25a 1 Sam 3, 3b-10.19 1 Kor 6, 13c-15a.17-20 Joh 1, 35-42

Predigtanregungen zu Hebr 12, 12-25a

Auf den ersten Blick wirkt dieser Predigttext ziemlich fremd. Er ist eine ganz schöne Herausforderung. Viele Anspielungen aus der Hebräischen Bibel (AT) und NT tauchen auf (Esau, Geschehen am Sinai, Zion, neuer Bund, Blut Abels). Der Hebräerbrief gebraucht in seiner Argumentation häufig Begriffe aus der theologischen Tradition des Judentums und setzt das alles als bekannt voraus. Das ist sogar für die Menschen fremd, die regelmäßig in den GD gehen.

Nach Luise Schottroff werden im Hebr auch konkrete Leidens- und Unterdrückungserfahrungen verarbeitet. Das römische Reich machte das Kreuz zu seinem Unterdrückungsinstrument, die christliche Bewegung dagegen machte es zum Zeichen der Macht Christi. Die Theologie des Hebr zeigt die Solidarität Gottes mit den unterdrückten Menschen. Und die ChristInnen waren zwar noch keinen generellen Verfolgungen ausgesetzt, erlebten aber Unterdrückung, weil sie sich dem Kaiserkult des römischen Reiches mit seinen dazugehörigen Opfern verweigerten. Auch in anderen Religionen in der Umwelt waren Opfergaben ein wichtiges Element des kultischen Lebens.

Man kann den Text gut in zwei Abschnitte aufteilen: Im ersten Teil (12-17) geht es um die Aufforderung, die erschlafften Hände und die erlahmten Knie aufzurichten und mit den eigenen Füßen eine gerade Spur zu gehen. Die Metaphern des Weges und des Wanderns durchzieht den ganzen Brief. Im zweiten Teil (18-25a) rückt das Ziel des Weges in den Blick: der Berg Zion, das himmlische Jerusalem, die Stadt des lebendigen Gottes. Sie ist voller Engel! Dort befindet sich die Gemeinde der Erstgeborenen = die Empfänger der Verheißung, deren Namen bei Gott aufgeschrieben sind. Das sind die Gläubigen. Sie haben in ihrer Gegenwart das Bürgerrecht für diesen himmlischen Ort. In der Stadt sind sowohl Gott wie auch Jesus anwesend.

Jesus eröffnet die Gottesgemeinschaft für die Menschen, die von sich aus in Gottesferne leben (das ist die eigentliche Sünde). Gott ist eben nicht an einem irdischen kultischen Ort zu finden. Diese irdischen Orte wie z. B. der Berg Sinai werden hier als Orte der Furcht beschrieben.
Gott ist der Gott für alle Menschen und im himmlischen Ort ist das Unrecht ein für alle Male beseitigt. Darauf hoffen und davon leben die Gläubigen jetzt schon in ihrer bedrohten Gegenwart. Letztendlich wird sich Gottes Gerechtigkeit durchsetzen.

Wir können die Ermüdung der Gläubigen, von der im Hebr die Rede ist, gut nachvollziehen. Angesichts der vielen elementaren Krisen, die unsere Gegenwart bedrohen (Klimakrise, Kriege in vielen Teilen der Welt, evtl. noch der Krieg in der Ukraine), ist die Gefahr, im Glauben zu ermüden, auch heute sehr groß. Es stellt sich immer wieder die Theodizee-Frage: Wie kann Gott so etwas zulassen, wenn es ihn überhaupt gibt. Warum setzt sich seine Gerechtigkeit nicht durch?

Der Predigttext spricht von der festlichen Versammlung, zu der die Gläubigen gekommen sind. In dieser Versammlung treffen sie Engel, Gottes Erstgeborene, Gerechte, die bereits vollendet sind sowie Gott und Jesus selbst. (22-24) Sie erleben die Gemeinschaft aller, die an Gott und seine Gerechtigkeit für alle Menschen glauben. Man kann das interpretieren als den Gottesdienst, den Gemeinde miteinander feiert – allerdings als ein raum- und zeitübergreifendes Geschehen. Sichtbare und unsichtbare Kirche finden hier zusammen. Himmlische und irdische Gemeinde im Gottesdienst – miteinander verbunden. Das Ziel wird hier unter der Bedingung der vergehenden Schöpfung erlebt und gefeiert. Das Ziel ist nicht in weiter Ferne. Gottes Gerechtigkeit beginnt mitten unter uns. Der Kirchentag in Nürnberg hat von „Gottes gerechter Welt" gesprochen, an der wir mitbauen. Diese Gemeinschaft kann und wird uns stärken.

