4. Adventsonntag
ev. Predigttext | kath. 1. Lesung | kath. 2. Lesung | kath. Evangelium |
2. Kor 1, 18-22 | Jes 7, 10-14 | Röm 1, 1-7 | Mt 1, 18-24 |
Mit Gott ist zu rechnen
Gott steht zu seinem Wort (2 Kor 1,18-22), sein Ja ist ein Ja. Er schickt uns Zeichen, die wir als solche erkennen müssen, weil sie uns zum Handeln bewegen wollen (Jes 7, 10-14), denn als vom Geist Beschenkte sind wir selbst Heilige (Röm 1, 1-7), um der Welt zu bezeugen: Gott ist mit uns. (Mt 1, 18-24)
I. Zum Kontext von 2 Kor 1, 18-22
Der Text der evangelischen Lesereihe steht zu Beginn des 2. Korintherbriefes. Paulus geht auf seinen geänderten Reiseplan ein, den er im vorherigen Brief in Kapitel 16, 5-6 ankündigte. Der Brief steht im Kontext von größeren Streitigkeiten, die Paulus in der Gemeinde in Korinth widerfahren sind.
Seine Worte über Gottes Ja zu seiner Verheißung klingen wie Entschuldigungsversuche, um dem möglichen Unmut in der Gemeinde von Korinth entgegenzuwirken, der aufkommen könnte, da er sein Versprechen, erneut nach Korinth zu kommen, nicht eingelöst hat. Dabei weist er Kritik von sich, dass er ein Mensch sei, der Ja sagt, aber dessen Ja dann doch ein Nein ist. (V18) Wie zum Trost führt Paulus schließlich an, dass er statt seiner selbst den Brief an die Gemeinde in Korinth schickt. (2,3)
Gedanken zur Nachhaltigkeit: Bei Gott gibt es kein Jein!
Menschen, die in der Treue zu Gott stehen, können nicht Ja sagen und dabei Nein denken, weil Gott in Jesus Christus sein endgültiges Ja zu allem, was Gott verheißen hat, gesprochen hat. Wie oft hören wir z. B. von Politikern, dass mutige Entscheidungen für einen wirksamen Klimaschutz getroffen werden müssen. Doch wenn es konkret wird, schrecken viele davor wieder zurück, oft wider besseres Wissen. Es gibt längst Pläne, was zu tun wäre, aber wenn es an die Umsetzung der Pläne geht, die meist wenig populär sind, dann wird doch wieder gezögert. So wird aus dem Ja, nicht selten ein Jein und nicht selten durch Unterlassung eben auch ein Nein. Im allgemeinen Schuldbekenntnis in der Messfeier beten Katholiken immer die Worte: „Ich bekenne, Gott dem Allmächtigen, dass ich Gutes unterlassen und Böses getan habe.“ Böses Tun und Gutes unterlassen. Das geschieht nur allzu oft, weil unser Ja oft kein eindeutiges Ja und unser Nein oft kein eindeutiges Nein ist und das nicht nur in der Politik, sondern auch in unseren Kirchen und in unserem Alltag. Wenn wir als Christen Ja zu dem sagen, was Gott uns verheißen hat, dann müssen wir auch Ja sagen zu mehr Gerechtigkeit und Frieden in der Welt. Dann müssen wir auch Ja sagen zu einem konsequenten Schutz der Schöpfung, zu der Gott sein erstes Ja gesprochen hat, noch bevor er den Menschen erschaffen hat. Denn bei der Verheißung Gottes geht es um nichts weniger als um das Reich Gottes, in dem alle Menschen „das Leben haben und es in Fülle haben.“ (Joh 10,10)
II. Zum Kontext von Jes 7, 10-14
