7. Sonntag nach Trinitatis / 15. Sonntag im Jahreskreis (15.7.18)

7. Sonntag nach Trinitatis / 15. Sonntag im Jahreskreis

ev. Predigttext kath. 1. Lesung kath. 2. Lesung kath. Evangelium
Phil 2, 1-4 Am 7, 12-15 Eph 1, 3-14 Mk 6, 7-13

Phil 2, 1-4

Der Text steht unmittelbar vor dem großen Christushymnus, der die Menschwerdung Gottes in Jesus Christus, seine Erniedrigung bis zum Leiden als Mensch und die Erhöhung zum Herrn über alle Welt beschreibt. Häufig werden die ersten 4 Verse als Vorspann zum Christushymnus mitgelesen. Sie machen die ganz besondere Verbundenheit der Gemeinde mit Paulus deutlich: Paulus hat die Gemeinde in Philippi selbst gegründet, es war die erste Gemeinde auf dem europäischen Festland. Paulus befindet sich inzwischen im Gefängnis, ihm steht ein Prozess bevor, der über sein weiteres Leben entscheidet. Er hat offenbar aktuelle Informationen über die Gemeinde. Er attestiert der Gemeinde Liebe, Gemeinschaft und Barmherzigkeit, sieht aber die Einheit durch Mitglieder bedroht, die ihre eigenen Interessen auf Kosten der Gemeinschaft verfolgen. Bereits im ersten Kapitel ist von „Gegnern“ (1,17) und „Kämpfen“ (1,27 ff) die Rede.

Neben allem Positiven und der Aufforderungen zu Dank und Freude sind die Probleme der ersten Christenheit in ihrer Verfolgungssituaton doch deutlich. Vielleicht kann man die Lage mit der derzeitigen (Mitte 2017) Situation der koptischen Kirche in Ägypten vergleichen. Sie leben unter Menschen, die sie ablehnen, müssen immer mit Verfolgung und Repressalien rechnen und sogar um ihr Leben fürchten. Was rät Paulus in einer solchen Situation? In erster Linie zum Festhalten am Glauben und zum unbedingten Zusammenhalt der Gemeinde. Ein Auseinanderbrechen der Gemeinde würde sie schwächen und sie wäre damit den äußeren Feinden weitaus stärker ausgeliefert. Später empfiehlt Paulus auch noch eine bescheidene asketische Lebensweise (3,19), entscheidend aber ist die Einheit, die sich an dem Maßstab des folgenden Christushymnus ausrichtet.

In einer Zeit, in der die Christenheit so zersplittert ist wie heute, sollte das paulinische Ziel der Einheit immer wieder betont werden. Genauso wichtig ist aber ein einmütiges Zeugnis der unterschiedlich organisierten christlichen Gemeinden und Kirchen für das Evangelium, für die Liebe, für Verantwortung für und den Frieden auf der Welt. Auch wenn Phil. 2, 1-4 häufig individuell/familiär interpretiert oder als Trauspruch verwendet wird; hier geht es um die Einheit der Christen in einem schweren Umfeld.

Amos 7, 10-15

Eine Auseinandersetzung zwischen dem König und dem kritischen Profeten Amos: Schauplatz ist Bet-El, das Heiligtum Israels im 8. Jahrhndert v. Chr. Der Oberpriester Amazja, führender Geistlicher am Hofe, meldet König Jerobeam, dass der Prophet Amos den Tod des Königs und den Untergang des Reiches verkündet. Gleichzeitig weist Amazja Amos aus Bet-El aus.

Amos entgegnet Amazja, dass er unabhängig ist. Er sei ein ganz normaler Bauer und allein von Gott berufen. Dem Redeverbot des Amazja (V. 13) setzt er seinen göttlichen Auftrag entgegen und verschärft die Unheilsankündigung durch eine Verfluchung des Königs und seiner Familie.

Hintergrund dieser Auseinandersetzung ist die Machtanhäufung durch das Königshaus und die wachsende Ungleichheit. Im 8. Jahrhundert florierte der Handel, aber der Wohlstand kam nur Wenigen zugute: der Familie des Königs, den Politikern und den Priestern. Die Landbevölkerung dagegen verarmte immer mehr. Der Prophet Amos hatte bereits in der Hauptstadt Samaria die Reichen mit scharfen Worten(Am 4,1-2; 6,1.4- 7) kritisiert. Er war überzeugt, dass das so nicht mehr lange weitergehen könne und kündigte deshalb den Untergang an.

Von Amos lernen wir, dass soziale Ungerechtigkeit ein theologisches Problem ist. Er bezeichnet Gottesdienst und kultische Handlungen als Scheinveranstaltung (Am 5,21-27). Wer sich auf den Gott des Exodus bezieht, kann nicht gleichzeitig das Recht der Armen mit Füßen treten. Gottesdienst ist für Amos nicht die Einhaltung von liturgischen Vorschriften, sondern das Praktizieren von Gerechtigkeit. Gott kann man nicht zuerst in Heiligtümern suchen, sondern indem man das Gute tut und das Böse hasst (Am 5,14f).