Gedanken zu 1. Sam 3, 3b-10.19:

Es geht um den Propheten Samuel. Eine ganz wichtige Persönlichkeit in der Geschichte Israels. Nicht umsonst sind 2 Bücher im AT nach ihm benannt. Der Prophet Samuel hat den Übergang hin zur Monarchie moderiert. Er hat den ersten König Saul gesalbt und eingesetzt. Bis dahin wurde das kleine Volk Israel von sogen. Richtern geführt. Im Vergleich zu den großen Nachbarn wie Ägypten oder Babylonien war Israel wirklich ein kleines Reich. Im Volk haben sich aber die Rufe nach einem König und entsprechender Autokratie vermehrt. Man sah darin vor allem den Vorteil, dass ein König besser eine Armee zur Verteidigung einsetzen konnte. Samuel hat das aufgenommen und umgesetzt. Er hat aber immer auch die Risiken einer Monarchie deutlich gemacht. Das steht so auch besonders im 1. Samuel. Die Bibel hat diese kritischen Stimmen nicht übergangen.

Im Text geht es um den jungen Samuel am Anfang seiner Karriere. Er war schon als Junge an das Heiligtum von Schilo gekommen, damals das religiöse Zentrum des Volkes Israel. Der leitende Priester Eli hatte ihn ausgebildet.

Ein besonderer Aspekt, der in diesem Text auftaucht: Gott taucht in unserem Leben auf. Und zwar besonders an Stellen im Leben, wo wir es nicht vermuten. Weder Samuel noch Eli haben mit einer Ansprache Gottes zu dem Zeitpunkt gerechnet. Weil es eben schon so lange nicht mehr vorgekommen war.
Wie ist das bei uns? Wir betonen in jedem Gottesdienst, in jedem Gebet, dass wir glauben, dass Gott uns begleitet im Leben. Hoffen wir wirklich darauf? Wir glauben, dass er für uns da ist. Wo können wir das spüren und erleben? In der Begegnung mit einem anderen Menschen. In einer glücklichen Situation. Da wo sich eine schwierige Situation unversehens in eine bessere verwandelt hat.

Wir können Gottes Gegenwart und seinen Schutz für uns nicht verfügen. Wir können auch nicht erklären, warum ein Mensch das in einer Situation erlebt hat, einer anderer in der gleichen Situation wiederum nicht. Gottes Geist weht, wo er will. Aber er weht, und er setzt uns Menschen in Bewegung. Denn Gott will ein gutes und friedliches Leben für alle Menschen auf dieser Welt.

Gedanken zu Joh 1, 35-42:

Im Joh-Ev konzentriert sich zu Anfang fast alles auf Johannes den Zeugen. Er weist auf Jesus hin. Er ist die Stimme des Predigers in der Wüste, der dem Herrn den Weg ebnet. Im Vergleich zu den synoptischen Evangelien fällt auf, dass Jesus in der Begegnung mit den beiden Jüngern des Johannes das erste Mal öffentlich spricht. Die beiden haben Jesus selbst gesucht, besser: auf ihn gewartet. Sie waren auf der Suche nach dem Messias, nach Christus, sie haben auf ihn gewartet, denn Johannes hat ihn angekündigt. Ihr Suchen, ihr Warten hat mit dem Erscheinen von Jesus ein Ende. Er wird ihnen den Weg zeigen, den sie gehen sollen – davon hat Johannes sie überzeugt.

Was suchen wir? Oder wen suchen wir? Warten wir auch auf jemanden, von dem wir wissen, dass er kommt? Der uns den Weg zeigt, den wir gehen sollten? Also ein Vorbild, dem wir nachgehen können?
Das ist, so glaube ich, eine ganz natürliche Sache bei uns Menschen. Vorbilder haben wir alle im Leben. Und Vorbilder suchen wir auch alle. Das gilt nicht nur für Kinder und Jugendliche, die für alle sichtbar auf der Suche sind, nach ihrer Rolle, nach ihrer Identität, nach ihrem Weg im Leben. Das gilt auch für uns Erwachsene, die wir bestimmte Festlegungen für unser Leben bereits getroffen haben. In unserer medial so vorherbestimmten Gesellschaft müssen wir uns ja ständig damit auseinandersetzen, ob diese oder jene Person aus dem öffentlichen Leben für uns eine Bedeutung hat.

Es ist wichtig, Mitstreiter*innen zu haben, die sich für die gleiche Sache einsetzen. Es ist wichtig, Vorbilder in der Gesellschaft zu haben, die sich für Frieden, Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung einsetzen.

Klaus Göke, Bottrop

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