Ahas, der König Judas, droht von den Königen aus Aram und Israel im Kampf vernichtet zu werden. (Kap. 7,1) Doch der Herr schickt Jesaja als Boten zu Ahas, um ihm Mut zu machen. (7,4) Dabei ist Ahas kein Unschuldiger, die Ratschläge Jesajas missachtete er. Er betrieb Götzendienst und andere Gräueltaten, wie wir aus den Geschichtsbüchern wissen (vgl. 2. Kön 16, 2-20 oder 2. Chr 28, 2-27). Dennoch will Gott dafür sorgen, dass es nicht zum Äußersten kommen wird. (7,7b) Zur Bekräftigung seiner Zusage bietet der Herr Ahas ein Zeichen an. (7,10) Auch wenn dieser es ablehnt, weil er den Herrn nicht auf die Probe stellen möchte (7,12), so spricht ihm Jesaja dennoch ein Zeichen zu. Die Geburt eines Sohnes, eines Nachfolgers Davids, dem er messianische Bedeutung beimisst. (7,14)
Gedanken zur Nachhaltigkeit: Die Zeichen der Zeit annehmen
In diesen wenigen Zeilen kommt etwas Unerhörtes zum Ausdruck. Ja vielleicht sogar eine bodenlose Dummheit. Beim erstmaligen Lesen kann man da leicht drüber lesen. Gott bietet Ahas an, ihm ein Zeichen zu schenken. Ein Zeichen für seine Gegenwart. Egal was, er würde es tun. Und was macht Ahas? Er möchte es nicht in Anspruch nehmen, um seinen Herrn nicht zu versuchen. Das klingt gerade aus dem Mund des Götzendieners Ahas doch recht scheinheilig. Gott reagiert erstaunlicherweise nicht erzürnt, wie man es vielleicht erwarten würde. Er schenkt ihm trotzdem ein Zeichen. Die Geburt des Immanuel. Hat Ahas das verdient? Wohl eher nicht. Aber Gott hat einen Plan mit seinem Volk und einen Bund mit ihm, den er nicht vergisst, trotz eines Ahas.
Und wie ist das heute mit uns? Sind wir so viel besser als Ahas? Sind wir nicht in einer ähnlichen Situation? Erhalten wir nicht ständig Zeichen, die uns aufzeigen, wie schlimm es um unsere Welt steht? Die ständigen kriegerischen Auseinandersetzungen, die doch so vielen Menschen Not und Elend bescheren. Tod, Zerstörung und Flucht hervorbringen. Erhalten wir nicht ständig Zeichen, die uns darauf hinweisen, dass unsere Erde, die uns von Gott geschenkte Lebensgrundlage, massiv bedroht ist? Der Klimawandel, das Artensterben, die Überdüngung? Wie reagieren wir auf diese Zeichen? Erkennen wir Sie als „Zeichen der Zeit“, die uns zum Handeln drängen müssten? Oder ignorieren wir sie? Machen wir es uns - scheinheilig wie Ahas - etwa zu leicht, indem wir Gott um nichts mehr bitten? Verbirgt sich dahinter nicht ein Unglaube, der Gott nichts mehr zutraut, ihn gar ganz ausklammert?
III. Zum Kontext von Röm 1, 1-7
Die Verse 1-7 bilden den Briefkopf des Römerbriefes. Des umfangreichsten Briefes des Apostels Paulus. Er enthält gemäß der griechisch /jüdischen Sitte die klassischen drei Teile bestehend aus Anrede, Empfänger und Gruß. In diesen ersten Zeilen beschreibt Paulus, woraus sich seine Autorität gründet. Als „Knecht“ Christi ist Paulus zugleich abhängig, aber auch bevollmächtigt von ihm. Seine Aufgabe ist die Verkündigung des Evangeliums, Jesus Christus selbst. Dabei unterscheidet er zwei Naturen Jesu, die aus dem Fleische (der Nachkomme Davids, vgl. 1,3) und die aus dem Geiste (Auferweckung durch Gottes Geist, vgl 1,4). Schon gleich zu Beginn der kanonischen Reihenfolge der Paulusbriefe deutet sich die ausgeprägte theologische Reflektion an, die den Paulusbriefen eigen ist. Für die damaligen Juden war die auf Christus hin gedeutete Auslegung messianischer Texte wie etwa dem vorangehenden Jesajatext undenkbar.