Weltweit ist heute der größte Teil des Kapitals in den Händen von wenigen Superreichen, mit steigender Tendenz! Tausende Kinder sterben täglich vor Hunger! Die meisten Sozialhilfeempfänger in der Bundesrepublik sind jünger als 18 Jahre! Ungerechtigkeit als Grundfrage des Textes war und ist also immer aktuell. Aber wo kommt heute prophetisches Reden vor? Wird es heute mehr als zur Zeit des Amos gehört? Wer darf im Namen Gottes profetisch reden? Nehmen die Repräsentanten unserer Kirchen ihr profetisches Amt wahr? Oder spielen sie gar die Rolle des Amazja? Und was ist der profetische Auftrag jedes einzelnen Christen? Wo wird die Option für die Armen, die Amos als einer der ersten biblischen Zeugen vertreten hat, gelebt?

Epheser 1, 3-14

Nach einer Begrüßung beginnt der Epheserbrief mit dieser eher liturgisch klingenden Zusammenfassung des Heilsplans Gottes durch Jesus Christus vom Beginn der Welt bis zum heutigen Tag. Sie ist von großer Zuversicht geprägt: Gott will Frieden und Heil für seine Schöpfung. Alles ist gut, weil ein guter Gott hinter allem steht und alles trägt. Diese Grundhaltung eines großen Gottvertrauens ist ein Geschenk. Sie begleitet viele Menschen ein Leben lang.

Wo bleiben in diesen Versen die traurigen und schweren Seiten des Lebens, wo bleiben alle Erfahrungen von Unfrieden, von Bedrohung und Katastrophen? Sie kommen hier nicht zur Sprache sondern erst im weiteren Verlauf des Briefes. Der Schreiber will zuerst eine Grundstimmung des Glaubens und Vertrauens schaffen. Dankbarkeit und Freude am Glauben und Leben sind in unserer Praxis der Verkündigung und im eigenen Nachdenken über die Welt hilfreich, nicht weil wir die Augen vor den Problemen verschließen, sondern weil ohne dies die Kraft fehlt, zu Veränderungen beizutragen. Am Anfang steht ein großes Vertrauen auf Gott, der uns erwählt hat vor aller Zeit, der uns durchträgt durch die Zeit und der uns einst erwartet nach aller Zeit.

Markus 6, 7-13

Der Abschnitt folgt auf die Erzählung besonderer Wundertaten Jesu im fünften Kapitel. Kapitel 6 beginnt mit der Ablehnung Jesu in seiner Heimatstadt Nazareth. Jesus konnte dort keine Wunder vollbringen, weil die Menschen ihm nicht glaubten. Dennoch gibt es für ihn zu viel zu tun. Auf Grund der vielen leidenden und bedürftigen Menschen sollen nun auch die Jünger Jesu für eine Zeit in Galiläa ausgesendet werden. Die Aussendung hat eine klare Struktur mit einem klaren Auftrag: „Immer zu zweit, ihr seid für alle Situationen gerüstet, minimales Gepäck, keine Verpflegung, kein Notgroschen, flexible Vorgehensweise, je nach dem, ob ihr willkommen seid.“

Mit diesem Auftrag sind die Jünger erfolgreich unterwegs. Sie haben nicht die Aufgabe zu taufen, Gotteshäuser zu bauen oder Kirchensteuern zu verwalten. Die Aufgabe lautet heilen und zwar ganzheitlich an Körper und Geist. Der letzte Satz berichtet vom Erfolg der Jünger, ohne dabei Schwierigkeiten zu erwähnen. Dies liegt vielleicht daran, dass vorher festgelegt wurde, was sie zu tun haben, wenn sie an einem Ort nicht willkommen sind. Sie sollen diesen Ort ohne viel Aufhebens wieder verlassen, allerdings mit einer deutlichen Geste: Den Staub sollen sie sichtbar von ihren Füßen schütteln. Es ist dies ein Ritus der Reinigung, den Israelitinnen und Israeliten bei ihrer Rückkehr aus heidnischem Lande vollzogen. Manche Ausleger interpretieren sie auch als eine Gerichtsandrohung.

Heute empfinde ich diese Ausage als Entlastung: Ich muss mich nicht an Stellen aufreiben oder arbeiten, wo gar kein Gehör und keine Bereitschaft zu einem Dialog besteht. Wenn jemand die Verkündigung des Evangelium, aber auch unsere Ideen und Vorschläge für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung nicht hören will, dann muss ich mich weder daran abarbeiten noch aufreiben. Ich muss mir die Kraft nicht rauben lassen, kann abschütteln, was diese Begegnung an Negativem hinterlassen könnte, und unbeirrt weitergehen.

Stefan Weiß, Kassel