4. Sonntag nach Trinitatis / 14. Sonntag im Jahreskreis 2017 [III/A]
ev. Predigttext | kath. 1. Lesung | kath. 2. Lesung | kath. Evangelium |
1 Mose 50, 15-21 | Sach 9, 9-10 | Röm 8, 9.11-13 | Mt 11, 25-30 |
Gen 50, 15-21: Ende der Auseinandersetzung von Josef mit seinen Brüdern
Die Verse 18 bis 21 lauten in der sprachlich sehr anregenden Übersetzung von Jürgen Ebach in der „Bibel in gerechter Sprache“:
18 Da gingen die Brüder [Josefs] selbst hin, fielen vor ihm [Josef] nieder und sagten: „Da hast du uns zu deinen Knechten!“
19 Da sagte Josef zu ihnen: „Habt keine Angst! Ja, bin ich denn an Gottes Stelle?
20 Ihr nämlich habt euch Böses ausgerechnet gegen mich.
Gott hat es zum Guten summiert, um das zu tun, was heute zutage liegt:
ein großes Volk zum Leben zu bringen.
21 Und jetzt habt keine Angst! Ich selbst will euch und eure Kinderschar versorgen.“
So brachte er sie zum Aufatmen und redete ihnen zu Herzen.
Der Patriarch der Sippe Jakob stirbt – in diesem Machtvakuum brechen alte Konflikte auf. Josefs Brüder handeln nach altem Muster: Sie unterwerfen sich („deine Knechte! Sklaven!“) dem Stärksten, Josef, um nicht umgebracht zu werden. Josef reagiert überraschend: Er nimmt nicht die Machtrolle als „Stellvertreter Gottes“ an. Sondern er fragt, was der (allen Brüdern gemeinsame) Gott will: ein großes Volk zum Leben bringen!
Josef nimmt die Unterwerfung nicht an („Habt keine Angst!“), sondern verspricht sogar, seine Macht als „Wirtschaftsminister“ einzusetzen, um die Brüder und ihre Kinder zu versorgen.
Nachhaltigkeitsaspekt
Wer Macht bekommt wie Josef, sei es durch eigene Kraft, sei es durch Tod oder Schwäche der bisherigen Machthaber, hat mit seiner Macht das Leben (der Menschen, Tiere, Pflanzen) zu fördern. Denn so macht es Gott vor: Er summiert zum Guten, was angst- oder hassgetriebene Menschen zum Bösen ausrechneten.
Ein Diener Gottes versucht, seinem Nächsten die Angst zu nehmen. Denn Ängstliche versuchen, die „anderen“ klein zu machen, und sie unterwerfen sich aus Angst den Mächtigen, nach dem Modell Radfahrer: Nach oben buckeln, nach unten treten.
Sacharja 9,9 – 10
Sacharja Kapitel 9 und 10 („Deuterosacharja“) ist in Zeiten großer politischer Veränderungen verfasst worden, wahrscheinlich zur Zeit Alexanders des Großen oder seiner Nachfolger. In V. 11-15 schildert Sacharja einen exzessiven und blutrünstigen Krieg: JHWH führt hier einen Heiligen Krieg gegen das Kriegsheer Alexanders (oder seiner Nachfolger) und befreit zugleich die in der Fremde „Gefangenen“ Israels.
Im Gegensatz zu den hellenistischen Königen, die sich als Kriegsherren präsentieren und auf dem Kriegsross an der Spitze eines siegreichen Heeres in die (Haupt-)Stadt einziehen, zieht in den Versen 9-10 der Friedenskönig in seine Stadt Jerusalem demütig auf dem Esel ein, dem Reittier der Richter in der Richterzeit (vgl. Ri 10,4; 12,14). Der Friedenskönig ist gerecht und hilft. Er zerstört alle Waffen in Israel und verkündet den Frieden für die ganze Welt [Nach Erich Zenger, Stuttgarter Altes Testament, zur Stelle].
Die frühen Christen haben in diesen Versen ein geeignetes (Vor-)Bild für Jesus, den Messias/Christus gesehen (s. die entsprechenden Evangelientexte).
Nachhaltigkeitsaspekt
Kriege zerstören Menschen, Städte, ganze Kulturen, ja sogar die Erde und die Meere. Was die Menschen schon im Altertum gefürchtet haben, kann heute dank der technischen Möglichkeiten Wirklichkeit werden:
Die Zerstörung zumindest der menschlichen Lebenswelt durch einen von Menschen gemachten Krieg.
Schon von daher sind alle Vorstellungen von einem Heiligen Krieg wie in Sacharja 9, 11-15 hinfällig.
Es bleibt uns die Hoffnung, dass Gott seinen Frieden in alle Welt bringt – auch durch seine menschlichen Diener, die helfen, gerecht und demütig leben und abrüsten („vernichtet wird der Kriegsbogen“).
Mt 11, 25 - 30
Der Text besteht aus drei Einzelsprüchen: Verse 25 und 26: jubelnder Dank an den Vater, Vers 27: die unvergleichliche Vollmacht Jesu, Verse 28 bis 30: Aufforderung, in Jesu Nachfolge zu treten.
In den Versen 28 bis 30 wird stark mit Bezügen zur Weisheitsliteratur, besonders zu Jesus Sirach gearbeitet. Jesus ist als Weisheit Gottes erschienen. Das Gesetz Gottes, mit dem sich die Menschen plagen, bleibt weiterhin ein Joch, unter dem die Menschen sich anstrengen müssen. Aber in der Auslegung des Gesetzes, wie sie Jesus in seiner von Gott gegebenen Weisheit bringt, wird dies Joch leicht, und die Menschen werden „für ihre Seele Ruhe finden“ (Zitat aus Jeremia 6, 16 – Beachte dort den Zusammenhang!). Denn Jesus ist gütig und demütig und der wichtigste Punkt in seiner Gesetzesauslegung ist die Barmherzigkeit (s. insbesondere in Mt 12,20 das Zitat aus Jesaja 42, 3: „Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen / und den glimmenden Docht nicht auslöschen, / bis er dem Recht zum Sieg geholfen hat.“)
Nachhaltigkeitsaspekt
Wir Menschen im privilegierten Westeuropa können versuchen, „unser Recht und unsere Freiheit“ mit militärischer Stärke, mit undurchdringlichen Grenzen, mit einseitigen Verträgen und durch Ausbeutung zu sichern. Das wird auf Dauer nicht gelingen: die Ausgegrenzten leisten Widerstand bis hin zum Terror und unsere Gesellschaft zerbricht innerlich an dieser Ungerechtigkeit.
Nachhaltig und weise ist es – nach den Propheten des Alten und des Neuen Bundes -, allen Menschen Recht zu schaffen. Das ist ein Joch, es kostet Mühe und Arbeit, manchmal auch den Tod. Aber dieses Joch wird leicht, wenn wir demütig und gütig sind. Und wir werden „für unsere Seele Ruhe finden“.
Matthäus hat diese gute Nachricht zusammen gefasst in der Erzählung von dem Maßstab, nach dem Gott uns richten wird, Mt 25, 31-46.
Michael Strake, Hütschenhausen