Gedanken zur Nachhaltigkeit: Als Berufene handeln
Paulus Autorität gründet sich in seiner Berufung zum Apostel mit dem Auftrag, das Evangelium zu verkünden. Dies ist ihm als unverdientes Geschenk vom Geist zugefallen: aus Gnade. Mit dieser Autorität tritt Paulus in seiner Verkündigung auf. Sie ist die Grundlage für sein Wirken und sein Handeln. Wie bei Paulus auch, gilt es unsere eigene Berufung zu erkennen und anzunehmen und diesen Berufungsaspekt unseren Handlungen voranzustellen - dass wir bei dem, was wir für Frieden, Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung tun, im Sinne einer höheren Botschaft aktiv werden und nicht allein aus vordergründigen Nutzenaspekten. Das ermöglicht eine bessere Akzeptanz und vermittelt Anderen den Blick über den Tellerrand hinaus.
IV. Zum Kontext von Mt 1, 18-24
Das Matthäusevangelium beginnt mit der Geburt Jesu aus dem Fleische, indem er den Stammbaum Jesu der Geburtserzählung voranstellt. Damit wird zum einen die Herkunft Jesu aus dem Volk Israel belegt und zum anderen zeigt der Stammbaum auf, dass sich die Verheißungen, die an Abraham (Gen 12, 1-3) und David (2 Sam 7,11-16) gegeben wurden, mit der Geburt Jesu nun erfüllt haben. Dies wird in den Versen 18-24 noch einmal stärker ausgefaltet. Das direkte Zitat aus Jesaja 7, 14 folgt dem Duktus, die messianischen Aussagen und Verheißungen des Alten Testaments auf Jesus Christus zu beziehen.
Gedanken zur Nachhaltigkeit: Gott ist mit(ten unter) uns
Die Wahlen im vergangenen Jahr in Deutschland haben deutlich gezeigt, was viele Menschen in unserem Land bewegt hat. Unterstützt wurde dies vor allem durch die „Fridays for Future“ Bewegung. Wer hätte noch vor wenigen Jahren gedacht, dass die Grüne Partei einen so enormen Auftrieb erfahren könnte. Lange Zeit wurden die Grünen eher belächelt, gar als „Ökos“ abgestempelt. Durch die Bank war nun aber in den Pressekommentaren zu hören, dass die etablierten Volksparteien es versäumt haben, ihre Umweltpolitik ausreichend deutlich darzustellen. Das, was den Grünen offensichtlich gut gelungen ist. Man mag davon halten was man will, aber es scheint doch deutlich zu sein: Ein Großteil der deutschen Bevölkerung verlangt ein stärkeres politisches Engagement in Sachen Umweltschutz. Die Menschen haben ökologisch gewählt. Wie gut ist es, wenn wir spüren, wir sind nicht alleine. Wieviel Kraft und Mut schöpften die Jugendlichen bei ihren Freitagsdemonstrationen aus der Erfahrung: Ich bin mit meinen Ängsten, Befürchtungen, Wünschen, Zielen Hoffnungen für eine bessere Welt nicht alleine. Da stehen ganz viele rechts und links von mir, die sich mit mir für eine bessere, lebenswertere Welt einsetzen und es scheinen immer mehr zu werden. Diese Erfahrung von Solidarität, die Erfahrung, dass es Menschen gibt, die die Not und das Elend anderer sehen, es mittragen, mitleiden, schenkt Kraft, Trost und Hoffnung. Diese Erfahrung machen Christen in besonderer Weise auch durch die Geburt Jesu. Gott wird Mensch. Er nimmt Anteil an all dem, was uns Menschen umtreibt und sorgt. Er durchlebt unsere Ängste und Zweifel, er leidet unsere Not. Er geht mit uns. Bis zum bitteren Ende. Er ist der Gott mit uns, der Immanuel. Er ist mit uns in allen Krisen des Lebens, den persönlichen Krisen, den gesellschaftlichen Krisen, den globalen Krisen. Es ist wichtig und notwendig, auch den jungen Menschen diese Gegenwart Gottes in ihrem Einsatz für eine gerechtere, ökologisch nachhaltigere, kurz: eine bessere Welt immer wieder neu zuzusagen.
Steffen Glombitza, Blieskastel